Gantz – Collectors Edition
Rezension von Christel Scheja
Nipponart legt offensichtlich die Filme und Serien noch einmal neu auf, die bereits bei OVA erfolgreich war. Auch „Gantz“ gehört dazu, eine 26-teilige Animeserie aus dem Jahr 2004, die bereits 2007 schon einmal in einer deutschen Synchronisation zu bekommen war, nachdem sie 2006 von MTV ausgestrahlt wurde. In der neuen „Collectors Edition“ gibt es ein informatives Booklet und drei Postkarten mit den Hauptfiguren.
Kei Kurono ist ein illusionsloser Oberschüler, der auch nicht so ganz mit seinen Hormonen zurecht kommt, denn er bekommt immer wieder Visionen, in denen er sich Lehrerin und Mitschülerinnen nackt vorstellt, was zu peinlichen Situationen führt. Nachdem wieder einmal eine solche eintrat und ihn zum Gespött der Klasse machte, will er nur noch in Ruhe gelassen werden und kauft sich auf dem Nachhauseweg am Bahnhof ein Erotik-Magazin, um sich später abzureagieren.
Doch dann geschieht etwas, was sein ganzes Leben auf den Kopf stellt, denn er trifft nicht nur Masaru Kato wieder, den er aus der Grundschule kennt und mit dem er damals eng befreundet war, dieser bringt ihn auch noch dazu, einen Obdachlosen zu retten, der auf die Gleise stürzt. Das gelingt, aber die beiden Jungs kommen nicht mehr rechtzeitig auf den Bahnsteig zurück und so ums Leben – das glauben sie zumindest.
Denn statt im Himmel oder der Hölle finden sie sich in einem Raum in einem ansonsten leerstehenden Appartement im Tokyo Tower wieder, in dem noch andere Männer und Frauen sind, die kürzlich starben. Und dann ist da noch eine seltsame schwarze Kugel, auf deren Oberfläche immer wieder Anweisungen erscheinen
Zusammen mit ihren Schicksalsgenossen werden sie schon bald die unfreiwilligen Teilnehmer eines perfiden Spiels, in dem sie in einer bestimmten Zeit in einem abgeschirmten Areal Außerirdische erledigen sollen.
Wer auch immer während der Jagd zu entkommen versucht, stirbt, so dass sie keine andere Wahl haben als mitzumachen. Zur Verfügung gestellt werden ihnen Waffen mit Zeitverzögerung und besondere Anzüge, die sie beim Kampf unterstützen.
Kei und Masaru finden zwar schnell wieder als Team zueinander, doch schon bald wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, denn schon bald tritt die hübsche Kei Kishimoto in ihr Leben, die sich in den ernsten Masaru verliebt, aber doch mehr von dem liebestollen Kei begehrt wird, weil sie ganz in sein Beuteschema passt.
Natürlich ist die Animeserie nicht ganz so komplex wie der 37-bändige Manga und findet auch ein anderes Ende, da die Animeserie lange vor dem letzten Comicband abgeschlossen wurde, aber sie hält sich sowohl künstlerisch als auch inhaltlich zumindest am Anfang und während der ersten Mission weitestgehend an die Originalgeschichte und löst sich erst mit der Zeit von deren Inhalt, um eine eigene Handlung in Angriff zu nehmen, die aber genau so in sich stimmig ist, wie man in den letzten Folgen merkt.
Anders als viele andere Shonen-Animes steht hier nicht nur die Action im Vordergrund. Schon die ersten Folgen nehmen sich Zeit, die Personen und ihre Hintergrundgeschichte genauer vorzustellen. So erfährt man nicht nur mehr über Kei und Masaru oder das Mädchen, das schon bald zwischen ihnen steht, auch die Nebenfiguren werden immer wieder beleuchtet, auch wenn sie teilweise recht schnell ein grausames Ende nehmen. Doch sie sind nicht nur Namen und blasse Gesichter, sondern Menschen mit einer Vorgeschichte, die erklärt, warum sie eigentlich so wurden, wie sie sind und was manche dazu getrieben hat, sich ihr Leben zu nehmen.
Denn eines ist in „Gantz“ leider immer allgegenwärtig: Der Tod. Alle, die an dem Spiel teilnehmen haben zunächst einmal ihr Leben verloren, sei es durch eigene Hand oder durch ein Unglück. Und jetzt sind sie nicht wirklich gerettet worden.
