Elbenzorn (Autorin: Susanne Gerdom)
 
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Elbenzorn von Susanne Gerdom

Rezension von Christel Scheja

 

„Tolkiens Geschöpfe“ haben es den deutschen Verlagen angetan. Noch immer reißt die Zahl an Veröffentlichungen nicht ab, in denen Wesen, die früher nur als stumpfsinnige Kreaturen und Monster gehandelt wurden, plötzlich Verstand und Seele erhalten, seien es nun Trolle, Goblins oder gar Orks. Und dazwischen erinnert man sich immer wieder an die Rassen, die das Bild der Fantasy wie keine anderen geprägt haben: Zwerge und Elfen.

Wie gut, dass die deutsche Sprache noch eine Variation des letztgenannten Völkernamens zulassen: Während man hierzulande in Elfen eher geflügelte Naturgeister aus der Folklore sieht, stehen erinnern die Elben oder Alben eher an die unsterblichen Sidhe oder Liosalfar der keltischen und nordischen Tradition, an denen sich auch Tolkien orientierte. Zwar hat sich durch die Fantasy die strikte Trennung dieser Wesen verwischt - aber um die Aufmerksamkeit der Leser zu erringen und sich von den „Elfen“-Romanen abzuheben, wendet man sich nun den „Elben“ zu.

 

Susanne Gerdom, die bereits die „Anida“-Trilogie für Heyne verfasste, ist die „Autorin“ von „Elbenzorn“ und vertritt nun auch erstmals eine etwas „weiblichere“ Sichtweise dieses ätherischen Volkes.

 

Seit langer Zeit leben die Goldenen Elben in Frieden und Harmonie mit der Welt in ihrem waldigen Reich und folgen ihren geheimnisvollen mystischen Wegen im Schoß der Natur. Nichts scheint dieses Glück trüben zu können – bis plötzlich und unerwartet das Grauen über das ätherische Volk herein bricht: Im Sommerpalast geschehen mehrere unerklärliche Morde, die die Elben in Angst und Schrecken versetzen? Wer wagt es in den friedlichen Hallen Blut zu vergießen und warum?

Die junge Elbin Iviidis fasst sich als erste und beginnt mit den Untersuchungen. Dabei zieht sie auch ihre Schwester Rutaaura zu Rate, der sie sonst lieber aus dem Weg geht. Denn diese ist als Findelkind unter den Menschen aufgewachsen und versteht oder lebt daher nicht so viel von dem Selbstverständnis, dass die Elben von den sterblichen Völkern abhebt. Doch nun vermag sie vielleicht Dinge zu sehen, die Iviidis entgehen.

Und richtig: Schon bald kommen die Schwestern einem Geheimnis auf die Spur, das die Grundfesten ihrer Welt erschüttern könnte, weil es die Ältesten von ihnen verschwiegen haben. Könnte es sein, dass die Dunklen Elben, die vor langer Zeit von den Goldenen Elben aus der gemeinsamen Heimat vertrieben wurden, nur weil sie in einigem anders dachten und handelten, nun zurückgekehrt sind und Rache wollen?

Kleine Hinweise und die Beobachtungen des Zwerges Trurre führen sie schließlich auf die richtige Spur und zu einer höchst unangenehmen Wahrheit.

 

Um heute noch einen Elben- oder Elfenroman zu schreiben, der sich etwas von der Masse abhebt, muss man sich schon etwas einfallen lassen, da das Feld bereits großräumig abgegrast und viele Motive und Details bereits mehrfach verwendet wurden. Susanne Gerdom gelingt dies es jedoch diese schwere Aufgabe zu meistern Zwar nutzt sie zunächst die gängigen Klischees aus, die Leser seit der Verfimung der „Herr der Ringe“ Trilogie im Kopf haben: Sie schildert eine zeitlose, von der Mühsal der irdischen Welt gelöste - und dadurch zugegebenermaßen hochnäsige - Gesellschaft, die dann allerdings recht unsanft auf die Erde zurückgeholt wird und erkennen muss, das das grundlegende Problem hausgemacht ist und nicht unbedingt das Wirken finsterer Mächte von außen.

Ihre Heldin Iriidis muss lernen Vorurteile und Vorbehalte gegenüber denen abzulegen, die einen ganz anderen Lebensstil als ihr Volk führen - was vor allem ihre Schwester Rutaaura betrifft - ehe sie wirklich Ergebnisse erzielen kann. Sie macht eine größere Entwicklung als die junge Kriegerin durch, die von vorne herein durch ihre Lebensgeschichte den anderen Rassen freundlich und offen gegenüber steht. Als Menschenfreundin zieht letztere umher und erlebt actionreiche Abenteuer, während Iriidis im Elbenreich die Stellung hält und der Vergangenheit auf die Spur kommt.

Es sind immer wieder kleine Details, die von den üblichen Klischees abweichen und ein anderres Bild auf die Goldenen Elben werfen. Das führt mehrfach zu überraschenden Wendungen, die die Spannung vertiefen und das Buch interessant machen.

Der Roman ist etwas weniger actionreich als andere Bücher über diese Fantasy-Rasse. Die Autorin setzt lieber auf alltägliche Beschreibungen, die für eine atmosphärische Stimmung sorgen, und Interaktion zwischen den Figuren als auf Kampf und Gewalt. Zwar müssen sich auch Rutaaura öfters ihrer Haut erwehren, Brutalität wird aber nur einmal zur Problemlösung genutzt.

 

Wenn man als Leser nicht unbedingt immer nur von epischen Schlachten und blutigen Kämpfen zwischen Gut und Böse erfahren will und auch mit wesentlich weniger zufrieden ist so findet man in „Elbenzorn“ eine kleine aber feine Geschichte, die alle Vorstellungen über die Elben bestätigt, aber immer noch durch kleine Wendungen und überraschende Details spannend zu unterhalten weiß.

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Buch:

Elbenzorn

Autorin: Susanne Gerdom

Taschenbuch, 480 Seiten

Piper, September 2007

Titelbild: Ziv Qual

Karte: Erhard Ringer

 

ISBN 978-3-492-70116-7

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 25.11.2007, zuletzt aktualisiert: 15.04.2024 08:05, 5360