Fantasyguide: Auf eurer Homepage bezeichnet ihr euch als die unbestrittenen Lordsiegelbewahrer des Mittelalter-Rocks. Was bedeutet das?
Markus van Langen: Wir sind ja auf diesem Gebiet wahre Pioniere und haben bereits Ende der 80`er Jahre begonnen, unsere „klassischen“ Instrumente wie E-Gitarren und Schlagzeug mit neuen, besser gesagt alten Instrumenten, zu verbinden und damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Zeyt war aber damals noch nicht reif für diese „exotische“ Verbindung. Jede Musikgeneration hört anders, hat ein anderes Empfinden und ein anderes Gehör für Musik und diese Empfindung ist ein Zeychen der jetzigen Generation. Eine Rückbesinnung auf alte Werte und dadurch auch auf alte Instrumente ohne den modernen Anspruch missen zu wollen.
Fantasyguide: Erfolgreicher Minnesänger - ist das Berufung oder gar tatsächlich ein Dienst an der Liebe zu einer schönen Dame?
Markus van Langen: Ein Beruf muss eine Berufung sein, sonst funktioniert es nicht. Wenn man als Mann einmal kapiert hat, dass sich alles Streben um die holde Weiblichkeit dreht und sich das auch selbst eingesteht, dann ist alles viel einfacher. Man übersetze nur das Wort Spielmann ins Englische! Minne ist kein feststehender Begriff, der eine eindeutige Definition zulässt und das ist die Magie und der Mythos der Minne. Schon Walther von der Vogelweide hat gesagt: „saget mir jemand, was ist Minne!“ Man sieht dass der Begriff auch zu seiner Blütezeit nicht eindeutig und klar war. Das Wort Minne darf man allerdings nicht mit Eros verwechseln. Am ehesten trifft wohl „zärtliche Erinnerung“ zu.
Fantasyguide: Das Palästinalied von Walther von der Vogelweide wurde mit der Komposition überliefert, ein Glücksfall für alle, die mittelalterliche Musik in die Neuzeit transportieren. Wie gehst Du beim Komponieren vor?
Markus van Langen: Das Palästinalied ist natürlich ein Glücksfall und ich lasse auch keine Gelegenheit aus, es wieder und wieder neu zu interpretieren – denkt nur an das Palästinalied Projekt, das noch dieses Jahr in den offiziellen Handel kommen wird - aber es gibt wesentlich mehr. Auf der neuen CD gibt es ein Vogelweide Lied, das bisher noch niemand aufgenommen hat. Es stammt aus dem Münsteraner Fragment und ist ebenso nahezu gänzlich überliefert. Das ist auch der Sinn unserer Arbeit – die Suche nach neuem alten Material, nicht das ewige Nachspielen von Bearbeitungen anderer. Es gibt genug Material und die eigentliche und mühsamste Arbeit ist es, dieses Liedgut wieder ans Licht zu bringen. Ich habe beim Komponieren keinen klar vorgezeichneten Weg oder ein klares Konzept. Jedes Lied ist eine eigene Geschichte und muss auch als eigene Geschichte behandelt werden. Meist entstehen Melodie und Text unabhängig voneinander und es dauert oft Jahre, bis ein Text seine passende Melodie bekommt und andersrum. Andere Lieder werden wiederum in einem Zug geschrieben. Es gibt also kein Patenrezept oder eine Anleitung wie man ein Lied schreibt. Man muss es einfach tun.
Fantasyguide: Du schreibst, mit Walther von der Vogelweide, hättest Du so etwas wie den deutschen Blues gefunden. Kann eine heute derartig fremdartige Lyrik und Musik überhaupt wiederbelebt werden?
Markus van Langen: Die mittelhochdeutsche Lyrik ist ja niemals gestorben, sie hat nur geschlafen und aufgeweckt aus dem Dornröschenschlaf. Gerade der Blues ist der reisten Form des Minneliedes, des Tageliedes in Form, Ausdruck und Metrik sehr ähnlich und deshalb gar nicht so weit von uns entfernt, wie man oft angenommen wird. Es ist mir besonders wichtig, diese Lieder in einem neuen, nachvollziehbaren Gewand wieder unters Volk zu bringen. Es sind unsere musikalischen Wurzeln und diese brauchen sich vor keiner anderen Kultur zu verstecken. Es war ja am Anfang sehr schwierig, da bis in die 90`er Jahre hinein dieses Volksgut gerne in die rechte Ecke gedrängt wurde und auch wir hatten viele Anfeindungen – wie wir überhaupt auf die Idee kommen würden, deutsche alte Texte zu singen. Gesungen hat man in Englisch, es sei denn man war ein winselnder oberflächlicher Liedermacher. Das ist das schöne an unserer gegenwärtigen Zeyt – wir dürfen wieder machen was wir wollen, es gibt keine musikalischen Grenzen und Schranken. Wie gesagt müssen diese Lieder wieder hinaus, gesungen und gespielt werden. Deshalb habe ich ja auch das Liederbuch geschrieben. Alle Lieder haben eine einfache Gitarrenbegleitung – was mich bei den in erfurcht ergrauten Konsortien und den Musikhistorikern, denen sie bisher anvertraut waren natürlich in Misskredit bringt. Es sind nun einmal Volkslieder und Volksgut und ich bin erst zufrieden, wenn ich an jedem Lagerfeuer diese Lieder hören kann.
