Die Schwarze Isis von Kai Meyer
Serie: Die Alchemistin 6
Hörspiel
Rezension von Christian Handel
Rezension:
Die sechste Folge der Hörspielreihe um Die Alchemistin setzt da an, wo die fünfte aufgehört hat. Aura versucht immer noch das Geheimnis um die sechsfingrigen Handabdrücke zu lüften, die sie zu verfolgen scheinen. Außerdem versucht sie herauszufinden, wer der geheimnisvolle Fremde ist, dessen Charme sie erlegen ist. Auch er scheint für sie Spuren quer durch die Stadt gelegt zu haben. Von der Gefahr, in der ihre Nichte Tess und ihr Sohn Gian schweben, ahnt sie nichts, als sie versucht, den Mysterien, die sie umgeben und den Visionen, die sie plötzlich überkommen, auf den Grund zu gehen.
Das Paris um die Jahrhundertwende sorgt für eine stimmungsvolle Atmosphäre, die viel vom Charme der Hörspielfolge ausmacht. Die Handlung entführt in eine Zeit der Pferdedroschken und Gaslichtlaternen und die engen Gassen der Stadt, durch die Aura irrt, wirken gleichsam unheimlich wie aufregend. Überhaupt erinnert vieles in Die Schwarze Isis an eine Schauer-Erzählung. Fast schon bedauert man die wenigen Stellen, in denen sich der erzählerische Fokus von Aura und ihrer Suche abwendet und sich auf ihren früheren Geliebten Gillian oder ihre Nichte Tess konzentriert. Diese Zwischenspiele sind allerdings erfreulicherweise überschaubar, so dass die Handlung durch ihre Konzentration auf einen Erzählstrang wie bereits in Teil 5 sehr dicht wirkt. Wer ein schwaches Nervenkostüm hat, sei allerdings gewarnt: Wie bereits in den ersten vier Teilen der Reihe werden die Ereignisse zunehmend brutaler. Es treten Figuren auf, denen jedes Mittel Recht zu sein scheint und die vor grausamem Mord nicht zurückschrecken. Ein Betthupferl für Kinder ist „Die Schwarze Isis“ sicher nicht!
Mit den hellseherisch begabten Kaskaden-Zwillingen bereichert Meyer die Handlung um zwei schillernde neue Figuren. Der eine oder andere Zuhörer mag ihnen – bzw. ihren sehr viel jüngeren Ichs – übrigens bereits im Meyer-Roman Göttin der Wüste begegnet sein. Mit Christiane Marx und Daniela Hoffmann ist es Regisseur Christian Hagitte außerdem gelungen, die Zwillinge hochkarätig zu besetzen. Hoffmann dürfte der breiten Masse bekannt sein als die Synchronsprecherin von Julia Roberts, in Marx erkennt der eine oder andere sicher die deutsche Stimme von Ellen Pompeo alias Meredith Grey aus „Greys Anatomy“.
Ebenso mystisch wie die Zwillinge selbst ist das Rätsel um die „Schwarze Isis“, die in den von den Zwillingen hervorgerufenen Visionen Auras auftaucht. Ein weiteres Mal verknüpft Kai Meyer verschiedene mythologische Elemente miteinander und weist dem Gilgamesch-Mythos eine zusätzliche Bedeutung in der Erzählung zu – eine schöne Reminiszenz an den Storybogen der ersten vier Teile, in dem Aura durch das sogenannte Gilgamesch-Kraut die Unsterblichkeit erlangt hat.
Neben der bereits erwähnten fabelhaften Sprecherleistung besticht vor allem die atmosphärische Musik in diesem sechsten Teil. Sie sorgt dafür, dass die Zuhörer geradezu in die Handlung hineingezogen werden. Dem Filmorchester und der Hochmeisterchor Berlin gelingt mit der Unterstützung der Vocalistin Rosemarie Arzt beeindruckendes. Der an einen Filmsoundtrack erinnernde Score verstärkt das Gefühl, man würde nicht nur einem „einfachen Hörspiel“ lauschen, sondern dem Mitschnitt eines grandiosen TV-Zweiteilers.
Fazit:
Somit stellt auch „Die Schwarze Isis“ unter Beweis, dass es sich bei derReihe „Die Alchemistin“ um Hörspiele der neuen Generation handelt. Uneingeschränkt empfehlenswert – allerdings ab 18!
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