Reihe: Pitt Pistol Bd. 2
Rezension von Christian Endres
Zum zweiten mal schicken die beiden Legenden René Goscinny und Albert Uderzo ihren sympathischen Kapitän Pitt Pistol gemeinsam mit dessen nicht minder sympathischen Crew ins Abenteuer – und wieder wartet manch ein Abenteuer auf unsere Helden, das in den Wogen des rauen Meeres oder der Brandung einer verborgenen Insel bestanden werden will ...
Pitt Pistol, nunmehr Korsar des Königs von Frankreich, zieht erneut mit seinen wackeren Männern ins Abenteuer. Diesmal begeben er und die Crew der Seestern sich gemeinsam mit dem mysteriösen Arthur Pökelsalz auf Schatzsuche. Doch nicht irgend ein Schatz soll gehoben werden: Nein, es geht explizit um den Schatz des Violetten Piraten – der, wie sich bald heraus stellt, gar nicht davon begeistert ist, wenn man ihn einfach so für tot erklärt oder wenn andere Leute sich daran machen, das Geheimversteck seines Schatzes vor ihm zu erreichen und diesen ohne ihn auszugraben.
Bis es aber zum Finale auf der kleinen Insel in Form eines Totenschädels kommt, auf welcher der Schatz angeblich vergraben ist, haben Pitt und seine Mannen andere Gefahren und Hindernisse zu bestehen: wilde Eingeborene mit kanibalistischen Neigungen und nicht zuletzt die zweifelhaften Machenschaften von Arthur Pökelsalz und dessen beiden chinesischen Leibwächtern, die den Schatz insgeheim natürlich allein für sich beanspruchen, stellen sich den Helden um den Korsar des Königs in den Weg ...
Korsar des Königs knüpft zumindest storytechnisch da an, wo Der unglaubliche Korsar aufgehört hat: Eine sympathisch-schusselige Crew um eine liebenswert-verträumter und idealistischer Titelheld, Action auf exotischen Inseln und zu hoher See und natürlich ein René Goscinny und ein Albert Uderzo, die zwar noch nicht ganz auf der Höhe ihres Schaffens, aber auf dem besten Weg dorthin sind und an vielen Stellen schon durchblitzen lassen, was sie beide können und was sie beide bald schon auf immer unsterblich machen sollte – das gilt sowohl für Goscinnys Geschichte, als auch für Uderzos Artwork. Beides wird in absehbarer Zukunft – Asterix, um den Namen wieder einmal in den Raum zu werfen – noch einen kleinen Schub auf die ultimative Ebene des grafischen Erzählens und zudem einen immensen Popularitätsschub erfahren, doch liest bzw. genießt es sich in Pitt Pistol ebenfalls schon vorzüglich, weshalb sich der zweite der auf vier Bände angelegten Reihe dieser Neuauflage im schmucken Hardcover-Album nicht hinter seinem Vorgänger verstecken braucht, ja im Gegenteil sogar noch eine sichtliche Steigerung in sich birgt, da die Mannschaft der Seestern sich im Band zwei nun ja bereits gefunden hat, dem Leser längst bekannt ist und sie obendrein ja schon so etwas wie ... nun, halbwegs erfahrene Freibeuter sind, die mit aufgebauschten Segeln in die Ferne aufbrechen können – und wenn sie das einmal nicht können, dann klemmen sie ein Beiboot vor ihr Schiff und schleppen es aus der Flaute. Mindestens.
In Sachen Aufmachung gibt es erfreuliches zu berichten: Trotz dem Alter der Vorlagen kann man vermelden, dass die in die Jahre gekommenen Seiten bei Band zwei der Reihe in einer etwas besseren Qualität des Weges daher kommen und im Vergleich zu Band eins (wo die Probleme mit den Vorlagen aber auch angesprochen wurden) eine deutliche Steigerung erfahren haben. Scheinbar konnte man bessere Quellen für die raren Vorlagen der Druckseiten auftreiben, vielleicht war die Bearbeitung aber auch einfach diesmal nur etwas besser – so oder so freut es mich als Leser natürlich ungemein, dass die schönen Zeichnungen von Uderzo nun in mehr als guter Qualität auf einem hochwertigen, etwas griffigen Papier erstrahlen. Ansonsten ist der Hardcover aus dem Hause Ehapa wieder einmal durchwegs schön aufgemacht, erfreut sich wie sein Vorgänger eines tollen Motivs auf Umschlagsinnen- und der ersten Vorsatzseite und hat auch wieder ein Cover mit herrlichen Farben und einem witzigen Motiv spendiert bekommen, das Albert Uderzo eigens für die Neuausgabe der französischen Ausgabe angefertigt hat. Lediglich die Redaktionsseiten gehen dem Nachfolger von Der unglaubliche Korsar ab, doch kann man das in Anbetracht des etwas besseren Drucks ausgleichend eigentlich verschmerzen.
Fazit: Korsar des Königs gefällt mir, auch was Inhalt und Artwork anbelangt, fast einen Tick besser als der erste Band um Pitt Pistol und die abenteuerlustige Mannschaft der Seestern, was natürlich vor allem daran liegt, dass man die Crew und ihre »Macken« jetzt schon kennt, aber natürlich auch an dem technisch aufgewerteten Druckbild und dem Gang, den Goscinny jetzt, da er die Einleitung und die Vorstellung der Personen hinter sich hat und sich ganz auf die Geschichten selbst konzentrieren kann, in Sachen Story höher geschalten hat. Trotz einiger Parallelen zum ersten Abenteuer von Pitt & Co. kommt keine Langeweile auf, da der meisterhafte und leider viel zu früh verstorbene Texter es in Korsar des Königs mit spielender Leichtigkeit schafft, dem Plot viele spritzige Details sowie eine Vielzahl richtig gelungener, teils pointierter, teils etwas lockerer Gags zu entlocken. Uderzos Artwork hingegen ist, wenn auch noch nicht vollständig auf dem Niveau zu seiner Asterix-Blütezeit, ein Leckerbissen und weiß auch in diesem Stadium bereits zu begeistern.
Captain Sparrow und der Fluch der Karibik? Pah! Wir haben Pitt Pistol und den »Fluch« der guten Comics aus früheren Tagen, und das reißt deutlich mehr Masten ein als Depp. Es gilt daher in bester Freibeutertradition: Wer den ersten Band der Serie mochte, der wird auch den zweiten lieben – und anschließend in der rauchschwangeren Schenke am Hafen seine Mannschaft zusammentrommeln, mit Gejohle und rasselnden Säbeln zu seinem wartenden Schiff an den Docks eilen und am frühem Morgen in See stechen, um sich die Zeit bis zum Erscheinen des dritten Bandes im März mit dem ein oder anderen Hochseeabenteuer zu verkürzen ...