Reihe: Der letzte Incal, Bd. 1
Rezension von Christel Scheja
Der chilenischstämmige aber heute in Paris lebende Szenarist, Schriftsteller und Filmregisseur Alexandro Jodorowski schuf zusammen mit Jean Giraud, der heute besser als „Moebius“ bekannt ist, einen der wichtigsten und bekanntesten Comic-Klassiker: „Der Incal“. Dort wurde John Difool, der erfolglose und heruntergekommene Privatdetektiv der Klasse R aus der futuristischen Stadt Terra 21 in eine Verschwörung von kosmischen Ausmaßen gezogen. Die Comicserie verband abenteuerliche Action mit mythischer Fantasy und einem Schuss klassischer Kriminalgeschichten im Noir-Stil sowie einem Hauch von Gesellschaftskritik.
Allerdings merkte er schnell, dass das Universum viel zu schade war, um es nur für eine Serie zu erschaffen und dann wieder ad acta zu legen. So siedelte er eine ganze Reihe von Nebengeschichten dort an. Unter anderen erzählte er die Vorgeschichte John Difools und die Legenden um die Metabaron. Sein neuster Zyklus „Der letzte Incal“ setzt dort an, wo die klassische Saga aufhörte. Gezeichnet wird die Geschichte diesmal von dem Nordamerikaner Jose Ladronn.
Die Jagd nach dem Incal hat John Difool einiges gekostet, unter anderem auch seine Freiheit. Sein Bewusstsein kämpft darum, zu entkommen, während sein Körper mit Drogen und Medikamenten gemartert wird, um ihm die Geheimnisse des Incal zu entreißen und dann sein Gedächtnis zu löschen.
Zu gefährlich ist das Wissen, dass er angesammelt hat, und man traut ihm nicht, dass er Stillschweigen darüber bewahren wird-. Ob sich sein Geist nun in vier Persönlichkeiten aufspaltet oder er halluziniert, weiß er selbst nicht, nur, dass er einen Weg finden muss, irgendwie der Gewalt zu entkommen, die ihm angetan wird, damit er nicht sein Leben ganz verliert.
Die einzigen feststehenden Werde, an die er sich klammern kann sind die Erinnerungen an die beiden Wesen, die ihm in seinem Leben bisher am meisten bedeutet haben – Dipo, die Betonschwalbe und seine Geliebte Louz.
So machen sich seine Inkarnationen auf die gefährliche Reise durch eine düstere und lebensfeindliche Welt, die immer wieder mit neuen grausamen Überraschungen aufwartet und ihn zum Äußersten zwingt.
Schließlich treffen sie zusammen – der idealistische, junge Mann, der noch Träume und Hoffnungen hat, der abgehalfterte Mann am Ende seines Lebens, der spirituell erweckte Guru und der Seraphin. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zu einem Asteroiden, auf dem sich vielleicht nicht nur Louz aufhält, sondern auch die einzige Chance, sein Überleben zu sichern.
So düster und grau wie die Farben dieses Albums ist auch die Geschichte, die zudem nur schwer verständlich ist, wenn man die Vorgeschichte nicht kennt, da es nicht einmal ein einführendes Vorwort gibt. So ist „Die vier John Difool“ als Auftaktband der Reihe „Der letzte Incal“ allenfalls für Fans interessant. Die werden allerdings schnell feststellen, dass der Inhalt des Comics sehr stark an „Nach der Katharsis“ erinnert, ein Comicalbum, dass Jodorowski noch zusammen mit Jean Giraud aus der Taufe holt. Es scheint, als habe er das alte Szenario noch einmal ausgegraben und mit einem anderen Zeichner und einer neuen Gewichtig nacherzählt.
Dementsprechend verzichtet „Die Vier John Difool“ weitestgehend auf die mystisch-esoterische Dimension seiner Vorlage und konzentriert sich mehr auf die Action, von der es neben einigen Brutalitäten reichlich gibt, und bindet Informationen aus anderen Zyklen, die mittlerweile entstanden sind, ein.
Jose Ladronns Zeichenstil erinnert ein wenig an den von Moebius, kann aber nicht ganz dessen Klasse halten. Trotzdem ist die Qualität sehr solide. Auch die Kolorierung passt zu den durchweg düsteren und grausamen Geschehnissen, so dass es keinen Bruch in der Atmosphäre der Geschichte gibt.
Insgesamt gesehen ist die Geschichte weder Fleisch noch Fisch, da Neueinsteiger keinen wirklichen Einstieg in die Saga finden, die Liebhaber der „Incal“-Saga sich aber durch die Wiederholung des Themas über den Tisch gezogen fühlen könnten. Deshalb bleibt abzuwarten, wie sich der neue Zyklus entwickelt, bevor man ein genaueres Urteil fällen sollte.