Fantasyguide: Hexentanz ist elektronisch und erscheint mir musikalisch eigenartig konventionell und herausstechend zu sein, Du selbst bezeichnest im Booklet die Elektronik als für Dich befremdlich. Welche Möglichkeiten liegen in der Vermischung traditioneller Instrumente mit technischer Musikerzeugung?
Markus van Langen: Auch das ist ein Zeychen der neuen Zeyt. Die Möglichkeit der musikalischen Unabhängigkeit, die Abschaffung der Konventionen. In den 80`ern musste ein Rockgitarrist Haare bis zum Arsch haben. Hatte er diese nicht, war er eben auch kein Gitarrist egal wie gut er gespielt hat. Die Möglichkeiten sind heutzutage unbegrenzt und dieses grenzenlose nutze ich.
Fantasyguide: Da Du Deine religiöse Meinung nie verborgen hast, bewegst Du Dich sehr häufig auf politischem Gebiet. Ist diese Brisanz motivierend oder eher störend für eure Art von Musik?
Markus van Langen: Ich wollte nie politische Aussagen treffen, aber wenn man Ungerechtigkeiten fühlt, muss man diese auch hinausschreien und dann wird’s schon mal politisch. Auch hier sagt der unsterbliche Walther: “Die Welt ist außen schön und bunt, innen aber finster, wie der Tod!“ Das ist es. Musik ist wohl zwangsläufig Politik sobald man sich mit greifbaren Dingen des Lebens auseinandersetzt und sich nicht auf Liebeslyrik beschränkt.
Fantasyguide: Ist das Bekenntnis zum Heidentum nicht auch eine Art Religionskrieg, eine Revanche des verdrängten Glaubens? Die Naturverbundenheit der alten Religionen wird als eine der größten Unterschiede zu den heutigen Mainstream-Religionen empfunden. Wird es nicht Zeit für eine Neuausrichtung dieser Werte? Weg vom Leben für das Jenseits hin zum Leben mit der Natur?
Markus van Langen: Natürlich es ist absolut höchste Zeyt und ich denke, dass der Weg dahin gerade geebnet wird. Das Ziffernblatt der Uhr auf dem aktuellen Album alte Zeyten steht auch nicht umsonst auf fünf vor zwölf. Es ist ein letztes Aufbäumen der Industrie des Kapitalismus und man braucht nur hinzusehen und merkt wie kaputt unser System ist. Der Kapitalismus ist ein System, das viel Nahrung braucht und nachdem er alle anderen Systeme aufgefressen hat, beginnt er sich wie die Alchemistische Schlange selbst zu fressen. Er beginnt auch hier beim kleinsten, der Schwanzspitze bis er sich selbst aufgefressen hat und er ist ja dabei sehr fleißig – ein guter Esser! Schau Dir nur mal die peinlichen Staatsoberhäupter an! Kein Profil, kein Mut und vor allem keine Perspektive. Wir schaffen uns selbst die Welt in der wir leben und können entscheiden wie wir sie gestalten wollen, wir können uns für oder gegen ein System, für oder gegen eine Religion entscheiden und wie können unsere eigene „basteln“. Wir werden nicht mehr angezündet wenn wir mit der Kirche nicht konform sind – wir bekommen höchstens Spielverbot und zahllose Auflagen – aber das ist natürlich Öl für mein persönliches Feuer und dieses Feuer brennt und lodert.
Fantasyguide: Das Befragen von Runen, Der Heilige Gral und Camelot, Avalon ... - Deine Texte leben von der Verwendung mythischer Symbole. Aus welchen Quellen schöpfst Du dabei?
Markus van Langen: Die Quellen sind ebenso wie die Quellen für die mittelalterliche Lieder unerschöpflich. Ich beschäftige mich ja schon sehr lange mit dem Thema Alchemie und Naturreligionen. Wir finden auch nie versiegende Quellen in den vielen Variationen der Artussage, in Wolframs Parzival, im Nibelungenlied, bei Paracelsus und auch bei christlichen Mystikern wie Meister Eckart oder Jakob Böhme. Aber die besten Geschichten schreibt nach wie vor das eigene Leben.
