Die Quelle des Lebens - Professor Zamorra 1
 
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Die Quelle des Lebens

Reihe: Professor Zamorra, Folge 1

Rezension von Oliver Kotowski

 

Professor Zamorra ist die älteste Gruselheft-Reihe Deutschlands: Die erste Geschichte ist im Juli 1974 bei Bastei erschienen. Zwar trug eine ganze Autorenriege unter dem Pseudonym "Robert Lamont" zur Serie bei, doch der mittlerweile verstorbene Werner K. Giesa prägte sie entscheidend. Das Hamburger Label Canora Media steigt mitten in der Reihe ein und setzt mit Die Quelle des Lebens die im Juli 1993 erschienene Nr. 500 als Hörspiel um.

 

Rezension:

Professor Zamorra schrickt aus einem bedrohlichen Traum auf – ein Mann hatte ihn an einem seltsamen Ort niedergeschossen. Warum träumt Zamorra immer wieder diese Szene? Liegt es am baldigen Tod seines Freundes Bryont Saris ap Llewellyn? Zusammen mit seiner Sekretärin und Geliebten Nicole Duval will er ihm beistehen, schließlich darf er nicht einfach sterben: Wenn in der Stunde seines Todes sein Sohn geboren wird, dann wird Bryont in diesem wiedergeboren. Außerdem wird die Lebenszeit der neuen Inkarnation um ein Jahr verlängert – Bryont ist jetzt zweihundertfünfundsechzig Jahre alt. Während Zamorra am nächsten Tag mit dem fidelen Alten herum flachst, überkommt ihn eine weitere Erinnerung: Vor zwölf Jahren eröffnete Bryont ihm, dass Zamorras Langlebigkeit mit der Quelle des Lebens zusammenhänge – Zamorra sei ein Auserwählter. Warum kann er sich nur so bruchstückhaft erinnern? Was war damals geschehen? Unterdessen heuert Torre Gerret einen Auftragskiller an, der Bryont töten soll – und auch Zamorra wird bedacht.

 

Beinahe das gesamte Geschehen trägt sich in Caer Llewellyn und dem nahe der Burg gelegenen Dorf zu. Wie in Hörspielen üblich wird der Beschreibung des Settings kaum Raum gewährt. Mit wenigen prägnanten Sätzen muss ein Bild skizziert werden, welches die Phantasie der Hörer ausmalt. Das gelingt den Machern recht gut – mit humorigen Anspielungen auf schottische Archetypen wird schnell ein leicht pulpig-überzeichnetes Ambiente aufgebaut.

Phantastische Elemente werden bisher sparsam verwendet: Der Auserwählte Zamorra ist langlebig, es geht um die Quelle des Lebens, Zamorras magisches Amulett verleiht einen gewissen Schutz und Nicole Duval ist Telepathin. Es fällt auf, dass die bisherigen Elemente zumeist eine geringe Signatur haben – man 'sieht' sie nicht – und eher passiv sind. Damit dürften sie Mystery-Fans mehr als Horror-Fans ansprechen.

 

Das Hörspiel kommt mit ausgesprochen wenig Figuren aus: Zamorra, Nicole, Bryont und Gerret sind die Hauptfiguren, dazu kommen noch vier Nebenfiguren. Zusammen mit dem kargen Setting sorgt dieses für eine 'Kammerspiel'-Atmosphäre. Ebenso wie das Setting müssen die Figuren hinter dem Plot zurückstehen: Sie werden mit wenigen kraftvollen Strichen charakterisiert. Zamorra ist besorgt um seine Freunde und reagiert zwar aufbrausend, wenn sie bedroht werden, ist aber nicht rachsüchtig oder gar skrupellos im Umgang mit seinen Feinden. Die Telepathin Nicole ist ähnlich besorgt, jedoch weniger wählerisch bei den Methoden und der greise Bryont ist ein frivoler Lüstling, der in Fragen des Okkulten sehr erfahren ist und überlegt agiert; mit seiner Menschenkenntnis ist es allerdings nicht all zu weit her. Antagonist Gerret ist genauso risikobereit wie Zamorra, aber selbstsüchtig: Voller Ehrgeiz geht er ohne vor Schandtaten zurückzuschrecken seinen Zielen nach.

