Interview: 7 Fragen - 7 Antworten : Thorsten Küper - Kurzgeschichtenautor
 
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7 Fragen - 7 Antworten : Thorsten Küper - Kurzgeschichtenautor

Redakteur: Michael Schmidt

 

Thorsten Küper ist Autor zahlreicher Kurzgeschichten in NOVA, Visionen, ct, Alien Contact oder der SF Anthologiereihe des Wurdack Verlages und gehört zu der Schar neuer Autoren, welche die Phantastikszene in Deutschland die letzten Jahre runderneuert haben.

 

 

Fantasyguide: Hallo Thorsten Küper, stell dich doch unseren Lesern mal kurz vor.

 

Thorsten Küper: Hallo, ich bin Thorsten Küper, 36 Jahre alt, komme aus Herne. Ich schreibe vor allem Science Fiction, Krimis, satirische Texte. Außerdem blogge ich regelmäßig - meint fast täglich – in meinem Weblog kueperpunk. Nebenbei mache ich noch Kurzfilme und erdreiste mich sogar selber in vielen davon mitzuspielen. Das allerdings nur auf ambitioniertem Amateurniveau. Ein alternatives Ego von mir, das zwischen 7 Uhr morgens und 15 Uhr Nachmittags automatisch aktiviert wird, arbeitet als Lehrer für Physik und Mathematik. Der Autor Küper ist dann im Stand By-Modus.

 

Fantasyguide: Du bist einer der neuen Sterne der deutschen Kurzgeschichte. Ist es schwer auf dem Kurzgeschichtenmarkt und worin siehst du die Besonderheiten der kurzen Form?

 

Thorsten Küper: Hmm, neu? Stern? Na ja, so neu bin ich nicht, ich schreibe im Prinzip schon seit Mitte der Neunziger Jahre. Damals meistens fürs Fandom, aber seit 2000 habe ich in verschiedenen Magazinen und Anthologien veröffentlicht. Eigentlich mache ich das also schon eine ganze Weile.

Ob es schwer ist, kann ich nicht so ganz beurteilen. Ich hatte bisher Glück und habe Geschichten immer den Magazinen oder Anthologien angeboten, in die sie meiner Einschätzung nach passen. Anscheinend habe ich dafür ein Händchen, denn die Redakteure oder Herausgeber sehen das meistens genauso. Glück gehabt.

Die Besonderheiten bei Kurzgeschichten? Eine Story muss auf wenigen Seiten die Welt schildern, in der man sie angesiedelt hat. Auch die Charaktere müssen „rüberkommen“ und ganz nebenbei muss die Handlung erzählt werden. Das ist – behaupte ich zumindest – schwieriger als in einem Roman, denn da kann man sich Zeit nehmen, um eine Geschichte zu erzählen, die keine echte Pointe braucht. Achthundert Seiten lassen sich schnell mit etwas Heldenmythos, sechs bis sieben Raumschlachten und einer banalen Verschwörung füllen. Wenn der Schreibstil stimmt, dann wird das Werk auch Leser finden - was nicht bedeuten soll, dass ich lange Bücher automatisch für schlecht halte.

 

Fantasyguide: Hayun, Njomweg, Kogai, Lasar. Sind diese größenwahnsinnigen Genies Verarbeitung der eigenen Persönlichkeit oder warum taucht dieses Motiv immer wieder in deinen Geschichten auf?

 

Thorsten Küper: Da kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Nein. Leider musste ich einsehen, dass ich nicht zu den Genies gehöre. Umso mehr bewundere ich natürlich Menschen, die mir intellektuell überlegen sind. Das Genie ist ein klassisches Element der SF. Schließlich geht es da ja oft um neue Technologien und wer so etwas entwickelt, verfügt über Hirnschmalz und hat noch dazu interessante Marotten. Eigentlich reden wir hier vom klassischen Mad Scientist – und der ist für sich betrachtet schon sehr spannend.

Davon abgesehen hat unsere Generation eine neue Art mythologischer Figur erschaffen: Den Hacker. Die gefährlichen Typen waren früher die großen muskulösen Kerle mit den Schießeisen. Heute kann es ein pickeliger dicker Junge sein, der nie im Leben ein Mädchen abkriegen würde, aber per PC mit einem Atomkraftwerk herumspielt wie andere Leute mit dem Trafo ihrer Spielzeugeisenbahn. Hacker finde ich – als fiktive Figur – faszinierend und deswegen schreibe ich gern über sie oder ähnliche Gestalten. Charaktere, die auf den ersten Blick durchschnittlich und unscheinbar sind, aber im Hintergrund die Fäden in Händen halten. Einer davon wäre definitiv „Kogai“ – wenn es ihn denn gäbe. In „Hayun“ ist die Hauptfigur ein Journalist, der nicht wirklich durchschaut, was da vor sich geht. In „Njomwegs Krankheit“ gibt es überhaupt kein Genie, nur einen Wissenschaftler, der zufällig einen Effekt erzeugt, der so nie beabsichtigt war. Alles Weitere entzieht sich seiner Kontrolle. „Lasar“ ist nicht genial, nur ein cleverer Geschäftsmann. Und der „Lasar“, aus dessen Perspektive wir die Geschichte erleben, ist in Wahrheit sowieso nur eine Spielfigur in einer Inszenierung, die ein ganz anderer ersonnen hat.

