Kurzer Prozess Bd. 7
 
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Kurzer Prozess Bd. 7

Rezension von Markus K. Korb

 

Die Kurzgeschiche hat in der Comic-Welt eine große Tradition. Gerade im Bereich der Erwachsenen-Comics hatte sich in den Siebziger Jahren mit dem Magazin „Heavy Metal“ eine interessante Plattform für anspruchsvolle Comic-Stories etabliert.

In den letzten Jahren ist die Kunstform der Comic-Shortstory leider etwas verblasst und findet sich kaum noch auf dem Mainstream-Markt, der von Superhelden-Alben dominiert wird. In kleineren Comic-Schmieden jedoch nimmt man das Produkt noch wahr und gibt den Zeichnern die Möglichkeit ihre Shorties zu präsentieren.

Eine Reihe des Gringo-Comics-Verlages ist hierfür angetreten, um im Bereich des „Horrors“ der Comic-Kurzgeschichte zu neuem Glanz zu verhelfen. Die Rede ist von „Kurzer Prozess“. Auf dem Erlanger Comic-Salon durfte ich mich zum ersten Mal von der interessanten Konzeption der Reihe überzeugen und war positiv überrascht. Mit dem siebten Heft der Reihe, das von Martin Frei gestaltet wurde, zeigt sich der bereits bekannte Zeichner und Autor in Personalunion schon zum dritten Mal innerhalb der Reihe.

 

Die im Heft enthaltenen Kurzgeschichten sind „3.Feb.2057“, „Requiem“, „Guten Morgen Lisa“, „Paranoia“ und „Star Sisters“. Alle Zeichnungen sind in Schwarz-Weiß gehalten. Auf eine Nachkolorierung wurde bewusst verzichtet.

In „3.Feb.2057“ geht es um ein Zeitparadoxon, das einem Bankräuber geschieht, womit gleichzeitig sein Schicksal sich erfüllt. Die Story spielt mit dem altbekanntem Muster des Zeitparadoxon. Nicht uninteressant, aber sicherlich schon oft gelesen.

„Requiem“ hingegen ist eine ironisch-zynische, knackige Variante des Umgangs der Musikbranche mit dem Starruhm. Sehr schön gezeichnete Charaktere und ein bitteres Ende. Kurz, packend, toll.

Bei „Guten Morgen Lisa“ spitzt sich das Geschehen um eine Sekretärin, die zu spät zur Arbeit erscheint, auf den Höhepunkt zu, den man durch die Betonung des Zuspätkommens allerdings anders erwartet. Kein Glanzstück der Sammlung, reichlich uninspiriert.

Anders dagegen „Paranoia“. Hier geling die Charakterzeichnung hervorragend und bietet mit dem Antagonisten und dem Setting eine gelungene Hommage an die DC Comics der 50er Jahre. Zwar ist das Ende für Phantastik-Kenner vorhersehbar, aber die Story bleibt dennoch das Paradestück des Heftes.

Dass „Star Sisters“, die Geschichte um zwei attraktive Raumfahrer-Ladies, dagegen abfällt, ist nicht weiter verwunderlich. Dennoch ist die Story ganz ordentlich und auch das parabelhafte Ende weiß zu gefallen.

 

Man mag über die Storyqualitäten unterschiedlicher Meinung sein. Martin Freis Pinselstrich ist aber über jeden Zweifel erhaben. Seine Zeichnungen sind detailreich und stets getragen von dem Willen zur bewussten Konzeption, sowohl was die Ausarbeitung der Hintergründe als auch der Gestaltung der Charaktere und Handlungsabläufe betrifft.

Hier zeigt sich Martin Freis Meisterschaft als Comic-Künstler. Da ist kein Amateur am Werke, der seine Stilmittel nicht einschätzen könnte oder gar auf artistische Zeichnungen verzichten würde. Martin Frei ist ein Comic-Artist per excellence, der durch seine häufig schraffierten und stark auf Schatteneffekte setzenden Stil zu überzeugen weiß.

Es wäre Gringo-Comics und dem Zeichner dringend angeraten, sich bei der Storykonzeption Unterstützung in Form der Zusammenarbeit mit einem Schriftsteller zu holen. Denn wenn die inhaltlichen Qualitäten der Stories mit den zeichnerischen in Übereinstimmung gebracht würden, wären die Comics von Frei einen Tick überzeugender. So bleibt es beim Mittelmaß – nicht wegen der Zeichnungen, sondern nur auf Grund fehlender inhaltlicher Tiefe und wenig überzeugender Plotkonstruktion.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240426065059423928d0
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Comic:

Kurzer Prozess Bd. 7

Martin Frei

Gringo Comics

Dezember 2001

3,50 Euro

erhältlich bei: Gringo Comics


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Erstellt: 16.05.2006, zuletzt aktualisiert: 11.04.2024 08:09, 2220