MacGyver - Staffel 1 (DVD)
Filmkritik von Christel Scheja
Rezension:
MacGyver gehört zu den Serien, die auch nach über zwanzig Jahren noch nicht ihre Fans verloren haben und immer wieder neue dazu gewinnen. Mag das Aussehen der Leute längst antiquiert wirken – man denke an die gelockten, teilweise schulterlangen Vokohila (vorne Kurz- hinten lang)-Frisuren des Helden und vieler anderer Männer oder die lockigen Dauerwellen der Frauen im Stil von Dallas und Denver, so hat sie doch nichts von ihrem Charme verloren.
Denn der pfiffige Held, der nicht so sehr hasst wie Gewalt oder böse Buben und niemals ohne sein Schweizer Armeemesser und ein wenig Klebeband aus dem Haus geht ist einer ganzen Generation als der Held bekannt, der aus Kaugummi und Limonade eine Bombe baut und vielleicht wieder entschärft oder die Bremsen eines Autos bei voller Fahrt repariert.
Egal wie wenig Werkzeug und Material MacGyver zur Verfügung steht – er findet immer eine Lösung, auch wenn er manchmal zu hanebüchen wirkenden Wegen greift, um sein Ziel zu erreichen.
Vor allem sein chemisches, physikalisches, elektronisches und mechanisches Wissen kommt ihm dabei zu Gute. Ob er diese Fächer studiert hat, oder sich selbst weitergebildet, wird allerdings nie verraten.
Allein die Feindbilder wirken ein wenig seltsam. Aber man darf nicht vergessen, dass gerade um das Jahr 1985 noch einmal der kalte Krieg stark aufflammte und nahe daran war, zu eskalieren. So sind viele seiner Gegner russische Agenten und nicht nur internationale Terroristen, die sich keinem Land zuordnen lassen.
Paramount präsentiert nun die 22 Folgen der ersten Staffel in einer DVD-Box. Wie damals üblich gibt es zwar eine Pilotfolge, die aber nicht unbedingt als solche zu erkennen ist, da die Charaktere gleich in ihren typischen Rollen auftreten und nicht erst umständlich eingeführt werden.
In „Explosion unter Tage“ versucht Mac Gyver einige in einem unterirdischen Labor eingeschlossenen Wissenschaftler zu retten. Schon hier merkt man, dass der ehemalige Angehörige einer US-Spezialeinheit nicht nur sehr belesen und klug ist, sondern auch große Kreativität beweist.
Er arbeitet im Auftrag der privaten Phoenix Foundation, die immer dann eingreift, wenn die Situation für staatliche Stellen zu brenzlig wird. Sein direkter Chef und gelegentlicher Partner ist Pete Thornton. Meistens aber ist MacGyver, dessen Vornamen man übrigens in der ganzen ersten Staffel nicht erfährt, ein Einzelgänger, der nur hin und wieder einmal mit alten Freunden oder Bekannten zusammenarbeitet.
Seine Aufträge führen ihn letztendlich durch die ganze Welt: In Burma versucht er an einer abgelegenen Absturzstelle einen Giftbehälter zu bergen und gerät mit einem despotischen General aneinander, der ein ganzes Dorf in Angst und Schrecken versetzt. In Südamerika hilft er einer Journalistin dem Zugriff eines Diktators zu entkommen und legt sich mit einer ganzen Armee an. Er reist auch in den Ostblock.
In Budapest bekommt er es mit einer frechen Diebin zu tun, und durch einen Auftrag in Ostdeutschland muss er entdecken, dass ein Maulwurf die Phoenix Foundation infiltriert hat. Weitere Reisen führen ihn nach Bulgarien und in das sowjetisch besetzte Afghanistan, wo es Menschen und wichtige Informationen zu retten gilt.
Ein anderes Mal versucht er mit einem befreundeten Forscher und einem Plantagenbesitzer den Vormarsch gefährlicher Killerarmeisen aufzuhalten.
Aber auch in seiner Freizeit lebt er gefährlich. Während eines Angelsausfluges mit seinem Großvater nehmen ihn Profikiller ins Visier, ein anderes Mal wird er von ein paar Gangstern als Geisel genommen, die ihn gewaltig unterschätzen.
Bei all diesen Abenteuern nimmt er niemals eine Waffe in die Hand. Zwar benutzt er bei seinen Konstruktionen hin und wieder Gewehre zur Abschreckung, vermeidet es aber, dass sie jemanden verletzten. In einer der Folgen erfährt man, dass ihn ein Erlebnis aus seiner Jugend nachhaltig geprägt hat.
Als Junge musste er mit ansehen, wie sich ein Freund bei unsachgemäßem Umgang mit einer Pistole selbst erschoss. Welchen Beruf er nun eigentlich gelernt hat, wird niemals klar, man erfährt nur in der Folge, in der er ein Kreuzfahrtschiff vor einem wahnsinnigen Bombenleger gerettet hat, dass er vermutlich im Krieg bei einer Einheit war, die vor allem Bomben entschärfte.
