Die Nachtwächter von Terry Pratchett
Rezension von Christoph Weidler
Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Sir Samuel Mumm, seines Zeichens Herzog und Kommandeur der Stadtwache von Ankh Morpok, steht kurz davor Vater zu werden, die Assasinengilde hat beschlossen das es sinnlos ist Aufträge für seiner Ermordung anzunehmen und eigentlich sollte er sich ganz seiner nervösen Vorfreude hingeben. Doch er kann es nicht sein lassen, als der Serienmörder Carcer, welcher schon einige Wächter auf sein Gewissen hat auf den Dächern der Unsichtbaren Universität in die Enge getrieben wurde macht Mumm sich höchstpersönlich auf den Weg den Verbrecher persönlich dingfest zu machen.
Auf dem Dach der Bibliothek der Unsichtbaren Universität stellt Mumm den Mörder, und in einen harten Zweikampf schenken sie sich nichts. Doch plötzlich bricht ein magisches Gewitter über den der Universität aus und beide werden von einen Blitz getroffen. Als Mumm wieder zu sich kommt, findet er sich nackt in den Gassen des Schattenviertels wieder und Carcer scheint entkommen zu sein.
Eine junge Frau namens Rosie und ihr Begleiter, Dr. Rasen, finden den verletzten Mumm und bringen ihn in die Praxis des Arztes um ihn dort zu versorgen. Doch da Mumm nichts mehr bei sich hat, kann er Dr. Rasen udn Rosie nicht für ihre Mühen entlohnen und so macht er sich kurzerhand quer durch die Stadt auf den Heimweg um dort Geld für die beiden zu besorgen. Auf seinen Weg durch Ankh Morpok dämmert ihn, das irgendwie alles nicht so ist wie es sein sollte. Gebäude, Ecken haben sich leicht verändert und auch die Leute scheinen ihn, als eigentlich bekanntes Gesicht der Stadt nicht mehr zu erkennen. Als er dann Zuhause ankommt, und das 30 Jahre jüngere Ebenbild seiner Frau erblickt dämmert ihn was geschehen ist. Irgendwie wurde er durch den Blitz in die Vergangenheit versetzt - in eine Zeit in der in Ankh Morpok noch der wahnsinnige und paranoide Patrizier Lord Winder regiert, in eine Zeit wo Ausgangssperre gilt und die Nachtwache noch aus einen korrupten Haufen von Möchtegern-Wächtern bestand, wo die Menschen von einer Sondertruppe des Patrizers, namens "Die Unsichtbaren" ohne Anklage verschleppt und gefoltert wurden, wo der Kessel der Stadt so brodelte das ein Überkochen des gleichen kurz davor stand und wo Mumm als Jüngling seine erste Zeit in der Nachtwache verlebte. Kein schöner Ort und Zeit um dazubleiben, und so entschließt sich Mumm kurzerhand dazu bei den Zauberern der Unsichtbaren Universität Hilfe zu suchen. Doch dort wird er von der Nachtwache aufgegriffen und da er die Ausgangssperre mißachtet hat, wird er kurzerhand festgenommen. In der Zelle trifft er auf ein bekanntes Gesicht: Carcer!
Doch dieser wird schon nach kurzer Zeit entlassen, wogegen Mumm die ganze Härte von mißgelaunten Nachtwächtern zu spüren bekommt.
Als Mumm dann von dem Hauptmann der Nachtwache, Tilden, verhört wird, bleibt die Zeit stehen und ihn diesem Zeitloch führt ihn der Mönch Lu-Tze an einen geheimen Ort in der Stadt, zu dem Tempel der Geschichtsmönchen. Lu-Tze erklärt Mumm was geschehen ist, und das nun die zukünftige Geschichte ein wenig durcheinandergeraten ist. Durch Mumms Rutsch in die Vergangenheit sind ein paar kleine Punkte durcheinander geraten, wie z.B. das Mumms alter Ausbilder John Keel nun eher als eigentlich von der Geschichte vorgesehen ermordet wurde, was natürlich Auswirkungen auf die Entwicklung der Zukunft hat. Nun gibt es zwei paralell laufende Gegenwarten, welche in die gleiche Zukunft führen müssen. Und einzig Mumm kann diese nun in die richtige Bahn bringen.
Zurück auf der Nachtwache und dem Gespräch mit Hauptmann Tilden, entschließt sich Mumm kurzerhand in die Rolle von John Keel zu schlüpfen und erhält nach einigen guten Argumenten dem Hauptmann gegenüber, den Rand eines Oberfeldwebels der Nachtwache. Und Mumm hat fest vor die Nachtwache zu dem zu machen, was sie zukünftig ausmacht - eine effektive und unbestechliche Truppe von Vertretern des Gesetzes, welches sie ohne Ansehen gegenüber allen Seiten durchsetzen. Und ganz nebenbei beschließt Mumm, seinen jüngeren Selbst auf den richtigen Weg zu führen. Doch er hat die Rechnung ohne "Die Unsichtbaren" und seinen in die Vergangenheit unfreiwillig gefolgten Widersacher Carcer gemacht, der seine ganz eigenen Vorstellungen zu einer möglichen Zukunft - ohne Mumm - hat.
Mit "Die Nachtwächter" ist Terry Pratchett ein recht tiefsinniges Werk, welches aber nicht den typischen Humor fehlen läßt, gelungen. Was geschieht wenn man die Vergangenheit ändert? Regelt sie sich selber, oder hat es doch weit ausufernde Folgen? Wie reagiert man, wenn man weiß was geschehen wird, aber auch weiß egal wie schlimm es wird, es hat auch seine guten Seiten? Verhindert man die möglichen Geschehnisse und wenn welche Folgen hat das? Fragen die sich Mumm ebenso wie der Leser stellen muß. Eine äußerst interessante Möglichkeit der verschiedensten Wenn und Aber, und das in Pratchetts typischer Scheibenweltmanier.
Auch erhält man mit "Die Nachtwächter" einen tiefen Enblick auf das frühere Ankh-Morpok und seine Bewohner und kann hier u.a. Schnapper, Nobby Nobb und auch den zukünftigen Patrizer Vetinari auf ihren ersten Schritte in der Stadt begleiten.
"Die Nachtwächter" ist eines der tiefsinnigsten und auch spannensten Werke aus der Scheibenwelt-Reihe, gewürzt mit der passenden Note Humor. Aus meiner Sicht mit eines der besten Bände.