Halo Graphic Novel
 
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Halo Graphic Novel

Rezension von Martina Klein

 

„Vier Geschichten aus dem HALO-Universum aus der Feder einiger der größten Talente in der Geschichte des Comics“, heißt es unter anderem vielversprechend auf der Rückseite des Buches.

 

HALO ist ein Xbox-Computerspiel aus dem Hause Bungie und kam 2001 erstmals auf den Markt. Ursprünglich als Echtzeit-Strategiespiel geplant, wurde HALO schließlich als Ego-Shooter umgesetzt. Es geht dabei darum, dass der Spieler in der Rolle des „Master Chief“, eines genetisch manipulierten Supersoldaten, die Welt vor der feindlichen „Allianz“ und einer echt ekligen parasitären Lebensform, genannt die „Flood“, retten soll. Die Menschheit und die Allianz sind Gegner, da die Allianz den gemeinsamen Feind und die allgegenwärtige Bedrohung - die „Flood“ - auf Kosten der gesamten Menschheit bekämpfen will.

 

Und in diesem Universum spielen die vier einzelnen Comic-Geschichten dieses Buches. Erdacht und umgesetzt von den wirklich ganz Großen der Comic-Szene.

 

Die erste Geschichte ist zugleich die längste des Buches, heißt „Die letzte Reise der Infinite Succor“ und stammt von Lee Hammock (Story) und Simon Bisley (Zeichnungen):

 

“Ein Notruf führt den Elite-SpecOps-Commander zu einem Versorgungsschiff der Allianz, das manövrierunfähig am Rande des Threshold-Systems liegt. Als er an Bord des scheinbar verlassenen Agrarschiffes geht, wird schnell deutlich, dass er es nicht mit menschlichen Streitkräften zu tun hat, sondern mit etwas sehr viel Gefährlicherem.“

 

Diese erste der vier Geschichten ist die einzige, die sozusagen aus der Sicht des Feindes, also der Allianz, erzählt wird.

 

Der Elite-SpecOps-Commander der Allianz hat also die Aufgabe, die Infinite Succor, wichtige Stütze der Raumflotte der Allianz, die, wie man ihm fälschlicherweise erzählte, von Menschen geentert wurde, zurückzuerobern. Die Allianz hält die Menschen übrigens für Barbaren...

 

In der Biosphäre an Bord des Agrarschiffes treffen er und seine Leute auf schier riesige blutdurstige Lebewesen - doch es sind keine Menschen... - ... sondern Flood-Monster. Die Allianzler haben so etwas bisher noch (!) nie gesehen! Die Monster sind den erfahrenen Kämpfern der Allianz haushoch überlegen, welche ein Fiasko erleben und dem sicheren Tod nur knapp entkommen können - vorerst...

 

Doch es gibt keinen Ausweg! Nun scheint nur die endgültige Zerstörung der Infinite Succor zu helfen. Das Problem ist nur, dass der Legat, ranghöchstes Mitglied der Allianz an Bord des Schiffes und zudem „Minister für Kausalforschung“ der Allianz, sich nicht genau sicher ist, ob die anderen, also der Commander und seine Leute, nicht bereits auch schon von den Flood „infiziert“ sind. Also bliebe nur die Möglichkeit, dass sie das Schicksal des Schiffes teilen müssten... - worauf der Legat zunächst auch beharrt...

 

Den anderen bleibt nichts weiter übrig, als nun auch noch gegen den Legaten zu kämpfen, um ihr eigenes Leben zu retten. Die Lage an Bord wird immer kritischer...

 

Schließlich gelingt es ihnen aber doch noch, den Legaten davon zu überzeugen, dass sie eben nicht infiziert sind. Man einigt sich und arbeitet nun wieder zusammen. Der Legat klärt sie darüber auf, wer oder besser gesagt was die geheimnisvollen "Flood" eigentlich sind: "Ich sehe, Sie sind mit den alten Schriften nicht vertraut. Das sind die Flood, eine der vielen Prüfungen, die wir bestehen müssen, um die heiligen Ringe zu aktivieren und die große Reise zu beginnen..." Und: "Die Flood infizieren jedes lebende oder tote organische Gewebe, mit dem sie in Kontakt kommen, und kontrollieren es dann. Der Infektionsprozess macht diese Kreaturen zudem äußerst anpassungsfähig. ... Es scheint, als würden sie auch das Wissen der Opfer absorbieren, die sie infizieren."

