Die Zeit vor Mitternacht / Geisterstunde von Wolfgang Hohlbein
Hörbuch gelesen von Johannes Steck
Reihe: Nemesis 1 und 2
Rezension von Wiebke
Rezension
Crailsfelden, eine Stadt am Ende der Welt, in der die Zeit stehen geblieben ist und der Horror Einzug gehalten hat, bildet die Kulisse für eine spannende und seltsam anmutende Geschichte von Wolfgang Hohlbein. In dieser geht es um sechs junge Menschen, die nach Crailsfelden gekommen sind, um ein Millionenerbe anzutreten. Doch so einfach, wie diese sich das gedacht haben, ist es nicht. Denn schon bald stellt sich heraus, dass jemand ein perfides Spielchen mit ihnen treibt, um eine alte Rechnung zu begleichen und Rache zu üben. Ein Spiel, in dem es um Leben und Tod geht und das nach und nach ein Geheimnis offenbart, welches schon viel zu lange im Dunkeln der Burgmauern geschlummert hat.
Die Zeit vor Mitternacht – Teil 1
Im Gasthaus „Zur Taube“ treffen im Laufe des Tages sechs Menschen ein, die der Einladung der Anwaltskanzlei Flemming gefolgt sind, um ein umfangreiches Erbe anzutreten. Sechs Menschen, die unterschiedlicher nicht sein können und sich nur in dem einen Fakt einig sind, ein umfangreiches Erbe anzutreten und mit ihm ein sorgloses Leben führen zu können. Da ist zum einen der blonde Hüne Stefan, der so gar nichts gemein hat mit dem recht nervig anmutenden, schnodderigen Ed, zum anderen Frank, ein ruhiger Mensch, dem immer wieder etwas schief geht und der permanent mit immer wieder auftretenden Visionen zu kämpfen hat. Drei Männer, die in dem unbekanntes Gasthaus auf eine kalt wirkende, arrogante Schönheit namens Ellen, eine kleine pummelige Judith mit hübsch anzusehenden, lustigen Augen und eine altmodisch gekleidete graue Maus namens Maria treffen. Eine bunte Mischung von Menschen, die letztendlich auf der Burg Crailsfelden Einzug hält, wo ihnen die Bedingungen für den Erhalt des Erbes verkündet werden. Bedingungen, die es in sich haben und die von sechs, sich bisher fremden Menschen verlangen, gesunde Nachkommen zu zeugen, um den Erhalt einer längst ausgestorbenen Familie zu sicher. Begeistert ist keiner der Anwesenden, doch das Millionenerbe lockt und so lassen sie sich dazu hinreißen, diese zu akzeptieren. Ein Arrangement, das bereits zu Beginn der Nacht mit zwei schweren Unfällen endet und dessen weiterer Verlauf nicht abzusehen ist.
Geisterstunde – Teil 2
Nachdem Frank und Ed versucht haben, aus Crailsfelden Hilfe für den verunglückten Anwaltsgehilfen Gero von Thun zu holen, sind sie selbst Opfer eines Unfalls geworden, in dessen Folge Ed schwer verletzt wird und der einzige Weg zur Burg dauerhaft versperrt bleibt. Um jedoch eine Möglichkeit zu finden, nach Crailsfelden zu gelangen und die notwendige Hilfe zu holen, machen sie sich zusammen mit dem Wirt des Gasthauses „Zur Taube“ und dem gleichzeitigen Hausmeisters der Burg Crailsfelden auf den Weg, einen Geheimgang nach Draußen zu suchen. Denn dass es einen solchen gibt, ist allen klar. Doch um so weiter sie in die Kellergewölbe der Burg eindringen, um so mysteriöser entwickelt sich das Geschehen. Da ist zum einen der Hausmeister Carl, der vorgibt recht wenig über die Burg zu wissen, obwohl er hier schon einige Zeit tätig ist und zum anderen erleben die Anwesenden eigenartige Déjà-vu-Erlebnisse in denen ihnen vorgegaukelt wird, die Burg zu kennen und schon einmal hier gewesen zu sein. Als dann auch noch Utensilien aus dem Dritten Reich auftauchen von dessen Existenz Carl gewusst haben muss, obwohl er es abstreitet, kommt in den anwesenden Personen der Verdacht auf, dass Carl ein falsches Spiel mit ihnen treibt. Misstrauisch beäugen sie ihn, verlieren aber auch bald gegenseitig das Vertrauen. Eine Entwicklung, die immer bedenklicher wird und auf einen Eklat zusteuert, dessen Ende nicht abzusehen ist.
Angst und Schrecken, Vision und Wirklichkeit. Wolfgang Hohlbein schafft es mit einfachen Mitteln einen Horror aufzubauen, der immer dichter wird. Schon bei der Auswahl der Protagonisten hat er ein gutes Händchen bewiesen. So konfrontiert er ein naives Dummchen mit Besserwissern und eine arrogante Schönheiten mit einem sportlichen Kraftprotz und mitten in diese steckt er Einheimische, die völlig undurchschaubar sind und deren wahrer Charakter im Verborgenen bleibt. Eine explosive Mischung, die funktioniert und für den nötigen Zündstoff sorgt. So dauert es auch nicht lange, bis einige von ihnen aneinander geraten und Misstrauen Einzug in die Gruppe hält. Mysteriöse und tragische Vorfälle verstärken das Ganze und führen zu einem Aggressionsaufbau zwischen den Eingeschlossenen, der kaum noch zu bewältigen ist und den Aufenthalt in der Burg zu einem Horrortrip werden lässt. Düster und geheimnisvoll muten die Geschehnisse auf der Burg an, beklemmend und von Angst geprägt ist die Stimmung in der Gruppe, in der es letztendlich nur noch um eines geht. Die Nacht zu überleben und die Burg am nächsten Tag verlassen zu können. Unheimlich spannend, atmosphärisch dicht und gut in Szene gesetzt, so präsentiert sich die Geschichte um die sechs potentielle Erben, deren Ende völlig ungewiss ist.
Gelesen wird „Nemesis“ von dem Schauspieler und Hörbuchsprecher Johannes Steck, der dazu in die Rolle des Protagonisten Frank schlüpft und mit dessen Worten, Gedanken und Visionen die grausam anmutende Geschichte erzählt. Dabei gelingt es ihm hervorragend die unheimliche Stimmung einzufangen und in seiner Interpretation gekonnt wiederzugeben. Aber auch die einzelnen Charaktere verkörpert er mit einer stimmlichen Vielfalt, die seinesgleichen sucht. Ein Hörerlebnis der besonderen Art, das einem das Gruseln lehrt.
Fazit:
Äußerst spannend, aber auch düster und vielschichtig präsentieren sich die ersten beiden Teile von „Nemesis“, einer Geschichte, die noch viel verspricht und das Grauen Wirklichkeit werden lässt.
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