Heredium (Grundregelwerk)
 
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Heredium (RPG Grundregelwerk)

Rezension von Bastian Ludwig

 

Die Welt 2200 A. D.

Der Dritte Weltkrieg, Mutationen in Fauna und Flora inklusive einer Epidemie durch ein neues, nur für den Menschen tödliches Gift, Bürgerkrieg zwischen Mutanten mit Psi-Kräften und „Normalen“, neue Waffentechnologien auf Plasma- bzw. Protonenbeschleunigerbasis, Eskalation des Nahostkonflikts. All das und mehr erwartet unseren Planeten in den nächsten 180 Jahren.

Nebenbei schreitet auch die Eroberung des Weltalls voran; allerdings mit unangenehmen Konsequenzen, denn im Jahr 2190 reißt eine Wasserstoffexplosion in einem Fusionskraftwerk, das unsere Kolonien auf dem Mond mit Energie versorgen soll, den Erdtrabanten in Stücke. Als Folge daraus eiert die Erde aus ihrer Bahn, rückt näher an die Sonne, heizt sich auf, wird von Naturkatastrophen erschüttert. Erst nach zehn Jahren hat sie sich wieder beruhigt, doch der Planet ist nicht mehr der, der er zuvor war.

Die Weltordnung, wie wir sie kennen, wurde weggefegt. Es leben nur noch geschätzte 60 Millionen Menschen, die sich in fünf Zivilisationen neu organisiert haben – den Hezekieliten, den Debellatoren, den Raging Bull, der Nordallianz und Temora –, die ein breites Spektrum verschiedener technologischer Entwicklungslevel, politischer Systeme, Religionen und Ideologien und geographischer Lebensräume abdecken, wie es sich für ein umfassendes Rollenspielsystem gehört, bei dem sich jede Spielgruppe das für sie passende Setting heraussuchen darf. Wer sich keiner der großen Fünf angeschlossen hat, wird als umherwandernder Nomade oder auch als sesshafter Utopist bezeichnet.

Die Überlebenden sehen sich einer feindlichen Umwelt gegenüber, denn die nach ihrem Entdecker benannte Naoh-Mutation, hat nicht nur eine neue Subspezies des Menschen, die psi-begabten Debellatoren, erschaffen, sondern auch die gesamte Natur zu einer gefährlichen, für den Menschen oft lebensbedrohlichen Umgebung gemacht.

 

Inhalt)

Das Grundregelwerk von Heredium enthält alle Informationen, die Spieler und Spielleiter für ihre Reise in die Postapokalypse benötigen.

Die Geschichte der Welt von Heredium und die Zivilisationen sowie die geographischen Gegebenheiten nach dem sogenannten Mondfall werden beschrieben. Kapitel mit der Charaktererschaffung und den grundlegenden Spiel- und Kampfregeln fehlen natürlich auch nicht. Es folgen eine Darstellung der Sonderfähigkeiten wie etwa Psi-Kräfte, ein Katalog mit Ausrüstungsgegenständen und Waffen, ein Kapitel mit (gegnerischen) Lebewesen und NPC-Archetypen, die auch von Spielern übernommen werden können, ein Leitfaden mit Tipps größtenteils für den Spielleiter und zum Abschluss das Einstiegsabenteuer Mondsplitter.

Wie für solche Regelkompendien üblich, gehen die Informationen naturgemäß eher in die Breite als in die Tiefe, aber die Regeln sind relativ kurz gehalten, so dass der Welt von Heredium genügend Platz gewidmet wird, um dem Leser einen umfassenden Überblick zu verschaffen.

 

Die Regeln)

Insgesamt lässt sich das Regelbauwerk als klassisch bezeichnen. Primäre Attribute wie Kraft, Intelligenz oder Ausstrahlung und daraus abgeleitete Sekundäre Attribute, z. B. Lebenspunkte (hier unterteilt in Vitalität und Substanz) und Ähnliches, stellen die angeborenen Fähigkeiten des Charakters dar, Fertigkeiten die erlernten.

Das Fertigkeitenrepertoire ist mit insgesamt 29 Einträgen recht überschaubar. Entsprechend allgemein sind sie dann auch gehalten (bspw. Naturwissenschaft oder Heimlichkeit für alles, was mit Schleichen, Verstecken oder Tarnen zu tun hat), wobei manche der Fertigkeiten vom Spieler genauer definiert werden müssen, wenn er sie auswählt. Dieses Fertigkeitensystem fördert die Erstellung von Allroundern. Spieler, die ihre Charaktere gerne bis ins Detail individualisieren und spezifizieren, müssen mit genauen Beschreibungen und Einschränkungen ihrer Fertigkeiten arbeiten.

