Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers
Hörbuch gelesen von Dirk Bach
Rezension von Nadine Dilger
"Ja, ich rede von einem Ort, wo einen das Lesen in den Wahnsinn treiben kann. Wo Bücher verletzen, vergiften, ja, sogar töten können."
Danzelot von Silbendrechsler, der Dichtpate von dem Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz, ist gestorben. Doch noch vor seinem Tod erfährt Hildegunst von einem geheimnisvollen Manuskript, das Danzelot von Silbendrechsler vor einiger Zeit von einem anonymen Schriftsteller geschickt bekam und das angeblich so gut sein soll, dass der Verfasser des Manuskripts in Gefahr sein könnte. In der Erwartung, Danzelot von Silbendrechsler sei kurz vor seinem Tod auch noch verrückt geworden, liest er das Manuskript und muss feststellen, dass das das absolut Beste ist, was er je gelesen hat!
Hildegunst beschließt darauf, nach Buchhaim, der Stadt der träumenden Bücher, zu reisen und den mysteriösen Schriftsteller ausfindig zu machen. Dies soll sich allerdings als gar nicht so einfach herausstellen. In jeder Gasse von Buchhaim lauern Gefahren und Bücherjäger, die für seltene Bücher sogar töten. Als Hildegunst das Manuskript einem Besitzer eines Antiquariats zeigt, ist dieser zwar ebenso völlig begeistert, wirft ihn aber hochkant aus seinem Geschäft und beschwört ihn, Buchhaim sofort zu verlassen, das Manuskript bestenfalls zu zerstören und sich auf jeden Fall vor dem mysteriösen Dreikreis in Acht zu nehmen. Hildegunst lässt sich von der seltsamen Reaktion des Bücherhändlers nicht beirren und versucht sein Glück woanders. Er zeigt einem weiteren Bewohner Buchhaims das Manuskript, der ihm die Adresse eines Schriftgelehrten gibt und behauptet, dass dieser ihm bei seiner Suche helfen könnte. Auf dessen Tür erkennt er wieder den mysteriösen Dreikreis, von dem der Bücherhändler gesprochen hat, denkt sich aber nichts weiter dabei. Als er dem Schriftgelehrten, einer Haifischmade namens Smeik, das Manuskript zeigt, gerät er in einem Hinterhalt und wird tief in die Katakomben von Buchhaim verschleppt. Auf der Suche nach dem geheimnisvollen Schriftsteller und dem Weg zurück nach oben, schlägt sich Hildegunst durch die Katakomben von Buchhaim. Er erlebt viele Abenteuer, lernt gute Freunde und aber auch schlimme Feinde kennen...
Bei Zamonien handelt es sich um eine ganz besondere Welt, die mit jeder weiteren Geschichte aus Zamonien mehr Konturen annimmt und greifbarer wird. Es gibt alle nur möglichen skurrilen Daseinsformen. Es gibt die Lindwürmer, die in der großen Lindwurmfeste zusammen leben und versuchen, alle einmal gute Schriftsteller zu werden. Es gibt Wesen namens Eydeeten, die vier oder mehr Gehirne besitzen und es gibt Bücherjäger, die mit allen Mitteln versuchen, an seltene und kostbare Bücher zu kommen. Und das ist noch längst nicht alles. In Zamonien tummelt sich haufenweise solcher lustigen Daseinsformen und auch wenn es sich für den ein oder anderen verrückt anhören mag, wirkt es doch immer real.
Walter Moers besitzt sehr viel Fantasie. Seine Romane sind bis zum bersten gefüllt mit skurrilen Ideen, die seine Leser (oder in diesem Fall „Hörer“) in seinen Bann ziehen. Oft habe ich mich gefragt, wie man nur auf solch verrückte Ideen kommen kann. Walter Moers ist ein Perfektionist, was man daran sieht, dass sogar die erfundenen Buchtitel, auf die Hildegunst in Buchhaim stößt, total lustig sind: Der unbelachte Scherzkuchen, Ein Boot voll Erbsen, Wie man ein Huhn kämmt, Die Prinzessin mit den drei Lippen, Der Specht im Gurkenfass, Die hölzerne Suppe...
Walter Moers ist ein Genie und hat das Talent, seinen Lesern oder Zuhörern eine absolut skurrile und durchgeknallte Geschichte aufzutischen und dabei trotzdem völlig selbstverständlich zu klingen. Obwohl einige Geschichten, Ideen und Handlungen total verrückt sind, wird man in die Welt hineingezogen und man hat das Gefühl, Zamonien würde wirklich existieren.
An diesem Hörbuch hat mir ganz besonders der Erzählstil von Walter Moers gefallen und die Art, wie Dirk Bach das Buch vorgetragen hat. Der Erzählstil ist so lebendig und vielfältig, dass man selbst die skurrilsten und wahnwitzigsten Ideen einfach ernst nehmen muss und genauso lebendig, wie Walter Moers sein Buch schrieb, schafft es Dirk Bach, dies vorzutragen. Meiner Meinung nach hat Dirk Bach so schon eine sehr lustige Stimme und das passt einfach perfekt zu der von Walter Moers geschaffenen Welt Zamonien. Er liest das Buch sehr lebhaft und begeistert vor. Bei jeder Person versucht er, seine Stimme passend zu verstellen, was ihm auch sehr gut gelingt. Auch die Gefühle der einzelnen Personen kommen durch seine Stimme sehr gut rüber.
Die Geschichte von Hildegunst von Mythenmetz wird in Ich-Form geschrieben, was hier auch sehr gut passt. So kann man sich gut in den Protagonisten Hildegunst von Mythenmetz hineinversetzen und mitfühlen.
Das einzig „negative“, was es vielleicht an seinem Erzählstil auszusetzen gibt, ist, dass Walter Moers ab und zu etwas „zu“ viel erklärt. Als Hildegunst von Mythenmetz nach Buchhaim kommt, erzählt Walter Moers sehr viel über einen Bücherjäger namens Colophonius Regenschein, was zwar interessant ist, aber nach einiger Zeit dann doch etwas langatmig werden kann.
Bei allen anderen Hörbüchern hatte ich bisher immer Probleme damit, mich darauf zu konzentrieren, was bei Die Stadt der träumenden Bücher allerdings kein Problem darstellt. Dirk Bach liest das Buch so mitreißend vor, dass man mit den Gedanken nur selten abschweift und man viel Spaß beim Hören hat.
Eigentlich gibt es wieder an dem Buch, noch an dem Hörbuch wirklich etwas auszusetzen. Schade finde ich nur, dass man bei dem Hörbuch die ganzen schönen Bilder, die typisch für die Romane sind, leider nicht anschauen kann. In den Romanen ist mindestens auf jeder fünften Seite ein Bild, von Walter Moers selbst gezeichnet und meiner Meinung nach sollte man die Bilder schon kennen, da sie für die Handlung einfach wichtig sind und man sich Zamonien und seine Bewohner so viel besser vorstellen kann.
Fazit:
Die Geschichte, der Schreibstil und Dirk Bachs Stimme dazu machen das Hörbuch zu einem absolut genialen Meisterwerk. Besser wäre es, dieses Hörbuch zu hören, nachdem man das Buch dazu gelesen hat, aber es ist auch ohne irgendwelche Vorkenntnisse gut hörbar und eignet sich gut als Einstieg in die Zamonien-Romane von Walter Moers.
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