Reihe: The Lone Ranger 1
Rezension von Olaf Kieser
Rezension:
Seit einigen Jahren werden erfolgreich alte Serien wiederbelebt, die mehr oder weniger verdient nicht mehr aktuell sind. Das geschah bisher vorwiegend im Kino. Man denke nur an die „Drei Engel für Charlie“- Filme. Jetzt haben sich Brett Mattews und Sergio Cariello daran gemacht, einer amerikanischen Western-Ikone im Comic neues Leben einzuhauchen, dem Lone Ranger. Seine Blütephase erlebte diese in Deutschland recht unbekannte Figur in der Zeit, als das Radio das Leitmedium war. Doch was erwartet den Leser überhaupt?
Der junge Texas Ranger John Raid verfolgt mit seinem Bruder Dan, seinem Vater und einigen anderen Rangern einen Banditen. Dabei gerät die Gruppe in einen Hinterhalt, den nur John schwer verletzt überlebt. Er wird von dem Indianer Tonto gefunden, der sich des jungen Mannes annimmt. Von seinen Verletzungen genesen macht John sich auf, um Vergeltung zu üben. Er entdeckt, dass hinter den Hinterhalt der Industrielle Butch Cavendish steckt. Cavendish treibt rücksichtslos den Bau der Eisenbahn voran, um sich mit der Bahnanbindung von Texas einen Namen zu machen. Er will seine neue Beliebtheit als Grundlage für eine politische Karriere nutzen. Derweil erkennt John, dass er nicht Rache sondern Gerechtigkeit üben will, wie er es von seinem Vater gelernt hat. Zusammen mit Tonto bereitet er sich auf seine Mission vor. Unser Held kommt zu dem Schluss, dass eine charakteristische und unverwechselbare Kleidung bei der Schurkenjagd von Vorteil ist, hinterlässt sie doch einen nachhaltigen Eindruck und erschafft eine Aura des Mysteriösen. John erwirbt ein temperamentvolles, weißes Pferd, das er Silver tauft. Silberne Patronen und eine schwarze Maske samt Ranger-Kleidung vervollständigen sein neuen Stil. So ausgestattet macht sich John mit seinem Freund Tonto auf, Furcht in die Herzen der Schurken des Wilden Westens zu tragen.
Matthews und Cariello beginnen ihre Geschichte ganz konventionell am Anfang. Beim Radio-Ranger erfuhr der Hörer erst später von der Entstehungsgeschichte der Figur. Man wird also im Comic Zeuge, wie John Raid zum Lone Ranger wird. Im Laufe des ersten Bandes erhält die Hauptfigur all jene Attribute, die ihn unverwechselbar machen, seinen indianischen Begleiter bzw. Sidekick Tonto, das weiße Pferd mit dem Namen Silver, die silbernen Patronen und natürlich die schwarze Maske. Das wird alles brav abgehandelt und bietet eher wenige Überraschungseffekte. Interessant wird die Sache jedoch dadurch wenn man bedenkt, dass die Figur des Lone Ranger aus den frühen 30er Jahren des 20. Jahrhunderts stammt und damit älter als die ersten Superhelden ist, wie z.B. Batman und Superman. Der historische Ranger nahm hier einige Elemente dieses Comicgenres vorweg. Der für das Gute kämpfende maskierte (einsame) Held, besondere Waffen etc.. Matthews liefert keine Neuinterpretation des Lone Ranger, er greift aber all die typischen Merkmale dieser Figur auf. Natürlich gibt es einige Zugeständnisse an die moderne Leserschaft und deren Lesegewohnheiten. So flucht der Ranger ab und zu. Im Original war er ein Quell der Tugend. So trank er keinen Alkohol usw.. Die Geschichte ist von mittelmäßiger Spannung, bekommt man doch das Gefühl, dass hier Pflichtstationen abgehackt werden. Gelegentlich ist die Charakterentwicklung und der Fortgang der Ereignisse sogar etwas holperig bzw. sprunghaft geraten. So bleibt einiges unklar, die Figuren sind eher Typen und besitzen kaum charakterliche Tiefe. Warum werden die Ranger ermordet? Was treibt Tonto an, John zu helfen? Auch ist die innere Entwicklung von John an einigen Stellen ein wenig plötzlich. Das mag daran liegen, dass der Lone Ranger eine Verkörperung des in der amerikanischen Kultur so hoch gelobten Einzelkämpfers ist. Es handelt sich um einen Mythos, und dieser wird nicht hinterfragt. Er wird eher zelebriert.
Zeichnerisch ist „The Lone Ranger“ solide und besitzt in guten Momenten eine gewisse Atmosphäre. Wirklichen herausragendes findet man jedoch eher nicht. Immer wieder finden sich Panels, in denen Figuren im Gegenlicht vor Sonnenuntergängen oder Sonnenaufgängen zu sehen sind, was zu diesem Genre gehört. Der Killer Bartholomew wirkt bedrohlich und viele seiner Szenen sind richtig bedrohlich. Seine Szenen stellen somit gewissermaßen Höhepunkte dar. Ein zeichnerisches Highlight soll aber erwähnt werden. Es handelt sich um ein aufwendiges Bild, in dem Cavendish sich mit einem seiner Angestelten spricht. Im Hintergrund sieht man das Zusammentreffen von zwei Eisenbahntrupps, die den Anschluss ihrer Schienenstränge hergestellt haben und dies aufwendig feiern. Hier hat sich Cariello eindeutig an historischen Aufnahmen orientiert. Die Figuren sehen vom Körperbau oft zu sehr nach Superheld aus. Auch gibt es oft Panels in denen es kaum oder keine Hintergründe zu finden sind. Der großartige John Cassady, mit dem der Band beworben wird, (Planetary, Astonishing X-Men) steuerte lediglich einige Coverillustrationen bei, die alle in dem Comic zu finden sind.
Besser als die Geschichte und die Zeichnungen ist aber das Bonusmaterial. So gibt es viele Skizzen und Zeichnungen von Cariello und Casaday. Auf zwei Seiten finden sich allerlei wissenswerte Informationen zu der Welt des Lone Ranger. Besonders informativ und interessant ist die mehr als elf Seiten umfassende Geschichte des Lone Ranger. Man kann seinen Weg vom Radiohelden bis hin zum Aufstieg einer Kult-Figur der amerikanischen Massenkultur verfolgen. Auch erfährt man, dass die Figur als Vorbild für jugendliche Fans konzipiert wurde und die Schöpfer strenge Statuten festlegten.
Fazit:
Insgesamt bietet der erste Band von „The Lone Ranger“ insgesamt leider nur durchschnittliche Western-Unterhaltung. Das Bonusmaterial ist dagegen herausragend und bietet viele informative Einblicke in die Entstehung der Figur des Lone Ranger. Es darf aber bezweifelt werden, ob das der Startschuss für eine erfolgreiche Wiederbelebung ist.