Während sich Fertigkeiten mit der Zeit steigern lassen, sind Vor- bzw. Nachteile feste Eigenschaften des Charakters, die sich auf andere Werte auswirken. Sie sind deutlich zahlreicher als die Fertigkeiten und bieten zusätzliche Möglichkeiten, den eigenen Charakter auszugestalten.

Ein Spagat zwischen harten und weichen Regeln wird durch den sogenannten Aspekt geschlagen. Der Aspekt bezeichnet das grundlegende Persönlichkeitsmuster eines Charakters, sein Weltbild, seine alles andere dominierende Sicht auf die Dinge. Er kann beispielsweise die Ausprägungen Rationalität oder auch Idealismus haben. Auf Seiten der weichen Regeln bietet der Aspekt dem Spieler eine Leitlinie für die Gestaltung und das Ausspielen der Figur. In harten Werten spiegelt er sich durch die Aspektpunkte wieder. Genutzt werden können Aspektpunkte zum einen für Sonderfähigkeiten, z. B. den Einsatz von Psi-Kräften, zum anderen können sie aber auch verwendet werden, um etwa bei Proben Würfelergebnisse zu beeinflussen. Entsprechend selten und wertvoll sind sie. Da die Punkte durch aspektgerechte Handlungen zurückgewonnen werden können, sind sie für die Spieler eine Motivation, gutes Rollenspiel zu präsentieren.

 

Heredium basiert auf einem reinen W6-System nach klassischem Muster: Aus Würfelwurf, Fertigkeitswerten und diversen Boni und Mali wird für jede Probe und jeden Angriff ein Wert errechnet, der dann mit einem sogenannten Zielwert, der die Schwierigkeit der Probe angibt, im Falle eines Angriffs z. B. den Verteidigungswert des Angegriffenen, verglichen wird.

Alles in Allem liegt der Schwerpunkt des Systems eher auf den weichen als auf den harten Regeln. Dies zeigt sich schon daran, dass das Kapitel, in welchem die Kernregeln samt der kompletten Charaktererschaffung aufgeführt sind, gerade einmal 30 Seiten lang ist.

 

Aufmachung)

Heredium kommt in einem dicken Hardcover-Band mit 418 Seiten daher. Der schwarze Einband mit dem Piktogramm des – wenn ich das richtig verstehe – brennenden Mondes sieht zwar sehr schick aus, ist aber leider unglaublich anfällig für Abrieb und sieht schon nach Kurzem abgegriffen aus. Ansonsten ist an der Materialqualität aber nichts auszusetzen: gutes Papier, stabile Bindung, zwei Lesebändchen.

Mit Ausnahme der Umschlaginnenseiten ist das ganze Regelwerk in Schwarzweiß gehalten. Das Layout ist zwar schlicht, aber locker und gut lesbar, zahlreiche Bleistift- und Kohlezeichnungen vermitteln einen Blick in die Welt von Heredium ohne dass der Band zum Bilderbuch verkommt.

Da auf jeder Seite das Kapitel vermerkt ist, in dem man gerade liest, findet man sich schnell zurecht. Dabei hilft auch das ausführliche Register, wobei die einzelnen Einträge leider nicht auf alle für das Stichwort relevanten Seiten verweisen. Richtig praktisch, gerade auch für den Spielleiter, ist ein umfangreicher Anhang mit zahlreichen Wertetabellen für einen raschen Überblick während des Spiels.

 

Fazit)

Heredium macht einen sehr guten Eindruck gerade für Rollenspieler, die weniger Wert auf harte Regeln als auf eine atmosphärische Spielwelt legen. Die Regeln selbst sind so schlicht gehalten, dass auch Einsteiger sie nach einer kurzen Einarbeitung verstehen, und wer schon andere Rollenspielsysteme kennt, wird nach dem ersten Lesen das meiste verinnerlicht haben. Die Welt wirkt aufregend und motivierend und macht trotz ihrer Vielfältigkeit einen etwas geschlosseneren Eindruck als beispielsweise das ähnlich gelagerte Rollenspiel Frostzone.

Wem also ein postapokalyptisches Setting mit Science-Fiction-Elementen gefällt, der kann ruhig einen Abstecher in die Welt von Heredium machen.

 

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Grundregelwerk:

Heredium

Autor: Andreas Schnell

Hardcover, deutsch

418 Seiten

13 Mann Verlag

erschienen 10/2008

ISBN-10: 3981171896

ISBN-13: 978-3981171891

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 05.12.2010, zuletzt aktualisiert: 28.04.2023 13:18, 11344