Reihe: Y: The Last Man (Bd. 6)
Rezension von Martina Klein
"Amüsant und furchterregend - absolut glaubwürdige Gesellschaftskritik. Note 1+." urteilt "The Washington Post" über die insgesamt 10-teilige Comic-Reihe "Y: The Last Man", wie man stolz bereits auf der Titelseite zitiert. Nicht umsonst hat der Autor Brian K. Vaughan - wie die Zeichnerin Pia Guerra bereits mehrfach ausgezeichnet - dafür den begehrten Eisner Award erhalten.
Dieser sechste Teil mit dem vielversprechenden Titel "Girl on Girl" beginnt nun mit einer wirklich ausführlichen Zusammenfassung darüber, was bisher alles passiert ist, die es auch demjenigen, der die vorangegangenen Bücher nicht kennt, ermöglicht, noch in die Handlung einzusteigen.
Nochmals hinten auf dem Buch kurz zusammen gefasst, ist das Folgendes:
"Mehr als zwei Jahre sind vergangen, seit eine unbekannte Seuche alle männlichen Säugetiere des Planeten dahingerafft hat. Mit Ausnahme von Yorick Brown, Entfesselungskünstler in spe, und seinem Äffchen Ampersand. Gemeinsam mit der Biochemikerin Dr. Allison Mann und der Regierungs-Agentin 355 reisten sie zu Dr. Manns Labor in San Francisco, wo es dieser gelang, den Grund für die Immunität der beiden zu ermitteln.
Unglücklicherweise liegt dieser Grund in Ampersands Körper verborgen, und der kleine Affe wurde zu allem Überfluss von einer geheimnisvollen japanischen Söldnerin entführt. Yorick, Dr. Mann und 355 müssen sich nun erneut auf eine riskante Reise begeben. Sie nehmen Ampersands Spur auf, die quer über den Pazifik verläuft. Und der erweist sich als ziemlich gefährlich, sowohl über als auch unter der Wasseroberfläche."
Ergänzt wird das Ganze noch im Buch selbst:
"... Die Spur führt nach Yokogata in Japan, einer kleinen Stadt, in der auch Dr. Manns Mutter lebt. Hero (Yoricks Schwester), die inzwischen ebenfalls San Francisco erreicht hat, wird mit den letzten Proben von Ampersands Fäkalien (die allem Anschein nach die Lösung des Rätsels enthalten...) zurück zum Bunker in Kansas (wo ebenfalls nach der Ursache für die geheimnisvolle Seuche geforscht wird) geschickt, während Yorick, Allison und 355 in San Diego auf einem Schiff anheuern, um Ampersands Spur zu verfolgen."
Nun sind sie also per Schiff auf dem Weg nach Japan. Yorick Brown, treffenderweise benannt nach einem Hofnarr in Shakespeares Hamlet, reist zunächst als blinder Passagier auf der „Whale“ - und fliegt natürlich dank seiner mangelnden Begabung für solche Situationen wieder sofort auf. Schnell jedoch freundet er sich mit der Kapitänin Kilina an, worauf seine Begleiterinnen, also Dr. Mann und Agentin 355, mehr als misstrauisch reagieren.
Doch auch Yorick fühlt sich betrogen, als er Dr. Mann und 355 in einer verfänglichen Situation erwischt: In ihrer Verzweiflung wenden sich nämlich immer mehr liebes- oder besser gesagt sexhungrige Frauen – mangels Alternativen! – dem gleichen Geschlecht zu... – und so eben auch Yoricks zwei Begleiterinnen, was den naiven Yorick sehr schockiert!
Der letzte Mann beginnt zunehmend, die anderen Männer zu vermissen – beinahe schon mehr, als die Frauen es tun! – insbesondere seine damaligen besten Freunde, allesamt männlich und jetzt tot. Er kommt in einer Welt, die – außer ihm! – nur aus Frauen besteht, einfach nicht so recht klar.
Währenddessen kommen auch Dr. Mann und Agentin 355 mit ihren neuen Gefühlen füreinander nicht klar. Zwar war Allison Mann schon vor der großen Katastrophe lesbisch, doch für die eigentlich heterosexuelle 355, die heimlich in Yorick verliebt ist, ist das Ganze nicht so einfach, was wiederum für Allison zum Problem wird. Also sind alle auf ihre eigene Art irgendwie ziemlich einsam...
Auf dem Schiff geht es währenddessen äußerst gewalttätig zu. Zunächst glaubt man sich einem Angriff durch Piratinnen ausgesetzt. Jedoch ist die Wahrheit noch viel schlimmer...: Es scheint nur so von Piratinnen zu wimmeln in der unruhigen See, die es in ihrem australischen U-Boot auf die Fracht des ehemaligen Kreuzfahrtschiffes "Whale" abgesehen zu haben scheinen: angeblich Hilfslieferungen wie Nahrungsmittel und Medikamente. Doch das ist nur eine Tarnung! In Wirklichkeit befinden sich im Frachtraum der "Whale" sechs Tonnen reines Heroin! "Es war klar, dass es eine Nachfrage für alles geben würde, was hilft, einer Welt zu entkommen, die am Abgrund steht, oder?" - Und die "Piratinnen" wollen eigentlich nur diesen illegalen Drogenhandel unterbinden!
Das stürzt Dr. Mann, die es als erstes herausbekommt, und die anderen natürlich in schlimme Gewissenskonflikte! Wem sollen sie glauben? Gut und Böse liegen in dieser verrückten Welt immer ziemlich nahe beieinander! Noch dazu hat Yorick damit begonnen, sich in die schöne Kapitänin Kilina zu verlieben!
Als die "Piratinnen" das Schiff erreichen, kommt es zu Kampf. Yorick und seine Begleiterinnen müssen sich für eine Seite entscheiden und wenden sich schließlich gegen die Crew der "Whale", die vermittels Torpedos versenkt wird.
Doch zum Glück bleibt Yorick als letzter Mann auch weiterhin am Leben! Soviel Glück hat Kilina, in die Yorick trotz allem - auch trotz seiner Verlobten Beth! - immer noch verliebt ist, leider nicht...
Schnitt - Wir erleben einen wirren Traum von Beth, in dem unter anderem ihre und Yoricks gemeinsame Geschichte erzählt wird. Beth ist immer noch im australischen Outback, wo sie mit ein paar Kommilitonen an einem gemeinsamen Studienprojekt gearbeitet hat, als die Seuche kam. Sie weiß natürlich immer noch nicht, dass Yorick noch am Leben ist! Jedoch beginnt sie am Ende dieses sechsten Teils der Geschichte, es zu ahnen...
Dieses wirklich außerordentliche Szenario erinnert in seinem ausgeklügeltem Ablauf mehr an einen Roman als an einen Comic. Die Geschichte ist sehr spannend und steckt voller überraschender Wendungen. Dabei geht es nicht nur um die rein pragmatischen Probleme, die so ein "Wegfall" der gesamten männlichen Bevölkerung nach sich ziehen würde. Auch die philosophischen Konsequenzen werden ausführlich und von allen Seiten beleuchtet.
Dazu passend ist die Grafik sehr klar und konturiert, wodurch der Comic mehr wie ein Spielfilm wirkt - mit einer bisweilen sehr ausdrucksstarken "Kameraführung".
Fazit:
"Y: The Last Man" ist wirklich nur wärmstens zu empfehlen - wobei ausdrücklich gesagt werden sollte, dass dieser Comic nichts für Kinder ist! Dazu ist die Geschichte viel zu anspruchsvoll, auch wenn der Humor ebenfalls nicht zu kurz kommt.