Die Lichter des Amalu
 
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Die Lichter des Amalu

Rezension von Christel Scheja

 

Zu den modernen Klassikern unter den europäischen Fantasy-Comics gehört zweifellos „Die Lichter von Amalu“ von der Zeichnerin Claire Wendling und dem Szenaristen Christophe Gibelin. Die inzwischen mehrfach preisgekrönte und stilprägende Serie erschien zwischen 1990 und 1996 im Heimatland der beiden Künstler.

Sie sollte eigentlich schon vor einigen Jahren hier in Deutschland komplett erscheinen, aber nur drei Alben waren letztendlich über Jahre erhältlich. Doch erst im Jahr 2009 schienen alle Probleme überwunden zu sein, denn im Juni gelangte der Sammelband, der alle fünf Alben enthält endlich in die Läden.

 

Wie alle anderen Wesen ihrer Welt sind auch die Pelzer Andrea und Elwood mit der Schöpfungslegende um die Große Eiche aufgewachsen, die vor unzähligen Jahren einen Pakt mit einem menschlichen Magier einging, um die leeren und öden Lande mit Lebewesen aller Art zu bevölkern.

Doch wie viele andere halten sie diese schon lange nur für ein nettes poetisches Märchen. Bis zu dem Tag, an dem sie mit ihrem Flugzeug auf einer Insel mitten im Fluss Amalu stranden. Dort treffen sie auf andere Pelzer, die zusammen mit kleinwüchsigen Menschen diesen Ort bewohnen. Diese erklären ihnen, das es unmöglich ist, hier wieder weg zu kommen, denn die steilen Ufer und die reißende Strömung des Amalu verhindern es, das feste Land zu erreichen und weiter flussabwärts ist nur ein weiter Sumpf, den noch nie jemand lebend durchquert hat. Also bleibt nur der Luftweg.

Während die beiden Pelzer sich darum kümmern, das Fluggerät wieder irgendwie in Gang zu setzen, entdecken sie, dass sich die hübsche Orane und ihre Freunde in bestimmten Lichtverhältnissen aufzulösen beginnen. Gehören sie der legendären Rasse der „Durchscheiner“ an, die den Geschichten nach von der Großen Eiche einst besonders begünstigt wurden?

Ohne das sie es herausfordern stecken sie plötzlich mitten in einem Strudel dramatischer Ereignisse, denn Orane scheint mehr zu wissen, als sie zunächst zugibt und der uralte magische Baum weitaus mehr als nur ein märchenhafter Mythos zu sein.

Die beiden Pelzer werden, nachdem sie es geschafft haben, ihr Flugzeig wieder zu reparieren und die Insel zu verlassen, in ein Abenteuer gezogen in dem es um nicht weniger zu gehen scheint als das Schicksal ihrer Welt. Nicht nur der Magier und der Baum sind reale Wesen, auch zwei legendäre Hybriden zwischen Durchscheinern und Pelzern, die der Schlüssel zur Macht und Magie der Großen Eiche sein könnten. Und schon bald enthüllen sich vor ihnen die wahren Ereignisse, die sie mehr denn je zum Handeln zwingen, denn nicht alles ist so, wie es die Legenden behaupten ...

 

Was erst einmal an „Die Lichter von Amalu“ auffällt ist der feine und leichte, ein wenig an Skizzen erinnernde Zeichenstil, den auch die Künstler um Christophe Arleston in den „Troy“-Serien gerne anwenden. Ebenfalls gemeinsam haben die beiden Reihen, dass eine Schöpfungslegende ganz andere Wurzeln hat als vermutet und die Wahrheit die Helden mehr berührt als ihnen lieb sein dürfte.

Dann aber hören die Ähnlichkeiten aber schon auf. Andrea und Elwood sind eher Helden wider Willen, neugierige Gelehrte, die zwar schon den Geheimnissen auf den Grund gehen wollen, sich aber nicht gerne in Kampfhandlungen und Gefahren verwickeln lassen. Erst als sie spüren, dass es darauf ankommt, sind sie auch bereit, ihr Leben einzusetzen.

Die Geschichte beginnt eher beschaulich. Es sind kleine Details, die darauf aufmerksam machen, das eigentlich mehr auf der Insel vorgeht, als die Bewohner, besonders Orane zugeben wollen.

Als die Pelzer ihr Geheimnis entdeckt haben, ist sie sehr schnell bereit, mitzuarbeiten. Denn den Rat gibt ihr der Magier durch die Botschaften in einem magischen Buch. Er ist es auch, der die Helden durch sie dazu bringt, die Große Eiche zu suchen und eine gefährliche Kette von Ereignissen in Gang zu setzten.

Das ganze wird nicht in bildgewaltigen und actionlastigen Bildern erzählt, sondern eher sehr persönlich Künstlerin und Szenarist konzentrieren sich nur auf wenige Figuren und ihr kleines Umfeld, doch ihre Erlebnisse haben Auswirkungen auf die ganze Welt. Im Mittelpunkt stehen Gefühle und Leidenschaften, Begehren und Verlangen – nicht einmal sexueller Natur, obwohl Orane nicht gerade hässlich ist.

Heraus kommt eine eher stille und poetische Geschichte um schlichte Helden, ein tragisches Geheimnis und den Versuch, die Welt im Stillen zu retten. Dabei stehen Hoffnung und Verstehen im Vordergrund. Lösungen werden nicht durch Gewalt, sonder eher Toleranz und Diskussion gelöst.

 

Das macht vermutlich den besonderen Reiz von „Die Lichter von Amalu“ aus, denn auch viele der francobelgischen Comis setzen mehr auf Action und gewaltsame Lösungen, kryptische Geheimnisse und grausame Wahrheiten. Auch wenn in dieser Geschichte einiges Unangenehmes enthüllt wird, so verliert der Comic doch nie seine positive Grundstimmung, was nicht selbstverständlich für die grafischen Geschichten aus unserem Nachbarland ist, sofern sie nicht ohnehin Satire sind.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420142336fd26c3a0
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Die Lichter des Amalu

Autor: Christophe Gibelin

Zeichner: Claire Wendling

Aus dem Französischen von Kai Wilksen

Les Lumieres de L’Amalu Integrale, Frankreich 1990-1996

Hardcoveralbum vollfarbig, 248 Seiten

Carlsen Comics, Hamburg, 06/2009

ISBN-10: 3551772517

ISBN-13: 978-3551772510

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 15.09.2009, zuletzt aktualisiert: 09.04.2024 09:36, 9196