Great Expectations – Große Erwartungen (DVD; TV-Serie; FSK 12)
 
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Great Expectations – Große Erwartungen

Rezension von Christel Scheja

 

Charles Dickens (1812-1870) gehört wohl zu den bedeutendsten britischen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts und hat sich mit Romanen und Novellen wie „Oliver Twist“ und „David Copperfield“ oder „Eine Weihnachtsgeschichte“ in das Gedächtnis des westlichen Kulturkreises geschrieben. Der aus einfachen Verhältnissen stammende Autor wusste worüber er schrieb, es war ihm aber auch wichtig, die kritischen Betrachtungen der Gesellschaft im Zeitalter der Industriellen Revolution nicht moralinsauer, sondern in anrührende Geschichten zu verpacken. Der Erfolg gab ihm recht. Gerade die Konzentration auf einzelne Schicksale fesselte und bewegte die Leser.

 

Zu den Werken, die einen Einblick in die Welt in der Mitte des 19. Jahrhunderts geben, gehört auch „Great Expectations – Große Erwartungen“, das im Jahr 2011 nicht nur in einen Kinofilm, sondern auch in einen Kinodreiteiler der BBC umgesetzt wurde.

 

Im Mittelpunkt steht der Waisenjunge Pip, der nach dem Tod der Eltern von seiner Schwester und deren Mann, dem eher einfach gestrickten Hufschmied Joe Gargery, aufgezogen wird. Der Junge führt ein hartes und einfaches Leben, aber seine Zieheltern mögen ihn auch und behandeln ihn nicht nur wie ein lästiges Anhängsel. Damit bewahrt sich Pip seine Menschlichkeit, die zum Tragen kommt, als er dem entflohenen Sträfling Abel Magwitch hilft, ohne zu ahnen, dass dieser Vorfall sein Leben ändern wird.

Zunächst aber lädt ihn die kauzige Lady Havisham ein, ihrer Tochter Estella Gesellschaft zu leisten, da sonst niemand in ihrem Alter in der Nähe lebt. Der Junge folgt der Einladung trotz der Warnungen seiner Umgebung und stellt bald fest, dass die seltsame Adlige nur deshalb so ist, weil sie sich einsam fühlt und etwas verloren zu haben scheint. Es sieht auch fast so aus, als sei eher sie an ihm interessiert, als ihre Tochter, die Pip herablassend und arrogant behandelt. Dennoch bekommt er einen Einblick in eine bessere Welt, was Erwartungen, Hoffnungen und Träume in ihm weckt. Nun ist es nicht mehr ganz so klar, dass er seinem Ziehvater in der Schmiede nachfolgen wird.

Einige Jahre später verändert sich sein Leben erneut. Auf Wunsch eines geheimnisvollen Gönners soll Pip in die Hauptstadt gehen, um dort ein richtiger viktorianischer Gentleman zu werden und dort sein Glück zu machen. Damit könnte er auch der passende Gemahl für Estella werden.

Aus diesem Grund hat Pip auch den Verdacht, dass Miss Havisham hinter der ganzen Sache steckt und versucht bei Besuchen immer wieder herauszufinden, ob sein Verdacht richtig ist. Doch erst am Tag seiner Volljährigkeit wird er sich sicher sein können. Bis dahin aber warten Überraschungen und Schicksalsschläge auf ihn, mit denen er so nicht gerechnet hat und die seine großen Erwartungen mehr als einmal schwer erschüttern...

 

Kalt und grau – so präsentieren sich die Marschlande, in denen der junge Held aufwächst. Das Farbschema lässt die Serie auch in den Szenen nicht mehr los, die in London spielen. Es gibt so gut wie keine warmen Farben, alles ist ein wenig trist, was die Melancholie der Geschichte um so stärker hervorhebt.

Der Klassiker konzentriert sich ganz auf die Menschen und ihre tragischen Schicksale, die spannenden Verwicklungen, die sich jedoch erst in der letzten Folge gänzlich auflösen und die Liebesgeschichte, die eigentlich keine ist.

