Elantris von Brandon Sanderson
Rezension von Christel Scheja
Hin und wieder gibt es sie noch – die jungen Autoren, die es schaffen, altvertraute Elemente der Fantasy, so zusammen zu fügen, dass etwas erfrischend anderes als der übliche Einheitsbrei in Stil und Setting entsteht. Noch seltener ist es, dass diese Romane dann auch noch auf den deutschen Markt gelangen – So ein seltener Fall ist „Elantris“ von Brandon Sanderson.
Bis vor zehn Jahren war Elantris ein Ort voll alter und mächtiger Magie, deren Bewohner wahre Wunder wirken konnten und von den Bewohnern Arelons fast wie Götter verehrt wurden. Doch dann änderte sich alles über Nacht. Die Stadt verlor mit einem Mal seinen Glanz, die Bewohner wurden zu Schatten ihrer selbst, armseligen, von Pest gezeichneten Gestalten, die langsam aber sicher dem Wahnsinn verfielen. In einem Zustand zwischen Leben und Tod vegetieren sie dahin, bis sie das Schicksal erlöste.
Doch das war nicht alles. Immer wieder wurden nun auch Bewohner Arelons von der Krankheit gezeichnet, die die Bewohner von Elantris dahin gerafft hatten. Und um diese Schande vor der Welt zu verbergen, wurden die Kranken hinter die Tore der alten Stadt verbannt.
Raoden, der Kronprinz von Arelon ahnt nichts davon, bis er selbst von der Seuche gezeichnet und nach Elantris verbannt wird. Doch kaum hat er den ersten Schock überwunden, steckt er nicht wie die anderen den Kopf in den Sand, sondern wird aktiv. Es gelingt ihm nicht nur, Getreue zu finden, die sich gegen die brutalen Banden wehren, die die Stadt terrorisieren, er beginnt auch nach den Gründen für den Fall der Stadt zu suchen.
Während er damit beschäftigt ist, alte Schriften zu deuten und dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, tut sich auch vor den Toren von Elantris etwas.
Arelon ist in Aufruhr, denn die Priesterschaft eines neuen Glaubens versucht sich das Land untertan zu machen. Sie spinnen nicht nur Intrigen gegen Raodens Vater, sondern versuchen auch die Bevölkerung gegen Elantris aufzuhetzen. Wirklich etwas gegen diese Entwicklungen versucht nur Sarene zu unternehmen, die Prinzessin von Teod, die ihren Ehemann Raoden, niemals kennengelernt hat.
Als Witwe muss sie in Arelon bleiben. Die Aufgaben, die sie in ihrem Trauerjahr zu erfüllen hat, nutzt sie jedoch anders als erwartet und macht sich selbst ein Bild von der alten Stadt und ihren jetzigen Bewohnern. Dabei fasziniert sie vor allem der designierte Anführer. Der „Lebensgeist“ genannte Mann scheint mehr zu wissen und zu tun als er zugibt.
Und so spitzt sich die Lage langsam immer mehr zu. Während es Raoden endlich gelingt, die Umstände von Elantris‘ Fall zu deuten, rüstet die Priesterschaft zu einem brutalen Gegenschlag...
Auch wenn der Anfang etwas zäh wirkt, weil sich Brandon Sanderson fast schon zuviel Zeit lässt, um die Figuren, ihr Umfeld und in das Ausgangsszenario einzuführen, so schlägt das Buch – hat man erst einmal die ersten zweihundert Seiten hinter sich gebracht - doch nach und nach in seinen Bann. Man merkt, dass der Autor die Struktur seiner Geschichte sorgfältig geplant hat. Scheinbar nebensächliche Details werden nach und nach zu wichtigen Mosaiksteinen um das Schicksal von Elantris zu begreifen. Zusammen den Figuren arbeitet sich der Leser langsam vor und weiß nur selten mehr als sie.
Der eigentliche Schwerpunkt der Geschichte sind jedoch weniger die Figuren, als die Magie selbst. Raoden, Sarene und Hrathen bleiben dem Leser trotz des Blick in ihre Gedankenwelt seltsam fern und distanziert. Sie scheinen einen höheren Zweck zu erfüllen, ihr persönliches Schicksal scheint dabei eher zweitrangig zu sein.
Um so faszinierender ist der mystische Überbau, der sich erst nach und nach erschließt. Schon bald merkt man, das Elantris, Arelon und selbst das auf der anderen Seite des Meeres liegende Teod eine untrennbare Einheit bilden. Das Land und die Menschen, bilden die Grundlage für eine mächtige Magie, die nur überleben kann, wenn sie die stillen Eroberer zurück drängen können. Der Kampf um die Macht wird in diesem Roman nicht mit Schwert und Dolch geführt, sondern mit dem Geist und den Gefühlen der Kontrahenten.
Weil nicht grobe Gewalt sondern Glaube und Wissen der Schlüssel zum Erfolg sind, bietet Elantris eine faszinierende Alternative zum sonstigen High-Fantasy Einheitsbrei. Bis auf das etwas langatmige erste Viertel des Romans kann der junge Autor auch stilistisch überzeugen und man darf gespannt sein, welche Werke aus seiner Feder noch kommen werden.
Nach oben