Pontypool - Radio Zombie (DVD; Horror; FSK 16)
 
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Pontypool - Radio Zombie (DVD; Horror; FSK 16)

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

Es muss mal eine Zeit im Leben von Grant Mazzy (Stephen McHattie) gegeben haben, in der er angesehen war. Beliebt. Erfolgreich. Doch längst hat der Radiomoderator diesen Lebensabschnitt hinter sich gelassen. Zurück bleiben, wie so oft, die Erinnerungen und die Gewissheit, zumindest in der kanadischen Provinz noch so etwas wie ein Star zu sein – wenngleich das tägliche Vorlesen von lokalen Begräbnisterminen, der gefakte Dialog mit einem angeblichen Wetterhubschrauber und nicht zuletzt die Beschneidung durch Senderchefin Sydney Briar (Lisa Houle, im wahren Leben McHatties Ehefrau) alles andere als glamourös erscheint. Einziger Lichtblick im monotonen Sendealltag: die kecke Assistentin Laurel-Ann (Georgina Reilly) und eine Flasche Hochprozentigen unterm Tisch.

Und auch jener verhängnisvolle Morgen, an dem das Unheil seinen Lauf nimmt, scheint zunächst lediglich ein weiterer „von diesen Tagen“ zu sein: Dunkelheit, Schnee, verwaiste Straßen, noch mehr Schnee – und eine seltsame, verwirrt erscheinende Frau, die um ein Haar mit Mazzys Kühlerhaube Bekanntschaft schließt. Kein Wunder also, dass dieser zu Beginn seiner Morgensendung ein wenig durch den Wind ist. Doch die alltägliche Tasse Kaffee mit Schuss und der übliche Dialog mit dem „Hubschrauber-Reporter“ Ken degradieren die bizarre Begegnung rasch zu einer unwichtigen Randnotiz.

Doch im Verlauf der nächsten Stunden werden sich Mazzy und seine Crew allmählich bewusst, dass der frühmorgendliche Vorfall alles andere als irgendeine ungewöhnliche Begegnung war. Dank Ken (der eigentlich auf einem Hügel über der Stadt thront) erfährt Mazzy von ebenso sonderbaren wie höchst beunruhigenden Vorfällen und einem Mob, der zunächst das Krankenhaus zu Kleinholz verarbeitet, gefolgt von Pontypool selbst. Was geht da draußen bloß vor sich?

Den Ansatz einer Lösung bringt schließlich der lokale Arzt Mendez (Hrant Alianak) mit sich, der unvermittelt beim Sender auftaucht; zutiefst entsetzt und blutüberströmt. Offensichtlich fallen die Bewohner Pontypools einem mysteriösen Virus zum Opfer, der sie in gewalttätige Bestien verwandelt. Allerdings sind es keine Bakterien oder sonstige Krankheitserreger, welche die Menschen anheim fallen, sondern … das gesprochene Wort. Gewisse, ausgesprochene Wörter scheinen eine Art „Trigger-Effekt“ bei den Opfern zu bewirken, der letztlich dafür sorgt, dass sie den Mantel der Menschlichkeit vollends abstreifen und dem rohen, animalischen Raubtier freien Lauf lassen. Und wie es scheint, ist die einzige Barriere zwischen den Infizierten und Nichtinfizierten ein einziger Mann: Grant Mazzy. Doch der Pulk rückt langsam, aber sicher immer näher …

 

Pontypool galt schon vor seiner Ausstrahlung auf dem ´09er Fantasy Filmfest als absoluter Geheimtipp – und wurde nach der deutschen Erstaufführung begeistert gefeiert. Und das vollkommen zu recht. Schon die Art und Weise, mit der Regisseur Bruce McDonald die Ursache des Virus begründet – beziehungsweise Drehbuchautor Tony Burgess, von dem auch die Romanvorlage stammt –, hebt sich erfrischend von den üblichen Zombie-Klischees ab. Wörter, die ebenso mutieren können wie Krankheitserreger. Der Gedanke als übertragbare Informationseinheit, die Sprache als Überträger von ebendiesem. Das hat was – und wurde sogar schon in den Arbeiten des Evolutionsbiologen Richard Dawkins aufgegriffen. Nur eben im Horror-Genre bislang nicht. Doch nützt die beste Idee herzlich wenig, wenn sie nicht entsprechend umgesetzt wird. Im Falle von „Pontypool“ entschied sich McDonald bewusst gegen konstanten Splatter und für eine kammerspielartige, ja beinahe schon als intim zu bezeichnende Szenerie, die Erinnerungen an Orson Welles berühmt-berüchtigtes Hörspiel von <wm>H.G. Wells Krieg der Welten wach werden lässt. Nur fragmentarisch wird der Zuschauer mit Hinweisen und Ansätzen gefüttert. Das „dazwischen“ wird der eigenen Imagination überlassen. Dadurch steigert sich die Spannung mit jeder weiteren Minute und erzeugt mehr Unwohlsein als so manche überzogene Gore-Granate. Dabei sollte aber auch nicht die herausragende Leistung des Hauptdarstellers vergessen werden. Stephen McHattie trägt maßgeblich zur Qualität von „Pontypool“ bei; er ist das Fundament und taktgebender Mittelpunkt gleichzeitig. Mal eigenartig, mal verwirrt, mal entsetzt: die Spielfreude des Hollywood-Veteranen, der unter anderem bei den Watchmen (2009) oder in Shoot ´Em Up (2007) kleine, aber zumeist sehr feine Nebenrollen inne hatte, ist überdeutlich zu erkennen.

 

Fazit:

„Pontypool“ ist eine kleines Juwel inmitten eines Meeres aus Schotter. Wo der Rest ideenlos zugange ist oder von der Konkurrenz schamlos klaut und gefühllos zusammenstückelt, besitzt dieses Filmchen eine Seele und einen wirklich originellen Ansatz. Sicher nichts für beinharte Gorehounds, doch aufgeschlossene Cineasten sollten diesem Film, der mit seiner Fortsetzung Pontypool Changes im kommenden Jahr zudem noch diverse offenen Fragen beantworten wird, unbedingt eine Chance geben. Wenn man jetzt nur noch diesen dämlichen Zusatz verschwinden lassen könnte …

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024121411415075c2da66
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DVD:

Pontypool – Radio Zombie

Kanada 2008

Regisseur: Bruce McDonald

Komponist: Claude Foisy

Format: Dolby, PAL, Surround Sound

Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 2.0)

Region: Region 2

Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1

Umfang: 1 DVD

FSK: 16

Euro Video/MIG, 13. November 2009

Spieldauer: 96 Minuten

 

ASIN: B002NORN5Q

 

Erhältlich bei Amazon

 

Darsteller:

Stephen McHattie

Lisa Houle

Georgina Reilly

Hrant Alianak

Rick Roberts

Daniel Fathers

Beatriz Yuste

Tony Burgess

Boyd Banks

Hannah Fleming


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Erstellt: 10.01.2010, zuletzt aktualisiert: 17.11.2024 13:19, 9840