Reihe: Marvel Monster Edition Bd.13
Rezension von Jörg Pacher
Es war das US-Comicereignis des letzten Jahres. Es war (mal wieder) ein Crossover, dass keinen Stein auf dem anderen lassen sollte. Während die Hauptereignisse in einer vierteiligen Mini-Serie hierzulande publiziert werden, lässt Panini die zweite Reihe dieses ‚Events’ in einer Marvel-Monster-Edition auf uns los. Das 228seitige Trade-Paperback, sammelt 3 US-Bände „Fantastic Four“, 4 Bände „Hulk“ und außerdem einzelne Ausgaben, der hierzulande wohl eher als Exoten geltenden Serien „The Pulse“, „Black Panther“ und „Captain America“.
Diese Zusammenstellung klingt zwar verwirrend, die „House of M“-Monster-Edition ist aber durchaus auch für Leser geeignet, die nicht auf dem neusten Stand sind, was die Marvel-Helden betrifft. Im Vorwort wird erklärt, dass die Scarlet Witch – Altlesern wohl noch als Scharlachhexe bekannt – von ihren magischen Kräften übermannt wurde und eine Katastrophe auslöste. Drei Helden der Rächer fielen diesem Ereignis zum Opfer, bis ihr Vater Magneto sie schließlich heim holt.
Ihre unglaublichen Chaoskräfte erschaffen aber eine veränderte Welt. Mutanten – und derer gibt es offensichtlich hunderte Millionen – haben die Herrschaft übernommen. Magnetos Traum ist wahr geworden und die Menschheit wird unterdrückt.
Das bietet genügend Raum für eine Handvoll „What If“-Geschichten, die wir hier präsentiert bekommen. Das Paperback beginnt gleich mit der interessantesten (und auch am besten außerhalb des „House of M“-Kontexts verständlichen) Story: im „House of M“-Universum wurde niemand anderer als Dr. Doom Anführer der „Fantastic Four“. Die „echten“ Vier starben durch die kosmische Strahlung – bis auf das Ding. Deshalb hat Doom aus seiner eigenen Familie ein illustres Superteam namens „Fearsome Four“ geschaffen. Die „Inhuman Torch“, „Invincible Woman“ und „Es“ ergänzen den Herrscher von Latveria. Der kann sich verständlicherweise nicht mit Magneto als Führer des Planeten Erde anfreunden und so folgen wir den Putschplänen der Anti-Helden.
Der eher unbekannte John Layman macht dabei storytechnisch fast alles richtig und auch Scot Eatons Zeichnungen überzeugen auf der ganzen Linie.
Die vierteilige Hulk-Geschichte von Langzeit- und Ausnahmeschreiber Peter David, fällt dagegen ein wenig ab. Es werden einfach zu viele klischeehafte Superheldenversatzstücke verwendet. Einzig Jungheldin Scorpion weiß wirklich zu faszinieren. Das liegt aber auch weniger an ihrer Bearbeitung hier, als daran, dass sie noch ein fast unbeschriebenes Blatt mit viel Potential ist.
Die gesammelten Einzelbände von „The Pulse“ und „Black Panther“ schließlich sind zu zusammenhangslos, als das man sie wirklich verstehen könnte. Hier fehlt einfach der Kontext der Gesamtserien. Leider wird man den im deutschsprachigen Raum kaum jemals zu Gesicht bekommen.
Einzig die „Captain America“-Story, die einen Bogen über 60 Jahre spannt, macht für den Gelegenheitsleser Sinn. Hier wird die McCarthy-Ära auf Mutanten umgemünzt. Eine leichtbekömmliche politische Parabel dient als Vehikel für den nostalgischen Rückblick eines politisch unbequem gewordenen Superhelden.
Im Endeffekt sind tatsächlich jene Teile des Trades am gelungensten, die „House of M“ nur als Vorwand benutzen um eine eigenständige Neuinterpretation alter Helden zu liefern. Je mehr sich die Hauptgeschichte um Magneto und das Schicksal der Helden verzahnen, desto schwächer erscheinen die Storys. Man glaubt zu merken, dass die Autoren hier zu Auftragsarbeit gezwungen wurden, während sich doch viel lieber ihre „eigenen“ Handlungsstränge fortgesetzt hätten. Und weil der heutige Schreibstil eine komplette Geschiche auf nur 22 Seiten fast unmöglich macht, werden die Leser mit Splittern abgespeist.
Der deutschen Ausgabe wirklich anzukreiden sind die fehlenden Autoren- und Zeichnerangaben, neben der Auflistung der US-Einzelhefte. So kann man sich diese Informationen (nur bruchstückhaft) direkt in den Geschichten zusammensuchen. Die Originalcover werden dem Käufer zum Großteil ebenfalls unterschlagen.
All jenen die einen Überblick über das derzeitige Niveau der klassischen Marvel-Comics haben wollen, sei dieser Band trotzdem empfohlen. Die Outtakes aus „Fantastic Four“ und „Captain America“ sind eigentlich allein schon die Investition in diesen Band wert.