GYO – Der Tod aus dem Meer (Autor: Junji Ito)
 
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GYO – Der Tod aus dem Meer von Junji Ito

Rezension von Matthias Hofmann

 

GYO – Der Tod aus dem Meer ist ein wahres Schmuckstück. Der Band ist schrecklich schön und schön schrecklich zugleich. Carlsen Manga veröffentlichte die gesamte Geschichte als edel aufgemachte »Deluxe Edition« und bereitet damit allen Freunden des 1963 geborenen Mangaka Junji Ito, der für seine beeindruckenden Horror-Manga geliebt wird, ein würdiges Leseerlebnis.

 

Die Zahl seiner Fans nimmt stetig zu. Junji Itos Werk erlebt bereits seit ein paar Jahren eine Art Renaissance in Ländern wie den USA, England oder Frankreich. Erst kürzlich legte Carlsen Manga den fulminanten Dreiteiler Uzumaki erneut auf, ebenso als schmucke Luxusedition im Hardcoverformat. Und nun folgte als deutsche Erstveröffentlichung ein weiterer Horror-Manga-Deluxe von Ito. Besser spät als nie, möchte man meinen, denn »GYO« wurde in Japan von 2001 bis 2002 erstmals veröffentlicht und hat damit fast 20 Jahre auf dem Buckel.

 

Die Story beginnt relativ harmlos mit dem Paar Tadeshi und Kaori, das im Urlaub in Okinawa zum Tauchen geht und in der Nähe eines Schiffswracks seltsame Vorgänge bemerkt. Nur wenig später wird es von einer bizarren Fischkreatur bedroht, die sich auf merkwürdigen Krabbenbeinen fortbewegt.

 

Aber das ist noch der harmlose Teil, denn die Handlung wird zunehmend drastischer, grausliger und verrückter. Hinter den bizarren Vorfällen, die in einer Art Fischinvasion kulminieren, steckt ein gefährliches Bakterium, das von lebenden Körpern Besitz ergreift und ein extrem stinkendes Gas produziert.

 

Nach der Lektüre dürfte sich so mancher wegen all der durchgeknallten Horrorvisonen fragen, ob Junji Ito noch alle Latten am Zaun hat. Jedoch gerät die höchst befremdliche Seinen-Horror-Story fast schon zur Nebensache, denn die detailreichen und teilweise schwer erträglichen Zeichnungen von »Gyo« sind, trotz mitunter extremer Motive, sowohl abstoßend als auch irgendwie schön.

 

»GYO« bietet ein typisches japanisches Endzeitszenario, aber mit einem ungewöhnlichen Twist. Ersetzt man den Bazillus mit einem Virus, und schon hat man einen höchst aktuellen Bezug zu COVID-19, denn auch in dem Manga sorgen die Bakterien für eine Pandemie, welche schließlich die ganze Welt bedroht.

 

Der Comic entfaltet von den ersten Seiten an eine starke Sogwirkung, sodass man ihn nur ungern aus der Hand legt. Itos Spiel mit Urängsten, garniert mit extremen Fischgestank, und verwesenden aquatischen Wirbeltieren, erzeugt in der Tat eine gewisse Art von unbehaglichem Grusel und rechtfertigt das empfohlene Lesealter ab 16 Jahren.

 

Als Bonus gibt es zwei Kurzgeschichten (Der Stützpfeiler, Der Spuk in der Amigara-Spalte), die ihrerseits kurioses Schaudern bereiten und Itos Einflüsse nicht verhehlen. Sein Werk ist direkt geprägt von subtilen und weniger subtilen Mangakas Kazuo Umezu oder Hideshi Hino oder Schriftstellern wie H. P. Lovecraft und Yasutaka Tsutsui.

 

Unterm Strich ist »Gyo« nichts für Hasenfüße, aber wer den etwas anderen Horrorgeschmack hat, kommt voll auf seine Kosten. Für Juni 2021 ist bei Carlsen Manga eine Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel Shiver angekündigt. Und es bleibt zu hoffen, dass weitere Werke von Junji Ito ins Deutsche übersetzt werden.

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Manga:

GYO – Der Tod aus dem Meer

Text und Zeichnungen: Junji Ito

Originaltitel: GYO 1, 2 (2002)

Hardcover, 400 Seiten

Carlsen Manga, 30. Dezember 2020

Übersetzung: Jens Ossa

 

ISBN-10: 3551793611

ISBN-13: 978-3551793614

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 27.01.2021, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 18:50, 19403