Doctor Who - Der erste Doktor: Am Rande der Vernichtung
Rezension von Christel Scheja
„Doctor Who“ gibt es seit über fünfzig Jahren und das auch nur, weil sich die SF-Serie durch einen genialen Trick wiedererfinden kann: Der Titelheld ist in der Lage immer wieder einen neuen Körper anzunehmen und neue Aspekte seines Charakters auszuloten. Und das macht wohl einiges vom Erfolg aus. Doch aller Anfang war schwer und das verrät auch das dritte Digibook, das die limitierte Erstauflagenbox abschließt. „Am Rande der Vernichtung“ mag nur ein Zweiteiler sein, die Extras haben es aber in sich.
Glücklich den Daleks entkommen, stürzen die Helden gleich in ein weiteres Abenteuer, das sie nicht haben kommen sehen, denn als eine Erschütterung den Doctor und seine Gefährten niederwirft und sie aus ihrer Bewusstlosigkeit wieder zu sich kommen, ist nichts mehr wie zu vor. Sie driften scheinbar ziellos in Zeit und Raum. Die Funktionen der Tardis fallen aus, und den Anzeigen des Scanners kann niemand mehr trauen.
So kommt der Verdacht auf, dass ein Verräter an Bord ist – doch wer könnte das sein? Schon bald verdächtigt jeder jeden …
Das Booklet verrät es – eigentlich sind die beiden Episoden eine Notlösung, um die Vorgabe der BBC zu erfüllen. Die Geschichten des vorhergehenden und des nachfolgenden Serials standen bereits und konnten nicht noch aufgebläht werden, auch waren die Gelder bereits weitestgehend verplant, so dass man am besten in den vorhandenen und ständig stehenden Kulissen drehte und sich auf die vier Hauptdarsteller beschränkte.
Die Autoren nutzten die beiden Episoden nun zu einem Verwirrspiel, die das Verhältnis zwischen den Figuren ausloten sollten, denn immerhin waren diese bisher noch nicht dazu gekommen, sich besser kennenzulernen.
Vor allem die beiden Erdenmenschen, Ian Chesterton und Barbara Wright bekamen so die Gelegenheit, sich bewusst zu werden, das eine Heimkehr unmöglich ist und sie sich mit dem Doktor arrangieren mussten – doch nicht ohne dabei sich selbst zu verleugnen.
Die vier geraten aneinander, streiten sich, beschuldigen sich gegenseitig, merken dann aber – je mehr sie der Lösung des Rätsels oder der völligen Zerstörung nahe kommen, dass sie einander brauchen, dass sie nur im Team alle Schwierigkeiten überwinden können. Selbst der Doctor muss von seinem hohen Ross heruntersteigen und erkennen, dass er nicht die allein selig machende Wahrheit vertritt.
Am Ende ist es eine Kleinigkeit mit großer Wirkung, die dafür sorgt, dass sich die Gemeinschaft zusammen rauft und so gestärkt neuen Abenteuern entgegen schreiten kann, die man in einer Art geraffter Episode auch noch kennen lernen kann. Und „Marco Polo“, das Serial das leider nicht erhalten blieb, beweist, dass die Macher durchaus auch spannende Geschichten in der irdischen Historie ansiedeln können, die ein wenig mehr Sinn und eine komplexere Geschichte als das Steinzeit-Abenteuer haben.
Zwar fordert der Zweiteiler ein wenig die modernen Sehgewohnheiten heraus, da die Figuren aus dem Selbstverständnis der 1960ger Jahre heraus agieren und dabei auch noch ein wenig veraltete Ansichten vertreten, aber er ist dennoch spannend, weil man erstmals einen Einblick in einige Figuren erhält, die diesen ein wenig mehr Tiefe geben, vor allem Ian und Barbara. Spezialeffekte gibt es keine, die Kulissen wirken eher spartanisch, aber die fehlenden Schaueffekte macht die Dynamik zwischen den Figuren wett.
Bild und Ton sind natürlich dem Alter entsprechend, die Synchronisation ist mehr als gelungen und das Bonusmaterial kann sich sehen lassen – neben der Zusammenfassung von „Marco Polo“ gibt es auch noch einen Einblick in die Gestaltung der Musik und der Tardis, sowie die turbulente Entstehungsgeschichte der Serie, die zunächst auch nur ein Lückenfüller sein sollte, dann aber eine gewisse Eigendynamik entwickelte.
Fazit:
„Doctor Who – Der erste Doktor: Am Rande der Vernichtung“ ist ein kleines Abenteuer, wenn auch mit großer Wirkung. Die Doppelfolge kommt ohne Effekte aus und konzentriert sich ganz auf die zentralen Figuren, was den Schauspielern ermöglichst, die Figuren besser auszuloten und das Verhältnis zueinander neu zu gestalten. Das mag nicht actionreich sein, ist aber dennoch spannend und ein gelungener Abschluss der limitierten Box.
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