Aber um auf deine Frage zurück zu kommen: Ich mag den geheimnisvollen Macher, der im Hintergrund die Knöpfe drückt – und irgendwie sind Autoren das ja auch.

Größenwahnsinnig bin ich persönlich übrigens auch nicht, dazu bin ich viel zu gemütlich.

 

 

Fantasyguide: Deine Storys ähneln thematisch denen eines Michael K. Iwoleit. Seid ihr beiden die einzigen Vertreter dieser Richtung in Deutschland und was macht dieses Subgenre so fazinierend?

 

Thorsten Küper: Welches Subgenre meinst du denn genau? Cyberpunk? Angeblich gibt es den ja gar nicht mehr. Ich weiß auch nicht, ob Michael sich auf ein Subgenre beschränkt. Ich tu das, meine ich, auch nicht. Aber ich habe auch nichts dagegen, wenn man sagt, Storys von mir wären „Cyberpunk“. Ich habe ehrlich gesagt nie nachgezählt, wer hierzulande noch Cyberpunk schreibt. Viele sind es aber nicht.

Faszinierend ist die seltsame technologische Romantik der Cyberpunks. Einerseits sind seine Figuren ihren Maschinen verfallen, vereinigen sich mit der Hardware, sind von ihr manchmal auch nicht mehr zu unterscheiden. Auf der anderen Seite ist die Technik auch der Ursprung allen Unheils und schafft mehr Probleme als sie löst. Cyberpunk ist ehrlicher als beispielsweise Star Trek, wo alles immer so schön steril ist und man nie Antworten auf drängende Fragen erhält wie: Wo gehen diese Leute zum Klo? Haben manche Menschen einen Borgfetisch? Gibt es Sexprogramme fürs Holodeck? Manches klassische SF-Universum besteht nur aus langweiligen prinzipientreuen Karrieristen auf der einen und fiesen Schurken auf der anderen Seite. Cyberpunk erlaubt Ambivalenz. Hier darf jeder Charakter mal Held sein – vor allem der Charakterlose.

 

Fantasyguide: Deine Geschichten erschienen in der ct, NOVA, Visionen und der SF Anthologiereihe des Wurdack Verlag. Wann wird es eine Storysammlung des Autoren Küpers geben?

 

Thorsten Küper: Komisch, die Frage hab ich auf dem Buchmessecon neulich schon mal gehört. Erstmal schreib ich weiter neue Storys und finde es spannend, die möglichst breit zu streuen. Ich könnte mir so eine Kollektion schon vorstellen. Es gibt einige Geschichten aus c`t die - jedenfalls vermute ich das - nicht so bekannt sind und sich für eine Sammlung anbieten würden.

 

Fantasyguide: Und wann erscheint endlich der erste Roman? Und wovon handelt er?

 

Thorsten Küper: Das wird astronomisch gesehen wahrscheinlich in kurzer Zeit passieren. Astronomisch gesehen! Worum es geht? Ganz klar:

Anarchistische Genies, bösartige Manipulateure im Hintergrund, Psychopathen, Computersex, Aliens, Rockstars, pickelige Jungs, die keine Mädchen abkriegen – ist bestimmt von allem was dabei.

 

Fantasyguide: Als neuer Stern am Kurzgeschichtenhimmel verfolgst du bestimmt die Szene. Welche anderen und auch neuen Autoren kannst du unseren Lesern ans Herz legen?

 

Thorsten Küper: Schon wieder der „neue Stern“. Sterne blähen sich irgendwann auf, fallen dann in sich zusammen oder explodieren sogar. Unschöne Vorstellung.

Welche Autoren? Hmm…ich lese nicht unbedingt nur SF. Gerade ist es „Ausweitung der Kampfzone“ von Michel Houellebecq. Nicht unbedingt mein Geschmack, aber ich kann etwas damit anfangen, sagen wir mal so.

Generell aber ein Tipp: Lest mehr deutsche Autoren. Ich fasse mir da auch an die eigene Nase, schließlich habe ich selbst früher vor allem die Amerikaner oder Engländer gelesen und so mit dafür gesorgt, dass die Verlage genau diesen Publikumsgeschmack befriedigen. Unter den Lesern gibt es sogar regelrechte Dogmatiker, für die es nie in Frage käme, auch nur eine Minute kostbarer Lesezeit an Storys aus heimischen Anbau zu verschwenden.

Die deutschen Autoren können es aber auch. Ich würde sogar noch weiter gehen. Früher wusste kein Mensch, dass Norweger, Schweden, Dänen oder Isländer Musik machen. Tun sie aber und das sogar so gut, dass konventionelle Bands aus USA und England dagegen einpacken können. Wer weiß, nachher ist das mit deutscher SF genauso. Vielleicht noch nicht jetzt, aber bald…

 

Fantasyguide: Wir bedanken uns für das interessante Gespräch und wünschen dir für die Zukunft alles Gute.

 

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Erstellt: 28.10.2005, zuletzt aktualisiert: 14.03.2019 17:57, 1456