Kobolde! - Das Bier und Brezel-Rollenspiel
 
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Kobolde! - Das Bier und Brezel-Rollenspiel

Rezension von Tanja Elskamp

 

Als Nischentitel erfreut das englischsprachige „Kobolds ate my baby!“ von 9th Level Games seit Jahren einige Fans. Das „Bier-und-Brezel-Rollenspiel“ gibt es darum neuerdings auch in deutscher Sprache – und zwar unter dem Titel „Kobolde!“ als „Super-Delüx-Ausgabe“ bei Pegasus.

 

„Kobolde!“ ist in vielerlei Hinsicht so, wie man sich ein Rollenspiel vorstellt – aber eben auch in vielerlei Hinsicht ganz anders. So kann man bei „Kobolde!“ beispielsweise durchaus gewinnen – doch der Reihe nach:

 

Es wird einer der beliebig vielen Spieler – „Kobolde!“ eignet sich durchaus für eine kleine Horde selbiger – zum Bürgermeister auserkoren. Dieser Person fällt die Aufgabe zu, das ganze Spiel zu leiten. Um es einfacher zu gestalten, befindet sich im Grundregelwerk gleich noch ein Beispielabenteuer. Es ist jedoch ein leichtes, eigene Ideen umzusetzen, außerdem kann man noch auf einige englischsprachige Abenteuer zurückgreifen, die für das Spiel erschienen sind, sowie auf diverse Abenteuer auf Fanwebseiten.

 

Alle Spieler, die nicht den Bürgermeister mimen – also außer dem einen Spieler alle – kreieren nun ihren Kobold und erwürfeln seine Eigenschaften und seine Ausrüstung. Der ganze Kreationsprozess dauert nicht lang, und das ist auch gut so, denn die langfristigeren Überlebenschancen eines Kobolds sind nicht besonders hoch. Vier Werte gilt es zu erwürfeln, weitere vier Werte ergeben sich wiederum aus diesen, lassen sich jedoch ganz einfach aus einer Tabelle ablesen. Jeder Kobold erhält dann zwingend noch einige Vor- und Nachteile, die man selbst wählen kann, würfelt seine Ausrüstung aus, und dann kann es auch schon losgehen.

 

Wichtig zu wissen ist, dass Kobolde weder besonders klug, noch in irgendeiner Form feige sind – zwei weitere Faktoren, die bei der eben angesprochenen kurzen Überlebensdauer eine Rolle spielen. Kobolde fressen Kobolde oder Hühnchen oder: Babys! So geht es bei diesem Spiel zumeist auch darum, etwas Essbares für König Torg (Gepriesen sei König Torg!) oder Gott Vort zu beschaffen. Grundlage dieser Feldzüge sind in Felder unterteilte Karten. Diese gilt es zu durchqueren, um an frische Babys oder zumindest Hühner zu gelangen. Doch nicht genug damit, dass Eltern sich ungern ihre Kinder und Farmer sich nicht ihre Hühner stehlen lassen: Bei „Kobolde!“ warten in der Regel noch jede Menge Zufallsereignisse auf die Kobolde, sei es, dass sie sich untereinander die Köpfe einschlagen oder beispielsweise, dass ihnen plötzlich eine Kuh auf den Kopf fällt. Nichts ist unmöglich bei diesem Spiel, und daher können fünf Felder auf dem Spielplan (den man meist einfach kopieren und dann für alle auslegen kann) relativ schwierig zu überwinden sein.

 

Die Würfelwürfe sind ebenso simpel gehalten wie die Kobolderschaffung und das Spiel selbst. Stets werden einfach die acht gegeben Werte herangezogen und schlicht gewürfelt, wobei in aller Regel ein bestimmter Wert nicht überschritten werden darf. Der Wert des Gegners bestimmt dabei die Anzahl der stets sechsseitigen Würfel, weitere Erschwernisse oder Erleichterungen kann der Bürgermeister jederzeit vergeben.

Doch so simpel das System auch ist: es funktioniert einwandfrei. Da mag der eine oder andere vielleicht damit argumentieren, dass bei diesem Spiel der Realismus fehle – aber hey, man spielt einen Kobold auf der Suche nach leckeren Babys … Realismus?

 

Für bestimmte Tätigkeiten, bei denen es meist darum geht, etwas oder jemanden kaputt zu machen, bekommt ein Kobold Siegpunkte. Segnet der Kobold das Zeitliche, so können die Siegpunkte auf den nächsten ins Feld ziehenden Kobold übertragen werden, wenn der Spieler sich an die „Kobold-Monolog“-Regel hält und eine nette Rede für den verschiedenen Kobold zum Besten gibt.

