Ordensbuch: Raphaeliten
 
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Ordensbuch: Raphaeliten

Reihe: Engel

Rezension von Christoph Fischer

 

Mitten im schroffen und unwirtlichen Gebiet der Alpen hat der friedfertigste aller Orden in Gratianopel Stellung bezogen. Die Heilenden Hände des Herrn ziehen von hier in die Welt hinaus, um der gepeinigten Bevölkerung Europas Linderung ihrer Leiden und Heil für ihre Seele zu bringen.

 

Das mittlerweile dritte Ordensbuch zum Rollenspielsystem Engel vom Verlag Feder und Schwert stellt den Orden des Erzengels Raphael im Detail vor. Es entspricht im Layout und inhaltlichen Aufbau ganz den bereits erschienenen Ordensbüchern. Die 112 Seiten sind wieder in fünf Kapitel und einen Appendix unterteilt. Das jeweilige Kapitel wird durch eine Kurzgeschichte eingeleitet. Dadurch werden die reinen Beschreibungen in den Kapitel aufgelockert und gleichzeitig die Stimmung innerhalb des Ordens eingefangen.

 

 

Die das Ordensbuch Raphaeliten – Die heilenden Hände des Herrn einleitende Kurzgeschichte „Kein schöner Land“ beginnt auf erfrischend andere Art mal mit einem Volkslied. Das Lied besingt die Liebe und Verehrung der in Raphaelsland Lebenden für „ihren“ Orden. Es gibt damit bereits einen ersten Hinweis, dass es sich unter den Schwingen der Raphaeliten wohl am unbeschwertesten Leben lässt als im Rest Europas.

 

Zu Beginn des ersten Kapitel „Geographia Terra Raphaelitorium“ lauscht der Leser dem Bericht einer Beutereitergruppe von ihrer Tour durch Raphaelsland und lernt so Land und Leute hautnah kennen. Nach dieser eher subjektiven Sicht der Dinge wird dann nochmals ausführlicher und objektiver Flora und Fauna, Land und Leute, örtliche Geflogenheiten und wichtige Städte unter der Herrschaft des Ordens und Diadochen beschrieben. Vor allem Gratianopel mit seinen drei Stadteilen erfährt auf ca. 8 Seiten dabei besondere Aufmerksamkeit. Gleich einem Rundgang durch die Stadt werden besondere Sehenswürdigkeiten, Einrichtungen und Institutionen vorgestellt. In einer Randnotiz erfährt man in diesem Kapitel auch näheres darüber, wie die Raphaeliten zu ihrer jetzigen Engelsburg gekommen sind. Wie bereits an andere Stelle erwähnt, haben die Raphaeliten ihren Himmel von den mittlerweile vernichteten Ragueliten sozusagen Schlüsselfertig bezogen. Diese hatten bereits ihren zweiten Himmel im fernen Trondheim fertig gestellt, während der Bau der Heilenden Hände des Herrn noch nicht mal die Höhe einer gewöhnlichen Kirche erreichte. In diesem Abschnitt wird auch aufgelöst, wo die Ruine dieser ersten unvollständigen Engelsburg steht.

 

In der zweiten Kurzgeschichte „Heimat“ kann man dem fast mütterlichen Gespräch zwischen dem jungen Engel Mudriel und seiner Ausbilderin Irvaniel belauschen. Es dreht sich im Wesentlichen um die viele Raphaeliten verstörende Tatsache, dass sie ihren Himmel nicht selbst errichtet, sondern geschenkt bekommen haben. Irvaniel gibt im Verlauf des Gespräches auch einen Hinweis, warum die Ragueliten Gratianopel überhaupt erst verlassen haben.

 

Das Kapitel zwei „Castra Raphaelitorum“ stellt ein Streifzug durch die Engelsburg der Raphaeliten dar. Es entspricht im Aufbau weitgehend der Beschreibungen der bereits erschienenen Ordensbücher. Auffälligste Unterschiede liegen zum einem darin, dass wie im ersten Kapitel auch dieses durch einen subjektiven Bericht eingeleitet wird. Diesmal hat ihn ein Monach vom Heiligen Orden der Ramieliten verfasst, der es sich zur Aufgabe gemacht hat alle Himmel zu beschreiben.

Auf der anderen Seite liegen die Unterschiede natürlich in den Besonderheiten des Himmels selbst. So erfährt man, dass die Raphaeliten ihren Himmel Raphaels Leib nennen. Dementsprechend wurden viele Abschnitte des Bauwerkes nach bestimmten Körperteilen des Erzengels benannt, obwohl es auch Ausnahmen von dieser Regel gibt. Weiterhin wird entlang des Pfades hinauf zum Himmel und der Räumlichkeiten innerhalb der Engelsburg der typische Behandlungsablauf von der Pilgerfahrt zum Himmel bis zur eigentlichen Behandlung beschrieben.

