Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart (Autor: Jesse Bullington)
 
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Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart von Jesse Bullington

Rezension von Christel Scheja

 

Auch wenn „Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart“ zunächst wie ein historischer Roman wirkt, so merkt man doch recht schnell, dass es sich eher um eine Schauergeschichte mit phantastischen, dem Horror zugeneigten Elementen handelt, der zwar versucht, ein wenig das Zeitkolorit einzufangen, aber auch viel frei fabuliert.

 

Erzählt wird die Geschichte von Manfried und Hegel Grossbart, die nicht nur lange und dürre Gestalten sind, sondern sich auch durch eine üppige Gesichtsbehaarung auszeichneten und nur durch besonders auffällige Ohren und eine Knollennase voneinander zu unterscheiden sind. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie sich mit der Straßenräuberei, wobei sie in guter Tradition stehen, denn ihr Vater hat sein Geld auch schon nicht anders zusammen bekommen.

Anders als dieser, haben sie es aber bisher geschafft, des Seilers Tochter zu entkommen, was auch an ihrer skrupellosen Grausamkeit liegen mag. Denn in ihrer Gier nach Essen und Gold hinterlassen sie eine Spur aus Blut, wie auch ein aufrechter junger Bauer erfahren muss, der in einer Nacht des Schreckens seine Frau und seine Kinder verliert.

Während er noch mit dem Schicksal hadert, ziehen die Brüder frohen Mutes weiter und suchen sich neue Weidegründe. Doch als sie da auf mehr Widerstand treffen, wird einer von ihnen verletzt, und der andere hat keine Wahl mehr, als sich einer alten Hexe anzuvertrauen, nicht ahnend, dass diese ihre ganz besonderen Pläne mit ihm hat.

Zwar kommen Manfried und Hegel noch einmal gut davon und spüren dabei, dass auch sie trotz allem noch mehr Gott als dem Teufel vertrauen. Ihr Drang, sich ins Heilige Land zu begeben und dort ihr Glück zu versuchen kommt daher nicht von ungefähr, denn sie lockt letztendlich nicht nur das Gold der Sarazenen, sondern auch die Ahnung, dass es besser ist, aus der alten Heimat zu verschwinden...

Das erweist sich als richtig, denn längst haben sich ein gebrochener Witwer und eine ganz bestimmte Hexe gefunden und einen Plan geschmiedet, Rache an den verhassten Brüdern zu nehmen.

 

Es fällt schwer, „Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart“ richtig einzuschätzen, denn auf der einen Seite liest sich der Roman wie die moderne Umsetzung eines Bänkelsänger-Liedes, auf der anderen Seite verzichtet der Autor darauf, die Geschichte historisch und örtlich genauer festzumachen.

Man merkt zwar, dass sie im ausgehenden Mittelalter und auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation spielt, aber gerade der historische Hintergrund bleibt völlig schwammig. „Dörfer“ sind einfach nur „Dörfer“, auch bedeutender geographische Landmarken wie die Alpen werden nicht bei ihrem Namen genannt. Nicht einmal die Kameraden der Brüder, die sie auf einem Teil der Reise begleiten sind wirklich einem bestimmten Volk oder einer Region zuzuordnen.

So rutscht die ganze Geschichte mehr oder weniger in die Szenerie eines einfachen Schauermärchens ab, das Spannung vor allem aus der konsequenten Brutalität der Helden zieht, weniger aus überraschenden Wendungen. Keine der Figuren entwickelt sich wirklich weiter, auch ihre Charakterisierung bleibt oberflächlich, wenngleich es schon interessant ist, dass hier einmal Schurken zu Protagonisten werden, die kein Quentchen Reue zeigen. Damit es den Lesern nicht langweilig wird, ist die Handlung auch noch mit ein paar ekligen Szenen und jeder Menge Gewalt garniert.

Weil die Atmosphäre des Romans so ungewöhnlich ist, sind die ersten Seiten durchaus faszinierend zu lesen. Allerdings beginnt die Geschichte ab der Mitte zunehmend abzuflachen und auch das Ende ist zwar passend aber dann doch eher belanglos. Man muss letztendlich eine Menge Geduld und Offenheit mitbringen, um sich auf die gesamte Geschichte einzulassen, sonst könnte die Enttäuschung groß sein.

 

Alles in allem ist „Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart“ ein eher durchwachsenes Buch, das zwar auch seine faszinierenden Seiten hat, aber nicht wirklich ansprechend und spannend geschrieben ist, wenn man erst einmal von der blutigen und ekligen Schauermär genug hat. Vor allem zart besaitete Leser sollten besser ihre Finger diesem Buch lassen.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404262202005a4d108c
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Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart

Autor: Jesse Bullington

Bastei Lübbe, erschienen April 2011

broschiert, 541 Seiten

Titelbild von Oliver Wetter, Illustrationen von Karl Piepenburg

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Eva Bauche-Eppers

ISBN-10: 3404285506

ISBN-13: 978-3404285501

Erhältlich bei: Amazon

Kindle-Edition

ASIN: B004W5YSVQ

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 18.07.2011, zuletzt aktualisiert: 25.03.2024 16:30, 11977