 

Der Plan ist nun also, alle Allianzler, die noch nicht infiziert sind, sicher von Bord zu bekommen und die Infinite Succor mittels vorher programmiertem Kurs in die nahe Sonne fliegen zu lassen, um sie zu zerstören. - Leichter gesagt, als getan! Mit Granaten sprengen sie sich den Weg zum Maschinenraum frei und richten dabei ein ordentliches Gemetzel an. Das Ganze geht natürlich auch nicht ohne Verluste in den eigenen Reihen ab. Doch am Ende siegt selbstverständlich das Gute (?) - also in diesem Falle die Allianz! Ist wie immer im Leben eben alles eine Frage des Standpunkts!

 

Die zweite Geschichte "Rüstungstest" (von Jay Faerber, Ed Lee und Andrew Robinson) ist etwas kürzer:

 

"Ein Spartaner lebt gefährlich, und seine Rüstung ist die letzte Verteidigungslinie, die ihm bleibt. Sie zu testen, ist daher ein ebenso gefährliches Unternehmen - aber für wen? Für das Versuchsobjekt oder für den Tester?"

 

In dieser Geschichte geht es also, wie der Titel schon vermuten lässt, um den Test einer neuen Rüstung. Wir sind wieder bei den Menschen. In einem lebensgefährlichen Test stürzt sich ein Soldat, nämlich der Spartaner 062, von einem Raumschiff hinaus in die Stratosphäre der Erde.

 

Und da die Rüstung offensichtlich eine verdammt guten Hitzeschild hat, überlebt der Soldat den Sturz tatsächlich unbeschadet. Auch der unmittelbar darauf folgende simulierte Kampf am Boden funktioniert einwandfrei. Doch die Überraschung folgt auf dem Fuße: 062 ist eigentlich eine Frau und heißt Maria! Und eigentlich fand sie das Ganze ziemlich amüsant...

 

Die dritte Geschichte "Ausbruch aus der Quarantäne" (von dem Blame!-Autor Tsutomu Nihei) ist wieder etwas härter:

 

"Sergeant Avery Johnson hat ein Problem. Genauer gesagt Tausende von Problemen, und die meisten davon sind infektiöse Lebensformen der Flood. Gefangen im Inneren eines außerirdischen Artefakts und umzingelt von einem hochinfektiösen Gegner, der lebendes Gewebe braucht, bleiben ihm nur zwei Optionen - zu entkommen oder bei dem Versuch zu sterben."

 

Es geht also um Sergeant Johnsons Flucht vor den bereits erwähnten Flood. Und die verläuft natürlich mal wieder nicht ganz unblutig! Die Flood und die von ihnen bereits infizierten Opfer sehen ekliger aus denn je...

 

Diese Geschichte kommt im Gegensatz zu den drei anderen übrigens gänzlich ohne das gesprochene Wort aus.

 

Ein Kollege von Sgt. Johnson wird infiziert und wendet sich nun als Mutant gegen ihn... Doch am Ende gelingt Johnson natürlich die Flucht...

 

In der vierten und letzten Geschichte "Zweiter Sonnenaufgang über New Mombasa" (erdacht von Brett Lewis und grafisch umgesetzt von dem legendären Jean „Moebius“ Giraud) sind wir wieder auf der Erde:

 

"Bevor es dem Erdboden gleichgemacht wurde, war New Mombasa ein glitzerndes afrikanisches Juwel, eine Drehscheibe für Wirtschaft, Transit und Politik. Und bevor der Angriff der Allianz diese Metropole endgültig auslöschte, setzten sich die Einwohner zur Wehr. Dies ist ihre Geschichte."

 

Die Geschichte spielt also in "New Mombasa", dem Schauplatz eines wirklich schlimmen Angriffs der Flood im HALO-Universum. In den Computergames ist "New Mombasa" eine post-katastrophale Geisterstadt, in dieser Geschichte allerdings steckt sie noch (!) voller Leben!

 

Erzählt wird aus der Sicht eines PR-Mannes, dessen Aufgabe es ist, Nachrichten-Berichte über den noch in der Ferne stattfindenden Krieg gegen die Allianz zu manipulieren und zu fälschen, um die Bevölkerung zu beruhigen und Panik zu vermeiden. Dabei werden Worte wie "Blut" und "Flucht" durch "Opfer" und "taktischer Rückzug" ersetzt. Das Ganze erinnert somit ziemlich an George Orwells "1984" - und ist nur irgendwie "cooler".

