Rezension von Cronn
Ich lenke mein Papierboot über die Kaskaden des Wasserfalls hinab, wo ich auf einige Steine treffe. Geschickt umschiffe ich sie, denn sie würden mein Boot zerschrammen.
Anschließend lege ich den Turbo ein, um das golden schimmernde Tor möglichst schnell zu durchfahren, das sich vor mir in einiger Entfernung auftut.
Die Zeit drängt!
Nach den Seerosenblättern, die mir die Weiterfahrt verhindern, schwenke ich nach rechts. Sogleich schwimme ich durch ein weiteres Tor und unter einer Brücke hindurch. Daneben ist eine Rampe. Ich werfe mich mit dem Turbo nach vorn und fliege über die Rampe hinweg auf ein höher gelegenes Wasserbecken. Dort ist ein weiterer goldener Bogen.
Über einen nächsten Wasserfall hinweg gelange ich nach unten in einen Bereich des Gartenteiches, wo schon die anderen Papierboote auf mich warten.
Geschafft!
Rezenaion:
My Paper Boat heißt das Projekt, das sich die TML Studios vorgenommen haben und das nun von Aerosoft veröffentlicht wird. Dabei handelt es sich um einen »Papierboot-Simulator«. Ein kleines Game für Zwischendurch. Veröffentlicht wird es auf Steam.
Doch wie gelungen ist das Casual-Game?
Hintergrund:
Wie bei vielen Casual-Games gibt es auch hier keine greifbare Backgroundstory. Von daher kann gleich zum Gameplay übergegangen werden.
Gameplay:
Man steuert als Spieler ein Papierboot aus der Perspektive von schräg hinten. Per WASD-Steuerung lässt sich das Boot lenken. Mit Shift-Taste schaltet man den Turbo dazu.
Fährt man auf Steine auf, erhält das Boot Schaden, was man durch Aufsammeln von Erste-Hilfe-Kreuzen wieder auffrischen kann. Turbo lädt man durch Blitze-Symbole wieder auf.
Die Physik ist dank der Unreal-4-Engine ordentlich. Allerdings ruckelt das Game, sobald Gräser und andere Hindernisse sich vor die Kamera schieben.
Es gibt 3 Spielmodi: Geldsammeln, Tor-Durchfahrt und Kanoneschießen. Die ersten zwei Spielmodi ähneln sich sehr und spielen sich recht spaßig. Das Kanoneschießen auf Zielscheiben ist neu und erweist sich als gelungene Hommage an »Black Flag«.
Das Spiel findet auf 5 Maps statt. Das ist aus Auswahl sehr gering. Schnell ist man damit durch.
Langzeitmotivation sollen die freischaltbaren Optionen bringen. Hier kann man sein Papierboot farblich verändern und auch neue Items freischalten. Das Papiermuster kann ebenfalls verändert werden, sobald man neue Optionen freigespielt hat. Das motiviert recht ordentlich und macht eine Zeit lang Spaß.
Grafik und Sound:
Wenn man »Unreal 4«-Engine hört, denkt man sofort an Grafikpower und Grafikpracht. Allerdings vergisst man dabei leicht, dass diese Grafik bei aller Motorenpower dahinter dennoch programmiert werden muss und nicht per se zur Verfügung steht.
Bei »My Paper Boat« ist die Grafikpower nicht zu spüren, aber zu erahnen. Das Wasser sieht sehr gut aus und das Papierboot ebenfalls. Die restliche Grafik ist unter »ausreichend« bis »mäßig« zu klassifizieren.
Clippingfehler fallen ebenso auf wie matschige Texturen. Die Hintergrundsounds wiederholen sich schnell und wirken ab und an (Stichwort: Pistolenschüsse im Canyon) deplaziert und unmotiviert.
Fazit:
»My Paper Boat« ist ein Casualgame, das für einen kurzen Zeitraum motiviert und Spaß macht. Doch nach einer Stunde ist die Luft raus. Die wenigen Maps sind durchgespielt, die drei Modi hat man gesehen und die Items hat man größtenteils freigespielt. Dadurch, dass sich die Items auch nicht auf das Spielverhalten des Bootes auswirken und nur Kosmetik sind, möchte man auch nicht mehr ein neues Game starten.
Ein entsteht ein Paradoxon: »My Paper Boat« ist ein Casualgame für Hardcore-Casualisten, die nebenbei in der Mittagspause daddeln wollen und denen es egal ist, ob das Gamedesign tiefsinnig und durchdacht ist. Alle anderen lassen besser die Hände von »My Paper Boat«.
Kurz gesagt: »My Paper Boat« hat eine sympathische Grundidee, die aber ohne Liebe zum Game programmiert wurde. Mit weiteren Maps und Gameplay-Elementen wäre aus dem Game ein kleiner Casual-Hit geworden.
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