Im diesem Kapitel wird auch an verschiedenen Stellen Hinweise auf das eine oder andere Vermächtnis der Ragueliten gegeben. So zum Beispiel die besonderen Verteidigungsanlagen der Engelsburg, die Laboratorien tief unter der Erde oder eine Gondel, welche besonders angesehene Gäste von Gratianopel bequem bis auf halbe Höhe des Schaftes bringt. Bedient werden die im Glauben der Angelitischen Kirche verderbten Gerätschaften aus der Zeit davor von der verschwiegenen Gemeinschaft der Gebeugten. Diese Geiseln sich aufs Härteste selbst für diese schwere Sünde, wodurch der Name Gebeugte oft auch eine sichtbare Beschreibung dieser Gruppe darstellt. Das geht sogar soweit, dass sich manchmal ein Gebeugter freiwillig als Menschenopfer auf dem Altar der Technik opfert.

 

Wie sich das Gefühl von Macht und Kontrolle anfühlt, wenn ein Engel des Ordens Raphaels seine Heilenden Kräfte bei einem ohne seine Hilfe sonst zum Tode Verurteilten anwendet, beschreibt die zum nächsten Kapitel überleitende Kurzgeschichte „Versuchung“.

 

Vom Wesen und Wirken der Heiler berichtet das dritte Kapitel „Machinationes Raphaelitorum“. Von der Entsendung der Engel auf die Erde, über die Ausbildung bis zur Engelsweihe wird der erste Lebensabschnitt der jungen Engel im Vergleich zu den anderen Ordensbüchern nur kurz angerissen. Danach folgen die dagegen ausführlicheren Beschreibungen der irdischen Diener und Fraktionen innerhalb des Ordens. Die größte und zugleich auch Urfraktion stellen die Curer, welche sich nochmals in Menser, Corpern und Spirer unterteilen. Jede dieser Untergruppe befasst sich mit einem Aspekt der Heilung (in gleicher Reihenfolge): Geist, Körper und Geist. Vergleichsweise klein ist dagegen die Zahl der Anhänger der Fraktion Die Kinder des Salzes, welche sich sozusagen mit der Unsterblichkeit befassen. Den natürlichen Kreis des Lebens verehren dagegen die gleichnamige Fraktion. Wie tief die Spaltung des Ordens bis in seine Grundfesten des Glaubens geht, zeigt die vierte Fraktion. Im krassen Gegensatz zur unorthodoxen, egalitären Organisation weiter Teile des raphaelitischen Ordens steht eine finstere, weniger kompromissbereite Fraktion, deren Anhängerschaft stetig wächst. Die Fraktion der Prüfer spricht jedem vom Glauben Abgefallenen das Recht auf Leben ab und ist auch allzu gerne breit die Vollstreckung des Todesurteils selbst durchzuführen. Doch nicht nur die Prüfer zeigen, dass hinter dem nach außen hin aufopferungsvollen und freundlichen Gesicht, welches der Orden seit Jahrzehnten kultiviert hat, so manche böse Überraschung auf all diejenigen lauert, die den Orden unterschätzen. Zum einen versteht es kein Orden so gut wie die Raphaeliten seine von Gott gegebene Bestimmung in bare Münze zu verwandeln. Dadurch, dass die Raphaeliten ihre Heilkunst nicht nur Angehörigen der Angelitischen Kirche, sondern auch dem einfachen Volk und sogar den sonst verhasten Ketzern angedeihen lassen, erfreut er sich großer Beliebtheit und hat so manchen Pakt zum Wohle des Ordens mit Diadochen geschlossen.

Weiterhin wird in diesem Kapitel auch die tiefe innere Zerrissenheit aller Raphaeliten aufgrund ihres Handelns aufgezeigt. Durch die Heilung von Gebrechen, nimmt nach dem Glaubensregeln der Raphaelit die Sünden des Kranken auf sich, der von Gott aufgrund seiner Taten bestraft wurde. Deswegen pflegt der Orden ausgiebig die Selbstgeißelung.

 

Wie nun so ein schmerzhafter Bußritus aussehen kann, erzählt die folgende Kurzgeschichte „Vergebung“.

 

Kapitel vier „Raphaeliti Extra Findes“ befasst sich mit dem Wirken der Heiler in der Welt. Es dreht sich dabei hauptsächlich um den grundsätzlichen Aufbau der Raphaeliten-Klöster und dem Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten, die in ihnen verrichtet werden. So findet man in ganz Europa Kloster der Heilung, Kloster der Forschung und Kloster des Obdachs. Nach dieser allgemeinen Betrachtung werden einige mehr oder weniger bedeutsame Kloster im Detail vorgestellt.

 

Die letzte Kurzgeschichte mit dem Titel „Vergeltung“ zeigt auf welch erschreckende, erbarmungslose Art und Weise die Fraktion der Prüfer ganze Dörfer in ihrem Einflussbereich vernichten, wenn der Verdacht besteht, es könnte sich um Ketzer handeln.

