Märchen von Wilhelm Hauff
heraugegeben von Bernhard Zeller
Rezension von Christian Endres
Wer kennt sie nicht, die Märchen von Wilhelm Hauff? Viele lesen heute wahrscheinlich ein Hauff-Märchen oder sehen eine Adaption, ohne wirklich zu wissen, was sie da gerade eben konsumieren. Dabei haben die meisten schon in jungen Jahren klassischen Märchenstoffen wie der Geschichte von Kalif Storch, dem kleinen Muck oder Zwerg Nase gelauscht. Und die Verfilmung des Wirtshaus im Spessart ist ja nun auch nicht so unbekannt.
Darüber hinaus finden sich viele Motive von Hauffs legendären Märchen immer wieder in der zeitgenössischen Fantastik wieder. Sie scheinen ein nicht unerhebliches narratives Rüstzeug für Autoren-Giganten wie Tadd Williams oder Dave Duncan oder sogar Comic-Stars wie Mike Mignola oder Bill Willingham zu sein. Gerade die besondere Struktur der drei Märchenzyklen des schwäbischen Dichters wird immer wieder aufgegriffen - also das Einbetten fantastischer Geschichten in eine ebenfalls fantastisch angehauchte Rahmenhandlung, aus der heraus diese Geschichten erzählt werden.
Gut und wichtig und vor allem sehr löblich also, dass sich ein deutscher Verlag darum bemüht, immer eine vollständige Ausgabe mit den gut gealterten Märchenevergreens des 1802 geborenen Wilhelm Hauff im Programm zu halten. Einziger Wermutstropfen dieser Ausgabe im handlichen insel-Taschenbuch: Entgegen früherer insel-Auflagen (bzw. anderen Ausgaben der Märchenklassiker im Sammelband) wurde diesmal leider auf die passend klassischen Illustrationen verzichtet, die früheren Editionen ein begleitendes Stimmungsbild verpasst haben. Dafür hat die kompakte Taschenbuchausgabe ein schönes Nachwort von Herausgeber Bernhard Zeller, in dem dieser Hauffs Leben fachkundig Revue passieren lässt und das Verständnis für die Bedeutsamkeit dieser deutschen Märchensammlung schärft.
Zwischen den wüstenwindumwehten Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht und dem eher rustikalen Sagengut aus dem Schwarzwald – das sind die Stoffe, aus denen die Märchenklassiker von Wilhelm Hauff gemacht sind.
Hauff steht in einer Reihe mit Andersen und den Gebrüder Grimm. Folglich ist dieser Band trotz seiner etwas spartanischen Aufmachung eine weitere Fundgrube klassischer deutscher Märchengeschichten.
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