Siegpunkte können auch eingesetzt werden, allerdings nicht jederzeit. Doch wichtig ist: Wer am Ende einer Partie die meisten Siegpunkte hat, gewinnt.

 

Dass so zahlreich gestorben wird bei „Kobolde!“, liegt übrigens nicht ausschließlich daran, dass die Gegner allesamt übermächtig wären. Nein, es gibt Quittungen für Schreckliche Kobold-Tode. Diese erhält ein Spieler immer dann, wenn er bestimmte Fertigkeiten einsetzt, kann sie aber ebenso vom Bürgermeister erhalten, wenn der Spieler sich zu schlau verhält, vor etwas flieht, den Regelfuchs mimt oder sonst was. „Kobolde!“ zeigt sich diesbezüglich als völlig willkürliches Spiel – und das macht einfach Spaß (gerade für den Bürgermeister)!

 

Wer sich bei all den Beschreibungen ein bisschen an die bei „Munchkin“ ausgelebte Willkür erinnert fühlt, liegt damit nicht einmal auf ganzer Linie falsch. Kobolde sind zwar keine Munchkins und werden auch niemals welche sein – zumal sie viel zu schnell tot sind, als dass sie sich großartig entwickeln könnten -, aber wie schon beim beliebten Kartenspiel „Munchkin“ ist es auch bei „Kobolde!“ John Kovalic, der die Illustration des Regelwerkes vorgenommen hat – die des deutschen sowie die des englischsprachigen. Und ist das nicht schon ein Synonym für Spaß?

 

Trotz aller Begeisterung für das Spiel weist „Kobolde!“ allerdings durchaus auch einige kritikwürdige Elemente auf. Einige Sachen des Originals wurden nicht in das deutsche Spiel übernommen, so etwa die Gesinnung der Kobolde. Zugegebenermaßen ist diese ohnehin völlig sinnlos – aber Spaß gemacht hat die Kategorisierung trotzdem.

Einige Tabellen im Aktionsbereich finden sich in der deutschen Ausgabe nicht. Auch diese sind kein essentieller Bestandteil, dennoch ist es stets hilfreich, alles auf einen Blick sehen zu können – vor allem, wenn man bedenkt, dass „Kobolde!“ ein „Bier-und-Brezel-Rollenspiel“ ist und nicht völlig umsonst so genannt wird …

Zu guter Letzt ist das beigefügte Abenteuer ein bisschen mager. Während im englischen Original die Erschaffung einer Stadt und die Präsentation eines möglichen Abenteuers zusammen mit 24-Feld-Karte gegeben sind, trennt die deutsche Ausgabe diese beiden Aspekte voneinander, weiß mit dem Abenteuer dann aber nicht wirklich zu überzeugen. Nur neun Felder werden hier präsentiert, die Aufmachung ist für Einsteiger nicht auf den ersten Blick zu erkennen und ein wichtiges Element – die Koboldhöhle nämlich – wird gar nicht erst aufgeführt.

 

Fazit:

Insgesamt ist die deutsche Ausgabe mit gemischten Gefühlen zu betrachten. Der Humor des Spiels ist sehr gut ins Deutsche transportiert worden (auch wenn der ein oder andere Witz so gar nicht (mehr) lustig ist) und die Gestaltung ist dank Kovalic ebenfalls als gelungen zu bezeichnen. Dieses Fun-Spiel zu übersetzen, ist ein echtes Geschenk an die Fangemeinde!

Andererseits werden Kenner des Spiels vielleicht ein paar liebgewonnene Details vermissen, während Neueinsteiger erst einmal vor dem vorgeschlagenen Abenteuer brüten müssen (mindestens zehn Minuten länger als im Original jedenfalls).

Das ursprünglich vierzigseitige Grundregelheft präsentiert sich in deutscher Sprache nun als 48-seitiges Hardcover. Allerdings hat sich der Preis dabei auch gleich praktisch verdoppelt. Ist das Original für sieben Dollar zu haben, kostet die deutsche Ausgabe nun knapp fünfzehn Euro – Super-Delüx eben.

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Rollenspiel:

Kobolde! - Das Bier und Brezel-Rollenspiel

Autoren: Chris O' Neill, Dan Landis und John Kovalic

Gebundene Ausgabe

48 Seiten

Verlag: Pegasus

Erschienen: Oktober 2006

 

ISBN: 3-937826-93-9

 

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 17.12.2006, zuletzt aktualisiert: 28.04.2023 13:10, 3215