 

Das Kapitel fünf „Dramatis Personae“ beinhaltet wie bereits üblich eine ausführliche Beschreibung der oberen Führungsschicht des Ordens: Ab Doron, Priorin Swantje und der Kustodin Duma samt d20-Werten. Zusätzlich wird Kardinal Ios aufgeführt, welcher die stark umstrittene Fraktion der Prüfer ins Leben ruf. Auch sind wieder fünf Beispielscharakter verschiedenster Gesinnungen mit Arkana und d20-Werten enthalten.

 

Den Abschluss bildet der Appendix. Dieser widmet sich vor allem der Beschreibung von Krankheiten und Gifte. Es handelt sich dabei um bereits heute bekannte Gifte und Krankheiten mit teilweise anderem Namen und neuen, die erst durch die verderbten Einflüsse des Herrn der Fliegen entstehen konnten. Ergänzt werden die kurzen Beschreibungen jeweils durch eine Tabelle für Krankheiten und eine für Gifte. In diesen sind übersichtlich die regeltechnischen Gesichtspunkte für das d20-System festgehalten.

Zusätzlich findet sich hier auch die kurze Beschreibung der zwei Talente „Gunst des Herrn“ und Silberner Daumen“, welche besondere Vorteile von manchen Raphaeliten darstellen.

 

Die Innenillustrationen stammen diesmal von Jens Weber. Im Gegensatz zur klaren Linienführung und vor allem im helleren Licht erstrahlenden Bildern von Tobias Mannewitz sind die Zeichnungen von Jens Weber deutlich verwischter und düsterer. Obwohl Details im Grau der Bilder verschwinden, schadet dies nicht der Aussagekraft. Die Bilder wirken geheimnisvoll und passen wunderbar in die endzeitliche Welt.

Die Karten und Risszeichnungen hat wieder Tobias Mannewitz erstellt. Die detailreich über drei DIN A4 Seiten erstreckende herausnehmbare Karte des Himmels der heilenden Hände des Herrn stellt erneut einen Höhepunkt des Ordensbuches dar. Die gezeigte Struktur des Himmels geht im Gegensatz zu den Risszeichnungen der anderen Engelsburgen erfreulicherweise auch tief unter die Erde und endet nicht wie sonst einfach an der Erdoberfläche. Die Karte des Hoheitsgebietes der Raphaeliten ist dagegen leider nicht ganz vollständig. Es fehlen einige der im ersten Kapitel beschriebenen wichtigen Städte, weswegen man dann doch zu einem herkömmlichen Atlanten greifen muß, wenn man ausgerechnet diese Stadt den Spielern auf einer Karte zeigen will. Weiterhin gibt es zwar eine Karte von Gratianopel, aber die außerhalb der Stadt im Gebirge liegende Engelsburg ist leider samt näherem Umfeld in keiner Karte verzeichnet.

Erwähnenswert sind auch die teilweise neuen, geheimnisvollen Symbole am Seitenrand. Diese werden wohl wieder Anlass zu Diskussionen und Spekulationen ob ihrer Bedeutung geben, da neben einer reinen optischen Verzierung so manches der Symbole sich auch im Verlauf eines Fegefeuers widerspiegelt.

 

 

Fazit:

Nach Lesen des zusammenhanglos und aus dem Kontext gerissen wirkenden Bericht der Beutreiter zu Beginn des ersten Kapitels, hatte ich bereits die Befürchtung, dass nun der Punkt erreicht ist, in dem die Qualität der Engel-Publikationen nachlässt. Doch dem sollte zum Glück nicht so sein. Das Ordensbuch Raphaeliten – Die heilenden Hände des Herrn fängt sich nach diesem Ausrutscher sehr schnell wieder. Es überzeugt neben dem reichlichen Inhalt durch feine Details, die ich in den vorherigen Ordensbüchern bemängelte. So werden beispielsweise bei Nennung neuer bis dahin unbekannter Fraktionen im Text zumindest kurz in einem Satz erklärt, was man sich unter dieser Gruppierung vorzustellen hat, bevor sie in einem eigenen Kapitel ausführlich beschrieben werden.

Das Ordensbuch Raphaeliten – Die heilenden Hände des Herrn kann ich deshalb jedem Erzähler nahe legen, der den Raphaeliten deutlich mehr Profil geben möchte. Daneben bietet es reichlich Stoff für Abenteuer im Auftrag des Ab des Himmels der Heilenden Hände des Herrn oder in der Engelsburg selbst und eine ausführliche Beschreibung verschiedener Klöster in ganz Europa, in denen die Spieler vielleicht mal Rast machen könnten.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042620152756f3e501
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Ordensbuch: Raphaeliten

Autoren: Ole Johan Christiansen, Thomas Plischke

Art: Quellenband

Softcover - 112 Seiten – Feder&Schwert

Erscheinungsdatum: Februar 2004

ISBN: 3-935282-85-0

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 13.07.2005, zuletzt aktualisiert: 21.02.2015 06:09, 562