Ungekürzte Lesung von Nina Petri
Rezension von Tanja Thome
Rezension:
David Safier ist als Romanautor bislang unbekannt gewesen, hat er seine Zeit bislang doch vielmehr als Autor von Serien wie „Nikola“ und „Berlin, Berlin“ verbracht. Ein kleines bisschen enthüllt diese Tatsache auch den Stil seines ersten Romans Mieses Karma, der noch im Erscheinungsjahr 2007 als Hörbuch von Nina Petri eingesprochen wurde und bei Hörbuch Hamburg als ungekürzte Lesung auf vier CDs mit 297 Minuten Laufzeit zu haben ist.
Kim Lange ist als Fernsehmoderatorin ausgesprochen erfolgreich, was sich allerdings deutlich auf ihren Charakter und ihr Privatleben ausgewirkt hat: Sie ist ziemlich zickig und gleichgültig, ist ihren Mann leid und hat auch kaum Zeit für die gemeinsame Tochter. Dass Kims Mann sie des Öfteren auf ihre etwas merkwürdige Prioritätenverteilung anspricht, geht Kim lediglich auf die Nerven. Eines Tages beginnt Kim dann aber doch einmal über ihr Leben und ihre Art und Weise, es zu führen, nachzudenken. Es ist ihr Todestag, denn Kim wird bei der Verleihung des Fernsehpreises von den Trümmern einer russischen Raumstation erschlagen.
Fortan fristet sie ihr Leben als Ameise, denn auch Buddha befindet, dass Kim in ihrem menschlichen Leben vor allem mieses Karma angesammelt hat. Plötzlich fehlt Kim ihre Familie und sie möchte zurück, doch dieser Weg scheint ihr versperrt. Ihr bleibt nur, soviel gutes Karma wie möglich zu sammeln – und das auch noch aus völlig uneigennützigen Gründen -, um irgendwann auf eine Reinkarnation als Mensch hoffen zu können und dann vielleicht, aber auch nur vielleicht, ihre Familie wieder in die Arme schließen zu können. Doch das ist alles andere als ein Spaziergang, wie Kim bemerken muss, die von einem Leben zum nächsten stolpert: als Ameise, Regenwurm, Meerschweinchen, Eichhörnchen … und irgendwann dann auch als Beagle, was ihr Hoffnung gibt …
Was sich nach einer witzigen Geschichte anhört, die möglicherweise ein bisschen in den Kitschbereich fällt und vor allem für weibliche Hörer interessant sein dürfte, entpuppt sich als witzige und vor allem sehr kurzweilige Geschichte, die nur wenig kitschbehaftet ist und bei der auch Männer auf ihre Kosten kommen. Hier macht sich wohl einfach bemerkbar, dass „Mieses Karma“ von einem Mann geschrieben wurde. In gewisser Weise erstaunlich, denn die weiblichen Figuren des Hörbuchs, in erster Linie Kim Lange, aber auch ihre Nebenbuhlerin Nina beispielsweise, wirken durchweg authentisch, nicht aufgesetzt oder sonderlich übertrieben.
Wie anzunehmen, steht die Liebe im Mittelpunkt des Ganzen, und doch ist „Mieses Karma“ keine schlichte Liebesgeschichte. Kim hadert mit den Gefühlen für ihren Exmann, mit denen für ihren großen Schwarm aus den letzten Lebenswochen als Kim Lange selbst, aber sie setzt sich auch mit den Gefühlen zu ihrer Tochter, zu ihrer Mutter und überhaupt mit positiven Gefühlen zu allen erdenklichen Mitmenschen und „Mittieren“ auseinander. Diese Tatsache hebelt „Mieses Karma“ aus dem 0815-Schema heraus und macht das Hörbuch zu einem wirklich lohnenswerten und keineswegs abgedroschenen Zeitvertreib.
Mit Nina Petri als Sprecherin hat man genau die richtige Wahl getroffen. Problemlos lebt sie sich in den Charakter von Kim Lange ein und transportiert diesen entsprechend. Ob es anfangs nun um deren zickige Lebensführung und –einstellung geht, die entsprechend präsentiert wird, oder ob eine rührende oder vielleicht gar traurige Szene an der Reihe ist: Nina Petris Tonfall wirkt stets passend. Ironisch, genervt, nachdenklich, traurig oder glücklich – die Palette ist groß und rasch versinkt der Zuschauer in der Geschichte und ist gänzlich überrascht, wenn schon wieder eine CD ihr Ende gefunden hat, ein Wechsel ansteht und somit unweigerlich auch ein Stück weit das Ende des Ganzen in die Nähe rückt.
Fazit:
„Mieses Karma“ ist leichte und kurzweilige Unterhaltung, bei der die Kombination aus Buchvorlage von David Safier und Lesung von Nina Petri ein zu hundert Prozent gutes Gespann abliefern. Das Schöne am Hörbuch ist jedoch, dass trotz aller Leichtigkeit und Lacher auch Raum für Nachdenkliches gegeben wird, wo andere Titel mit Schnulzenhaftigkeit überladen würden. Kurzum: wirklich hörenswert!