Jungle Emperor Leo – Der Kinofilm
Filmkritik von Christel Scheja
Die älteren Leser werden sich sicherlich noch an eine Fernsehserie erinnern, sich früher oder später in die Herzen eines Kindes schlich. 1977 strahlte das ZDF erstmals 39 Folgen von „Kimba, der weiße Löwe“, in der die Geschichte eines tapferen kleinen Löwenjungen erzählt wird, der seine Eltern verliert und so alleine lernen muss groß zu werden, um dann seinen Platz als König der Tiere einzunehmen. Zusammen mit seinen Freunden lernt er diese Aufgabe zu meistern und widersteht im Laufe der Zeit vielen Gefahren oder Feinden und findet später sogar die Liebe. Die in den 1960ger in Japan entstandene 52-teilige Serie basiert nicht nur auf dem Manga „janguru taitei“ (Dschungelkaiser) von Osamu Tezuka, der von 1950-1954 veröffentlicht wurde, sie wurde auch von dem Vater des Manga produziert und gilt als die erste farbige Anime-Serie.
Weil sich beides weltweit als Erfolg erwies, entstanden weitere Geschichten um „Kimba“ (der im Original eigentlich Leo hieß) auf dem Papier und für das Fernsehen.
Sogar Disney kam nicht umhin, die Begeisterung für „Kimba“ zu übersehen. Auch wenn niemals offiziell bestätigt wurde, dass die Serie durchaus als Vorlage für den bekannten Zeichentrickfilm „König der Löwen“ anzusehen ist, sind die Parallelen doch unübersehbar.
1997 schließlich entstand der hier vorliegende Kinofilm „Jungle Emperor Leo“ (Gekijōban Jungle Taitei) den man getrost als Hommage an Tezukas Wert betrachten kann. Er erzählt die Geschichte von Leos Kindern Lune und Lukio. Die Löwenzwillinge werden mit Freude in dem noch friedlichen und glücklichen Reich der Tiere begrüßt und beginnen schon bald den Dschungel zu erkunden. Während Lukio so besonnen wie ihre Mutter ist, liebt es Lune aufregende Abenteuer zu erleben und sich selbst durch waghalsige Unternehmungen in Gefahr zu bringen. Aber weil er im Gegenzug vor nichts Angst zu haben scheint, gewinnt er bald den Respekt der Tiere.
Doch der Frieden währt nicht ewig. Der skrupellose Großwildjäger Mr. Ham-Egg führt eine Gruppe von Forschern und Abenteurern in den Dschungel, um ihnen den Ort zu zeigen, an dem er den kostbaren Mondstein gefunden hat. Dieses Juwel könnte die Energieprobleme der Welt lösen. Doch er birgt auch große Gefahren in sich, wie die Menschen schon bald feststellen müssen.
Sie ahnen nicht, dass sie den Dschungel in Aufruhr bringen. Nicht nur, dass die Tiere untereinander in Streit geraten, weil die misstrauischeren von ihnen die Feinde auslöschen wollen – ein von den Menschen gelegtes Feuer verursacht auch eine Panik. Doch es kommt noch viel schlimmer. Regen und Sturm, die das Feuer löschen, sorgen für eine Überschwemmung.
In dem Chaos wird Lune, der sich an einen Ast klammert von den Fluten davon gerissen. Zwar fischen ihn Menschen auf und retten ihm so das Leben, verkaufen ihn aber auch an einen skrupellosen Zirkusbesitzer. Während der junge Löwe alles versucht, um wieder nach Hause zu kommen, kämpfen die Tiere um Dschungel um ihr Leben, und vor allem Leo muss einen Verlust nach dem anderen hinnehmen, weil nach der Überschwemmung auch noch eine schreckliche Seuche die Tiere dahin rafft.
Es mag sein, dass „Jungle Emperor Leo“ viele Motive und Inhalte der „Kimba“-Serien aufgreift, aber das geschieht hier in voller Absicht. Der Kinofilm ist die Essenz dessen, was Osamu Tezukas Manga- und Animeserie ausmacht – das friedliche und harmonische Leben der Tiere im Dschungel, das immer wieder von äußeren Gefahren wie den Menschen oder Naturkatastrophen bedroht wird, die Intrigen untereinander und schließlich die Erlebnisse, die einen jungen Löwen zu dem machen, was er einst werden soll – dem König der Tiere.
Der Kinofilm wird warmherzig und liebevoll in Szene gesetzt und weiß zu differenzieren. So gibt es unter den Menschen auch Freunde der Tiere, die alles für diese tun würden, wenn man sie nur lässt, und unter den Tieren engstirnige Dickköpfe, die von ihren Vorurteilen nicht lassen wollen.
Und diese Welt lernt Lune auf seiner unfreiwilligen Reise in die Menschenwelt kennen. Der Zirkus ist für ihn am lehrreichsten, erweisen sich dort doch diejenigen als Freunde und Verbündete, von denen er es am wenigsten erwartet hat und helfen ihm wieder nach Hause zu kommen. Doch der Film wartet – anders als westliche Filme – nicht mit einem vollständigen Happy-End auf. Trotz aller Freude, dass der junge weiße Löwe seinen Weg gefunden hat, bleibt doch ein wenig Melancholie zurück – da er auch viel verloren hat.
Die Geschichte wird sehr gefühlvoll erzählt. Die für Tezuka so typischen Konstellationen zwischen den Figuren sind ebenso zu finden, wie sein augenzwinkernder Humor und die Botschaft, bewusster mit der Wildnis umzugehen und nicht alles unter das Zeichen reinen Profits zu stellen.
Das Set wartet mit einem überraschenden Extra auf – der DVD ist die zum Film gehörige Soundtrack CD mit einer Spielzeit von immerhin 51 min beigefügt, ansonsten finden sich noch der OriginalTrailer & TV-Spots und eine Bildgalerie auf der Silberscheibe. Bild und Ton sind erstklassig, ebenso die Animation.
„Jungle Emperor Leo“ sei all jenen empfohlen, die in ihrer Kindheit „Kimba, der weiße Löwe“ geliebt haben oder diejenigen die Serie kennen lernen wollen, ohne sich alle Folgen ansehen zu müssen. Der Kinofilm ist eine kompakte und zeitgemäße Alternative, die moderne Sehgewohnheiten mit einem gehörigen Schuss Nostalgie verbindet, aber dennoch nicht antiquiert wirkt.
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