In den 1980ger Jahren kannte man gerade im Action und Abenteuergenre noch keine durchlaufenden Storylines, die vor allem die Entwicklung der Charaktere beeinflussten. Eine Zäsur gab es allenfalls, wenn ein Teammitglied ausschied. Somit sind die Folgen komplett voneinander unabhängig und beliebig vertauschbar.
Gerade in der ersten Staffel gibt es neben dem Hauptcast auch noch keine wiederkehrenden Charaktere wie etwa Jack Dalton, der ein enger Freund des Helden aus seinen Kriegstagen ist, oder MacGyvers Nemsis, der psychopatische Killer Murdoc.
Die Serie ist komplett auf den Hauptcharakter konzentriert. Selbst Pete Thornton spielt nur eine kleine Rolle neben MacGyver, der ein eingefleischter Junggeselle zu sein scheint, obwohl er anziehend auf Frauen wirkt und auch selbst gerne einmal flirtet. Er entspricht dem klassischen Abenteuerhelden – Ende dreißig, hochgebildet und anderen gegenüber ein vollendeter Gentleman.
Ungewöhnlich ist nur sein ausgeprägter Pazifismus und seine eher sanften und zurückhaltenden Charakterzüge in einer Zeit, in der Actionhelden gerade wieder begannen schneller zu schießen als zu verhandeln und vor allem machohaftes Imponiergehabe zeigten, wie etwa die Helden aus „Miami Vice“.
Vermutlich hat gerade das ihn so unvergesslich gemacht und besonderen Reiz auf weibliche Zuschauer ausgeübt. So kämpft Hauptdarsteller Richard Dean Anderson noch heute mit seinem Ruf als „MacGyver“, obwohl er durch seine Rolle als Colonel Jack O’ Neill in acht Staffeln „Stargate SG-1“ und Auftritten in anderen Serien und Filmen durchaus auch andere Facetten seines schauspielerischen Könnens gezeigt hat.
Ein weiterer Punkt, der der Serie Kultstatus verleiht ist wohl der kreative Umgang mit Materialien des täglichen Lebens. Jeder hat sich gefragt, ob das, was MacGyver zusammenbastelt wirklich funktioniert, einige haben es sogar ausprobiert.
Erstaunlicherweise sind nicht alle seine Entwicklungen nur getrickst, einiges scheint durchaus zu funktionieren – zumindest kurzfristig.
Da private und berufliche Episoden einander abwechseln ist der Verlauf einer Folge nur bedingt voraus zu sehen und die Staffel insgesamt sehr abwechslungsreich gestaltet. Gemeinsam sind jedoch allen die einführenden Worte des Helden, die später meistens in irgend einer Szene Widerhall finden.
Und wenn man das Gefühl hat, den Plot zu kennen, so liegt man bei manchen Folgen nicht einmal falsch. Einige lehnen sich an bekannte Filme wie „Der Clou“, „18 Stunden bis zur Ewigkeit“ oder „Wenn die Marabunta droht“ an, die Drehbuchautoren verfremdeten die Story jedoch sehr stark und banden eigene Ideen mit ein.
Die technische Umsetzung der DVD’s ist leider sehr schlicht ausgefallen. Zwar wurden Bild und Ton etwas aufbereitet, zeichnen sich aber immer noch durch Unschärfen und leichte Farbschwankungen und eine schlichte Mono-Spur aus. An Extras wurde den sechs DVDs nur ein Booklet mit kurzen Episodenübersichten beigefügt. Die Scheiben selbst befinden sich auf Plastikdisplays, die wie ein Buch aufklappbar sind und nur von einem dünnen Pappumschlag zusammengehalten werden, der von oben her über den Gesamtdisplay geschoben werden muss.
Ein stabiler Schuber wäre vielleicht sinnvoller gewesen. Alles in allem kann man aber mit der Umsetzung zufrieden sein, gibt sie MacGyver doch in der Qualität wieder, wie man die Serie bereits in den 1980ger Jahren im Fernsehen sehen konnte.
Fazit:
Man merkt schnell, warum MacGyver einen Kultstatus erhalten hat. Auch wenn manche Feindbilder und Gegenspieler antiquiert wirken, so lebt die Serie doch von ihrer straffen Handlungsführung, den vielseitigen Abenteuern und den kreativen Lösungen des Helden, die bereits eine Generation in den Bann schlugen und eine zweite neugierig machen könnte.
Gerade weil MacGyver zum Pazifismus neigt und seinen Problemen niemals mit Gewalt sondern immer nur mit viel Köpfchen zu Leibe rückt, bietet er einen angenehmen Gegensatz zu den heutigen Actionhelden, die oft eines verlernt zu haben scheinen – das Denken.
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