Im Mittelpunkt steht der Waisenjunge, der eigentlich erst gar keine Vorstellungen von seinem zukünftigen Leben hat, in dem dann aber Erwartungen geweckt werden, die unerfüllbar scheinen. Dementsprechend vorsichtig ist er zunächst auch, als er sich als junger Gentleman in London bewähren soll.

Triebfeder bei all dem ist seine stille Liebe zu Estella, die allerdings von ihrer Adoptivmutter dazu erzogen wurde, Gefühlen zu entsagen, damit sie nicht verletzt werden kann. Denn die einsame Frau, die kurz vor ihrer Heirat sitzen gelassen wurde hat all ihr Leid auf das Mädchen projiziert und glaubt so, sie vor dem Schmerz bewahren zu können, der immer noch in ihr wühlt. Ein interessantes Geflecht aus Beziehungen entsteht, denn am Ende sind auch noch Figuren in die Geschichte verwickelt, den man es gar nicht zugetraut hat, wie etwa der entflohene Sträfling oder aber der Anwalt, der Pips Vermögen verwaltet.

Zudem bekommt der Zuschauer das Leben der damaligen Zeit vor Augen geführt, den Wert, den auch das Leben von Kindern noch hatte, und die Kälte, die zwischen den Menschen herrschte. Standesdünkel und Verachtung gegenüber denen, die tief gefallen sind, Häme scheinen die einzigen Regungen zu sein, die man den anderen zeigt. Doch gerade im Verlauf der Geschichte enthüllen sich die anderen Facetten der Figuren auf sehr lebendige Weise. Jede Figur wird lebendig und passend verkörpert, so dass man schnell Sympathien oder Misstrauen entwickelt. Alles in allem mag zwar von der Action her nicht viel passieren, die Spannung wird aber durch die vielen Rätsel aufrecht erhalten, die die Geschichte beherrschen und sich erst am Ende auflösen.

Dieses ist stimmungsvoll genug, um sich wohl zu fühlen, auch wenn die Tragik der Figuren vorherrschend ist.

Die DVD wird in einem ansprechenden Digipack präsentiert, als Extras gibt es Postkarten mit Szenenfotos im viktorianischen Stil und ein sehr informatives Booklet, das nicht nur auf den Autor des Originals und die Geschichte, sondern auch auf die Verfilmungen und Darsteller eingeht. Bild und Ton sind ausgezeichnet, geben die Farben und die Stimmung für Augen und Ohren publikumswirksam wieder.

 

Fazit:

 

„Great Expectations – Große Erwartungen“ ist eine vollkommen runde Verfilmung des Romanklassikers in drei Episoden, die an Spannung nichts vermissen lassen und vor allem durch die feine Figurenzeichnung und das atmosphärische Setting punkten können. Auch ohne Action folgt man dem Verlauf der Handlung gespannt bis zum bitteren Ende, in dem sich alle Fäden gekonnt zu einer ansprechenden Auflösung verbinden, die einen zufrieden zurücklässt. Das macht die Miniserie zu einer ansprechenden Verfilmung von Charles Dickens.

 

 

 

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DVD:

Great Expectations – Große Erwartungen

Great Expectations, GB 2011

Regisseur(e): Brian Kirk

Komponist: Martin Phipps

Format: Dolby, PAL, RC 2

Sprache: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0 & 5.1

Untertitel: Deutsch, Englisch

Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1

FSK: Freigegeben ab 12 Jahren

Studio: Polyband/WVG

Erscheinungstermin: 30. November 2012

Spieldauer: 180 Minuten

ASIN: B008CVIT1Q

Erhältlich bei: Amazon

DarstellerInnen:

  • Gillian Anderson

  • Oscar Kennedy

  • Douglas Booth

  • Ray Winstone

  • Izzie Meikle Small

  • Vanessa Kirby

  • David Suchet


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Erstellt: 10.12.2012, zuletzt aktualisiert: 07.02.2024 17:01, 12878