Mayerling von Marc Gruppe
Hörspiel
Reihe: Sherlock Holmes – Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs Folge 41
Rezension von Cronn
Sherlock Holmes ist auch heute noch ein Garant für Aufmerksamkeit beim Publikum. Der Detektiv aus der Bakerstreet genießt Kultstatus. Dies ist auch dem Hörspiel-Label Titania Medien bewusst und daher wurden die Originalerzählungen bereits – häufig gelungen, z. T. sogar sehr gelungen – umgesetzt.
In den Geheimen Fällen des Meisterdetektivs werden nun Nicht-Sherlock-Holmes-Werke zu Sherlock-Holmes-Werken umgeschrieben von Marc Gruppe. Nachdem dies bereits einige Male geschehen ist, hat sich der Adapteur selbst an das Verfassen eines neuen Falles für den Meisterdetektiv und seinen Kollegen Dr. Watson gemacht. Wie gelungen das ist, soll die nachfolgende Rezension zeigen, die kleinere Spoiler enthält. Also Vorsicht, wer diese Spoiler scheut, mag gleich zum Fazit springen.
Verlagsinfo:
Wagners »Der Ring des Nibelungen« führt Holmes und Watson nach Wien, wo sie in der Hofoper auf die Baronin Helene Vetsera treffen, deren jüngste Tochter Mary unter seltsamen Unpässlichkeiten leidet. Als sie im Grand Hotel ein Gespräch zwischen eben dieser Mary Vetsera und der Nichte der Kaiserin belauschen, in dem es offensichtlich um Geldangelegenheiten geht, wird die Neugier des Meisterdetektivs geweckt …
Kritik:
Bereits im Jahr 2008 hat sich Gerhard Tötschinger an einer Umsetzung der mysteriösen Kriminalfalls im Habsburger Landschloss »Mayerling« unter Zuhilfenahme von Sherlock Holmes versucht. Nun hat Marc Gruppe ebenfalls diesen historischen Fall als Grundlage genommen. Dies ist prinzipiell eine geschickte Herangehensweise, um eine neue Novelle rund um den Detektiv zu entwickeln. Leider haben sich aber einige Kardinalfehler ereignet, die den Genuss des Ergebnisses stark eintrüben.
Zwei CDs ist das Hörspiel lang, da ist viel Zeit für Marc Gruppe sein Wiener Panoptikum zu entfalten und das nutzt er auch reichlich aus. Leider entsteht dabei aber kein gerafftes Werk, sondern viel Leerlauf rund um Wagners Opern, Wiener Lokalkolorit und historische Details. Zuviel Recherche kann dazu führen, dass sich ein Autor in eine Szenerie zu sehr verliebt und dabei die Dramaturgie vernachlässigt. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen.
Sherlock Holmes und Dr. Watson sind zudem größtenteils zu akustischen Voyeuren degradiert und dürfen kaum Ermittlungsarbeit leisten. Was sie tun dürfen, ist eine Toteneskorte bilden und Begleitung für in den Fall verwickelte Personen sein. Zwar ist anfangs der humoristische Tonfall zwischen Dr. Watson, Sherlock Holmes und Mrs. Hudson sehr gut eingefangen, allerdings wirkt später das Zusammentreffen mit ihr und deren Verwandten Margery Mapleton zu sehr konstruiert und lässt an den »deus ex machina«-Effekt denken. Aber das erneute Zusammentreffen erweist sich in der Folge als nicht zwingend notwendig für den Handlungsverlauf, sondern dient lediglich für humoristische Zwischentöne. Diese sind sehr gut gelungen und lockern das Geschehen immer wieder auf.
Die Sprecher machen ihre Sache sehr gut, allen voran Joachim Tennstedt als Sherlock Holmes und Detlef Bierstedt als Dr. Watson.
Das Sounddesign ist über alle Zweifel erhaben. Geschickt wird mit Distanzen gearbeitet, werden Soundeffekte eingearbeitet und Dialektfärbungen gespielt. Leider ist das zugrundeliegende Werk nicht annähernd so gelungen.
Fazit:
»Mayerling« erzählt einen realen Kriminalfall, wobei eine neue Perspektive eingenommen und unter Beifügung von Sherlock Holmes anders eingefärbt wird. Allerdings tauchen dabei gravierende dramaturgische Mängel auf. Das Hörspiel tritt in Sachen Handlung oft auf der Stelle, besitzt unnötige Stellen und lässt auch die Charaktere Sherlock Holmes und Dr. Watson blass aussehen. Damit ist »Mayerling« eines der schwächsten Hörspiele der Reihe.
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