Zwar kommen in jeder Spielrunde Menschen mit dem Leben davon und können eine Weile ihrem normalen Leben nachgehen, so als sei nichts geschehen, aber wenn die schwarze Kugel in dem Appartement sie ruft, dann müssen sie kommen, egal ob sie wollen oder nicht. Es sei denn, sie haben genug Punkte, um auszuscheiden und wieder in ihr normales Dasein zurückzukehren, wenngleich sie sich danach an nichts mehr erinnern können.
Gantz bestimmt zudem den Ort, die Dauer und den Verlauf der Runde, sowie die Vergabe der Waffen und die Art der Gegner.
Diese wirken nur am Anfang harmlos und schwach, haben es aber tatsächlich in sich, egal ob sie nun bevorzugt Lauch verzehren oder Roboter sind. Auch durch deren Verhalten schimmert immer wieder durch, dass die Aliens durchaus keine Monster sind, sondern ebenfalls ihre Gründe haben, hier und nirgendwo anders zu leben.
Deshalb kommt die Geschichte nur langsam voran. Denn nicht in jeder Folge gibt es einen neuen Auftrag oder Action, manche der Jagden ziehen sich über vier bis fünf Episoden dahin, konzentrieren sich auf die Dynamik der Gruppe und nicht auf die Fähigkeiten und Waffen, die sie in die Hände gelegt bekommen.
Dabei benutzt die Serie natürlich auch klassische Archetypen wie die hübsche und hilflose Heldin, die sich immer wieder retten lassen muss, weil sie sich nicht traut, anzugreifen, den Helden, der eigentlich recht mutig ist, seine Fähigkeiten aber nach Jahren der Unsicherheit wiederfinden muss, und dessen Freund, der gleichzeitig seelische Stütze und moralische Instanz wird.
Über all dem liegt eine düstere, wenig hoffnungsvolle Atmosphäre. Interessanterweise ist Kei anfangs nicht unbedingt der Stärkste der Gefährten, lernt aber im Verlauf der Geschichte, für seine Freunde und Schicksalsgenossen einzustehen. Ausgerechnet Masaru, der ihn immer wieder für seinen Mut bewundert ist derjenige, der zum Fels in der Brandung wird, hat er doch auch in seinem normalen Leben nichts zu lachen.
Bei aller Charakterentwicklung wird aber auch die Action nicht vergessen. Diese äußert sich in oft nicht gerade gewaltfreien Übergriffen und brutalen Konfrontationen. Die Altersfreigabe von 16 ist durchaus gerecht fertig, da immer wieder Köpfe zerplatzen oder aber Blut durch die Gegend spritzt. Ein paar Sex-Szenen garnieren das ganze Drama um auch noch einem anderen unterschwelligen Thema gerecht zu werden, hat der Held doch noch ein anderes Problem.
Alles in allem bietet die Serie durchaus gehobene Unterhaltung für den Anime-Fan, der es gerne etwas brutaler und düsterer mag, auch wenn die Science-Fiction-Elemente genau so wie die Intention von Gantz weitestgehend ungeklärt bleiben. Immerhin legen die Macher sehr viel Wert auf die facettenreiche Zeichnung der Charaktere, so dass man als Zuschauer eher Anteil an ihrem Schicksal nimmt. Allein mit dem Ende könnte man als westlicher Fan etwas unzufrieden sein, aber auch dieses ist konsequent und passt inhaltlich wie formal zum Rest der Serie.
Bild und Ton sind dem Alter der Serie angemessen. Eine Tonspur ist gegenüber dem Original sogar aufgehübscht. An Extras gibt es nicht nur Postkarten und ein Booklet, auch auf den DVDs verteilen sich ein Making-of, Interviews mit den Machern und verschiedene andere Kleinigkeiten, so dass der Fan nicht über zu wenig Bonusmaterial klagen kann.
Fazit:
„Gantz“ ist eine intelligent gemachte Science-Fiction-Animeserie, die mehr als nur Horror mit ordentlichen Schockeffekten und manchmal recht brutale Actionmomente bietet, denn anders als viele ähnliche Titel nehmen sich die Macher auch Zeit, die Figuren und ihre Interaktion miteinander zu beleuchten, immer wieder moralische Fragen in den Raum zu werfen und deutlich zu machen, dass es oft nicht einmal einen Alien braucht, um eine Gruppe zu entzweien und Konflikte zu schaffen. Das sorgt für genug Abwechslung in der Handlung, so dass die Spannung niemals zurückgeht. Ein weiterer Vorteil ist, dass es die Serie durch die „Collectors Edition“ gleich als Komplettpaket gibt, das zudem noch in einem schön gestalteten Digipack mit ansprechendem Bonusmaterial erhältlich ist.
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