Old Man Hawkeye – Auge um Auge
Rezension von Ingo Gatzer
Rezension:
Vor einem Jahrzehnt kamen Mark Millar und Steve McNiven mit „Wolverine: Old Man Logan“ auf die Idee, einen alternden Superhelden in eine dystopische Zukunft zu versetzen. In diese Fußstapfen treten nun Ethan Sacks und Marco Checchetto, die sich aber nicht den Helden mit dem Adamantiumklauen, sondern dem bekanntesten Bogenschützen des Marvel-Universums widmen. Das Ergebnis ist „Old Man Hawkeye“. Die ersten sechs – zwischen März und August 2018 erstmals erschienenen – Geschichten hat Panini nun im ersten Sammelband „Auge und Auge“ zusammengefasst.
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind verheert und ihre Bewohner ächzen unter der Herrschaft von Schurken. (Super-)Helden, die sich ihnen entgegen stellen könnten, gibt es kaum noch, nachdem die meisten Avengers und X-Men durch einem Verrat getötet wurden. Als er eine Hiobsbotschaft erhalten hat, begibt sich der sichtlich gealterte Hawkeye auf einen Rachefeldzug. Doch der Bogenschütze hat es bald mit mehreren Gegnern zu tun, von denen einer mindestens so zielsicher wie er ist. Andere sind noch nicht einmal von dieser Welt.
Autor Ehtan Sacks erzählt mit „Old Man Hawkeye“ eine packende Rache-Story. Dabei dürften Kenner des Marvel-Universums auf einige alte Bekannte treffen: Vor allem die Gegenspieler des Bogenschützen haben es in sich und sind gleichermaßen ansprechend wie unterschiedlich charakterisiert. Mit der Hiobsbotschaft, die Hawkeye erfährt, gibt Sacks seiner Hauptfigur als „Tritt in den Arsch“ eine nachvollziehbare Motivation, um mehr zu tun, als sich nur weiter mit Leibwächterjobs durchzuschlagen. Allerdings hätte der Geschichte eine etwas breitere Basis gut getan. So fokussiert sie sich doch ein wenig einseitig auf das Rachethema.
Zeichner Marco Checcetto gebührt ein großes Lob dafür, wie er die dystopische Zukunftswelt, in der die Handlung spielt, mit seinen atmosphärischen Illustrationen zum Leben erweckt. Das beginnt bei vielen feinen Details und reicht bis zu immer wieder schön gestalteten Hintergründen. Dabei mischt er die Zukunftsvision mit einen gutem Schuss Vergangenheit, indem er Westernelemente – „Firefly“ lässt grüßen – einbaut, die absolut stimmig sind. Auch das Design der Figuren ist dem Italiener hervorragend gelungen. So sind sowohl der gealterte Hawkeye als auch andere Figuren sehr ansprechend gezeichnet, wobei bei einem Gegenspieler des Bogenschützen die Gesichtszüge vom Westernstar Lee van Cleef unverkennbar sind. Die von Checcetto illustrierten Actionszenen wissen insgesamt zu gefallen, wobei die Brutalität an Italowestern erinnert, aber vielleicht nicht jedem Leser zusagt. Manchmal wirken die Sequenzen allerdings etwas unübersichtlich.
Eine passende Einführung in das spezielle Setting des Bandes bietet Christian Endres im Vorwort. Dabei gibt er Neulingen interessante Informationen, die ein Zurechtfinden erleichtern. In einigen Punkten verrät er den Lesern jedoch etwas zu viel und nimmt so Spannung aus der Story. Als Bonus finden sich am Ende des Bandes noch ein Interview mit Zeichner Marco Checchetto sowie einige Illustrationen der zentralen Figuren.
Fazit:
„Old Man Hawkeye – Auge um Auge“ ist eine spannende dystopische Superheldenstory mit Neo-Westernsetting und ansprechenden sowie sehr stimmungsvollen Zeichnungen. Wer sich nicht an dem etwas eindimensionalen Rachethema und der Brutalität stört, sollte auf jeden Fall zugreifen.
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