Lerchenlicht von Philipp Reeve
Hörbuch
Rezension von Christel Scheja
„Lerchenlicht“ aus der Feder des britischen Autors Philip Reeve ist ein guter Vertreter dessen, was man heute im Allgemeinen „Steampunk“ nennt: vor der Kulisse des viktorianischen Zeitalters und seiner Gesellschaft erleben die Helden Abenteuer, die sich Autoren wie Jules Verne und H. G. Wells auch nicht besser hätten ausdenken können. Die Technik basiert zudem nicht auf Elektrizität sondern basiert auf Dampfkraft.
Der Roman um zwei Geschwister wurde nun auch in ein Hörbuch umgesetzt, das von Rufus Beck gelesen wird. Die ca. 340 min lange und gekürzte Lesung befindet sich auf 5 CD’s in einem Schuber.
Zusammen mit ihrem Vater, der als Ichtyomorph-Biologe arbeitet, leben die Geschwister Art und Myrtle Mumby in einer Villa, die auch „Lerchenlicht“ genannt wird, im Weltraum und bereiten sich auf das Erwachsensein vor. Während der elfjährige Junge die Freiheit genießt, die Frachtschiffe bei An- und Ablegen zu beobachten, übt sich das etwas ältere Mädchen schon jetzt in den Tugenden einer feinen englischen Lady um später eine gute Partie zu machen, denn schließlich dauert es für sie ja nicht mehr lange, bis der Ernst des Lebens beginnt.
So verläuft das Leben der beiden mutterlosen Kinder im Grunde sehr beschaulich. Deshalb ist schon der angekündigte Besuch eines gewissen Mr. Spindler vom Königlich Xenologischen Institut etwas Besonderes und sorgt für Aufregung.
Zusammen mit ihrem Vater bereiten sich die Kinder auf die kommenden Tage vor und wollen es ihrem Gast so angenehm wie möglich machen, doch dann kommt es anders als gedacht.
Statt eines Menschen taucht eine Horde von Riesenspinnen auf, die den Biologen einspinnen und verschleppen, ehe er sich wehren kann, während die Kinder gerade noch entkommen können und ins All fliehen müssen. Dabei gelangen sie auf das Schiff des berühmten und berüchtigten Weltraumpiraten Jack Havock und seiner Bande von Aliens.
Während Myrtle in eine gnädige Ohnmacht versinkt, weil dies alles für ihre Nerven zu viel wird, bleibt Art allein übrig, sie beide, ihren Vater und den Tag zu retten. Doch wie kann man Piraten dazu bringen, einem zu helfen, und warum ist das alles geschehen?
„Lerchenlicht“ ist zwar in erster Linie eine Geschichte, dass sich an junge Leser ab zehn Jahren richtet, kann aber auch von älteren Zuhörern genossen werden, da der Autor nicht mit Anspielungen und Reminiszenzen auf die Klassiker geizt.
Zeitweise fühlt man sich durchaus in die Welt der Romane von Jules Verne versetzt. Dazu kommt ein ordentlicher Schuss Abenteuerroman und die eigentümliche Atmosphäre, die das Victorianische Zeitalter so mit sich bringt.
Natürlich gehen die Figuren nicht sonderlich in die tiefe und sind auf wenige archetypische Elemente reduziert – Art ist ein neugieriger und altkluger Lausbub, während seine ältere Schwester typisch zickig für einen Teenager reagiert und glücklicherweise über weite Strecken der Geschichte nicht bei Bewusstsein ist, aber das bietet die Gelegenheit die Geschichte schneller voran zu treiben. Und dabei erleben sie einziges in einer verrückten und skurrilen Welt, in der die Briten ihr Empire auf das Universum ausgeweitet haben und die Raumschiffe selbst wie alte Segelschiffe aussehen.
Rufus Beck, der ja schon durch „Harry Potter“ erprobt darin ist, eigenwillige Charaktere in Szene zu setzen, kann auch diesmal punkten und die Geschichte durch seine Stimme zum Leben erwecken. Er gibt jeder Figur eine unverwechselbare Stimme und bewahrt ein wenig die Atmosphäre, die er auch schon bei J. K. Rowlings Werk benutzte, um die exotische und ein wenig abgedrehte Stimmung einzufangen. Das tröstet darüber hinweg, dass man im Hörbuch auf die schönen Illustrationen von David Wyatt verzichten muss.
Damit ist „Lerchenlicht“ spannende Unterhaltung für jung und alt – Kinder wird das abgedrehte Szenario gefallen, während Erwachsene nostalgische Gefühle entwickeln und die vielen kleinen Andeutungen genießen können.