 

Die Quelle des Lebens ist der erste Teil eines Vierteilers, entsprechend werden mehr Fragen aufgeworfen als aufgelöst. Diese Fragen – Was geschah vor zwölf Jahren? Was genau hat es mit der Quelle des Lebens auf sich? Was hat Gerret mit Zamorra vor? – sind denn auch die zentralen Spannungsquellen. Neben diesen Rätseln ist die reale Bedrohung Bryonts eher sekundärer Natur.

Die Verknüpfung der Stränge ist elegant: Abwechselnd gibt es Rückblenden, die wie bei einem Krimi regressiv die unbekannten Ereignisse ans Licht holen und eine progressive Handlung um Bryont und Gerret, die oft die Erinnerungen auslösen. Diese interessante Inszenierung zwing den Hörer zu hoher Aufmerksamkeit – wer dem Hörspiel beim Einschlafen lauscht, wird nicht immer erkennen, wann die Erzählebene gewechselt wird. Die erhöhte Aufmerksamkeit lässt einen Macken, die man sonst vielleicht überhört hätte, deutlich wahrnehmen: In einer Szene horcht Nicole einen Verdächtigen telepathisch aus und erfährt brisante Details. Quasi als Nachsatz wird noch eine relativ belanglose Frage gestellt, die der Verdächtige erst dann beantwortet, als Nicole mit Gewalt droht. Hätte Nicole nicht einfach ihre telepathische Fähigkeit einsetzen können? Musste dem Verdächtigen nicht klar sein, dass Widerstand zwecklos ist? Es gibt ein paar von solchen holprigen Stellen, die aber insgesamt nicht weiter ins Gewicht fallen.

Das Hörspiel richtet sich eher an männliche Hörer: Frauen sind sexy und ihr Körper wird auch mal genauer beschrieben, aber in subalterner Position. Ihre Charaktere sind etwas weniger ausgeprägt – Pat darf Bryonts Nachkommen gebären und sonst wird sie aus dem Raum geschickt. Wenn sie aufmüpfig ist, dann macht sie sich Sorgen um Bryont. Weiblichen Hörern wird es an Identifikationsfiguren mangeln.

 

Bei den Sprechern wird auf eine Mischung aus Veteranen und Nachwuchs gesetzt. Henry König spricht den Erzähler mit viel Verve, Ghadah Al Akel interpretiert mit Elan die mal angetrunkene, mal zornige, mal ernste Nicole und Andreas von der Meden (huch – Morton!) ist der reservierte Butler William. Gerhart Hinze (Zamorra), Rainer Schmitt (Bryont) und Marion von Stengel (Lady Patricia) sprechen zurückhaltender, aber nicht weniger überzeugend. Auch Reet Reins (Torre Gerret), Robert Missler (McMour) und Martin Schäfer (Keith Ulluquart) machen ihre Sache gut, liegen aber in der Tonlage relativ dicht bei einander, so dass der Hörer etwas aufpassen muss, dass er sie nicht verwechselt. Einzig über die Leistung Toula Savvidous (Quelle) lässt sich aufgrund der Stimmverzerrung wenig sagen. Effekte werden sehr sparsam eingesetzt, was zur 'Kammerspiel'-Atmosphäre passt. Die Musik ist von Carsten Bohn, der nach dreißigjähriger Hörspielabstinenz gefällig die musikalische Brücke zwischen den Klängen der 80er und der 2000er schlägt.

 

Fazit:

Professor Zamorra muss einen Anschlag auf das Leben seines Freundes und uralten Okkultismus-Experten verhindern und gleichzeitig das aus seiner eigenen Vergangenheit stammende Rätsel um die Quelle des Lebens lösen. Professor Zamorra hebt sich von anderen Gruselserien ab: Die phantastischen Elemente und der Plot rücken die Serie in Richtung Mystery und die sparsame Inszenierung ist ein gelungener Kompromiss zwischen pulpigen 80ern und aktuellen Mustern. Zwar gibt es ein paar Mängel, doch die beeinträchtigen das Hörspiel nur wenig; ich jedenfalls bin gespannt, wie es im zweiten Teil: Der Biss der Kobra weitergeht.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329082248afa61f11
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Titel: Die Quelle des Lebens

Reihe: Professor Zamorra 1

Produzent: Mario Cuneo

Label: Canora Media

Sprecher (Auswahl): Henry König, Gerhart Hinze, Ghadah Al Akel, Rainer Schmitt, Reent Reins

Erschienen: Mai 2008

Umfang: 1 CD, Spieldauer unbekannt.

ASIN: B0000E33I1

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 07.06.2008, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05, 6663