 

Und dieser PR-Job wird immer schwieriger! Der Journalist sieht es vorerst noch gelassen: "... Aber warum sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, dass ich half, die Menschen hier auf der Erde zu täuschen? Der Krieg war Hunderte von Lichtjahren entfernt... Und man zahlte mir gutes Geld dafür."

 

Ganz plötzlich beginnt das Inferno! Dazu bemerkt er treffend: "Natürlich wird sich jeder daran erinnern, wo er war, als es losging..." Die Allianz greift die Erde nun direkt an, und der Krieg tobt nicht mehr nur die besagten Hunderte von Lichtjahren entfernt! Und der Angriff gilt aus momentan noch unverständlichen Gründen ausschließlich New Mombasa! Die Menschen fliehen in Panik aus der Stadt. "Dies ist der erste Tag vom Ende der Welt."

 

Neben den Kommentaren der Künstler unmittelbar nach jeder Geschichte gibt es am Ende noch eine Art „Nachwort“, in dem eine Lanze für den Comic als anzuerkennende Kunstform gebrochen wird. Und es folgt noch eine wirklich ausführliche Galerie, in der auch noch andere berühmte Comickünstler zu Wort bzw. an den Zeichenstift kommen, die aus Platzgründen keine ganze Geschichte zu dem Buch beisteuern konnten - teilweise echt sehr beeindruckende Bilder!

 

Wo wir gerade dabei sind: die Grafik:

 

Grafisch ist das Buch natürlich sehr interessant und stilistisch äußerst abwechslungsreich, da die vier Storys jeweils von ganz unterschiedlichen, aber brillanten Künstlern umgesetzt wurden.

 

Die erste Geschichte ist - passend zum Inhalt - ziemlich düster, wobei die Kampfszenen sehr expressiv - will heißen: ausdrucksstark im wahrsten Sinne des Wortes - ausgeführt wurden.

 

Auch das Cover von Phil Hale ist ähnlich und sieht toll aus mit seinen matten und glänzenden Elementen.

 

Die zweite Geschichte ist grafisch völlig anders und wirkt viel klarer mit wesentlich stärker konturierten Zeichnungen, was dem Ganzen mehr Ruhe gibt.

 

Die dritte Geschichte ist dagegen wieder etwas härter – auch grafisch! Auch wirkt hier alles wieder viel dunkler.

 

Die vierte Geschichte von Moebius hat mir - ehrlich gesagt! - grafisch am wenigsten gefallen. Darf man ja eigentlich nicht sagen, wo er doch einen Kultstatus unter den Comic-Künstlern genießt - ist aber leider meine unmaßgebliche Meinung. Die Zeichnungen sind bei weitem nicht so realistisch, und auch die Farben sind viel zu grell.

 

Inhaltlich und auch erzählerisch gefällt mir diese letzte Geschichte jedoch am besten. Wahrscheinlich weil sie vom Erzählstil her am weitesten von dem ursprünglichen Spiel entfernt ist und somit eine wirklich neue Sichtweise auf das HALO-Universum eröffnet. In den anderen drei Geschichten wird - eben wie bei dem zugrundeliegenden Computerspiel, das als Ego-Shooter angelegt ist - mehr oder weniger einfach nur viel geballert.

 

Nichtsdestotrotz ist das Comicbuch wirklich großartig gelungen – nicht zuletzt wegen der tollen Zeichnungen!

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404200245517f69d645
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Comic:

Halo Graphic Novel

Einzelband

Autoren & Zeichner:

„Die letzte Reise der Infinite Succor“:

Lee Hammock, Simon Bisley

"Rüstungstest":

Jay Faerber, Ed Lee und Andrew Robinson

"Ausbruch aus der Quarantäne":

Tsutomu Nihei

"Zweiter Sonnenaufgang über New Mombasa":

Brett Lewis, Jean „Moebius“ Giraud

Verlag: Panini Manga und Comic

Format: Softcover

Sprache: Deutsch

Seitenzahl: 127 Seiten

ISBN-10: 3-86607-480-8

ISBN-13: 978-3-86607-480-4

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 02.12.2007, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 08:14, 5415