Fantasyguide: Du giltst als unangepasst und wirst als Querdenker im eher von Liebes- und Trinklieder geprägten Genre bezeichnet. Was ist denn an euch und dir so unangepasst?
Markus van Langen: Ich bin offen, ehrlich, weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen, romantisch und wahnsinnig neugierig. Mit solchen Eigenschaften ist man zwangsläufig unangepasst. Ich verkaufe Träume, Wegweiser und Ehrlichkeit und nicht irgendeine Kopie von irgendwas und von irgendwas muss ich auch leben, wobei es mir völlig egal ist, ob ich aufgrund meiner Einstellung ein paar Tausend Platten mehr oder weniger verkaufe. Ich kann nur in einem Haus wohnen, kann nur ein Auto fahren und wenn man satt ist passt einfach nichts mehr in den Magen rein, egal wie lecker es ist – auch kein Pfefferminzplätzchen! Klar haben wir unsere romantischen Liebeslieder und an Saufliedern fehlt es auch nicht, aber auch diese Lieder haben ihre Moral. Al fol“ zum Beispiel singen wir aus der Sicht eines Alkoholikers, Das Liebeslied Beltane“ hat kein Happy end und auch das Ende von Celtic Princess“ ist auf einen ungewissen Zeytpunkt verschoben - das ist unangepasst.
Fantasyguide: Wie funktioniert van Langen als Band, mit Dir als omnipräsenten Mastermind?
Markus van Langen: Es ist ein Uhrwerk mit vielen kleinen Rächen, eine Mechanik mit Eigendynamik wie eine gute Automatik Uhr. Man zieht das Urwerk auf und durch den Gebrauch läuft es von selbst. Wenn man die Uhr aber unbeachtet in der Ecke liegen lässt, bleibt das Uhrwerk stehen. Das heißt ich muss immer darauf achten, dass alles läuft und wenn ich mich auch nur einen Tag um nichts kümmere muss ich dafür büßen. Leider hat das alles wenig mit der Kunst an sich, dem Wesentlichen zu tun. Es ist das drum rum, dass wesentlich mehr Zeyt und Kraft in Anspruch nimmt als das Wesentliche.
Fantasyguide: Schwarze Magie als Lösung, das Leben als Bestrafung für ein Versagen im Jenseits - eure Texte verlassen oft die Bahnen der herkömmlichen Welt. Könnt ihr damit die Herzen jener erreichen, die zwischen Quantenphysik und Genmanipulation groß werden?
Markus van Langen: schwarze Magie wird hier nicht als Lösung oder Allheilmittel angeboten, es ist nur ein Weg, den man bei allem nicht außer Acht lassen sollte. Wobei es wiederum egal ist, ob schwarz oder weiß, man könnte es auch die Naturverbundene grüne Magie nennen. Um in dieser Welt zurechtzukommen ist ein Blick in die Vergangenheit ebenso wichtig, wie ein Einfühlen in eine mögliche Zukunft nach der uns gegeben Zeyt. Gerade in einer virtuellen Zeyt wie dieser ist es wichtig, auch andere Möglichkeiten zum Ausbruch aus den Konventionen aufzuzeigen. Wie gesagt, ich kann nur Alternativen und Wege zeigen; gehen muss sie ein jeder selbst.
Fantasyguide: Du hast Dir die mythischen Orte Großbritanniens angeschaut, ich las, dass Du Dir den Brunnendeckel mit dem Visica Piscis Symbol von der Chalice Well Quelle für Deinen eigenen Garten hast schmieden lassen. Kann so etwas mehr sein, als ein Fanartikel?
Markus van Langen: Auch das ist eine Art Minne, ein zärtliche Erinnerung an Inspiration und Kraft von diesem Ort, einer Kraft, der ich mir jedes Mal wieder bewusst werde, wenn ich in meinen Garten der Lüste gehe. Gerade dieses Symbol ist in seiner Einfachheit perfekt. Ein Maßwerk, das das immergültige Maß der Welt widerspiegelt und sie in Einklang bringt.
Fantasyguide: Alte Zeyten soll eine Schaffensperiode dokumentieren und auf Neues vorbereiten. "A Tribute to the Viking Gods" lässt auf harten Rock schließen. Wo führt euch das hin?
Markus van Langen: Harter Rock ist auch ein Weg. Für uns nichts wirklich neues, aber die Tendenz für das nächste van Langen Album ist durchaus die härtere Gangart. Nordisch, dunkel und hart. Im Gegensatz dazu wird das neue „Des Teufels Lockvögel“ Album sehr ruhig. Also auch hier wieder zwei Welten. Eine ebenso gut wie die andere, aber jede in sich abgeschlossen und ein eigener Weg in einer eigenen Zeyt.
Fantasyguide: Wir bedanken uns für das Interview und wünschen euch viel Erfolg!