Prestige – Meister der Magie (Autor: Christopher Priest)
 
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Prestige von Christopher Priest

Rezension von Christian Endres

 

Spätestens seit der gleichnamige Film mit Christian Bale und Hugh Jackman in den Hauptrollen die Kinos unsicher gemacht hat, ist Christopher Priests Roman über die Meister der Magie weit mehr als ein Geheimtipp. Passend zum Filmstart machte Heyne sich Anfang des Jahres daran, den ungewöhnlichen Roman, der 1996 sogar den World Fantasy Award gewinnen konnte, nach Veröffentlichungen bei Goldmann und auch unter dem eigenen Verlags-Label abermals neu im Taschenbuch aufzulegen ...

 

Zwei ambitionierte Bühnenmagier und Illusionskünstler des 19. Jahrhunderts fechten in Londons Theatern einen erbitterten Kampf aus. Es geht um das eitle Streben nach Ruhm und Ehre – und vor allem immer größere und beeindruckendere, hintersinnigere und phantastischere Illusionen. Schließlich verstricken sich die hasserfüllten Illusionisten in einem Sog der Düsternis, der Gewalt und der finsteren Seite ihrer ja ohnehin zwischen tiefschwarzen Schatten und grellbunten Seidentüchern schwankenden Zunft. Letztlich findet die Fehde der beiden Meister der Magie über Generationen hinweg ihre Fortsetzung – und eskaliert, als ein Gespräch zwischen den Nachfahren der beiden Magier Jahre später eigentlich die Versöhnung der Familien bringen soll, es stattdessen aber zu einem grausigen Mord kommt ...

 

Stilistisch gestaltet Priest seinen Roman auf höchstem Niveau, wobei er auch großen Wert auf Abwechslung zu legen scheint: Mal ist »Prestige« eine Ich-Erzählung im Gewand moderner, topaktueller Thriller, mal besitzt es den etwas angestaubten Erzählton des ausklingenden viktorianischen Zeitalters. Und wenn Priest die Geschichte dann auch noch in Form von Tagebucheinträgen weiter ausbaut, nimmt es gar Stoker’sche Züge an, während der Leser immer mehr Schwierigkeiten hat, zwischen Illusion und Wirklichkeit, Magie und Technik zu unterscheiden – was aber nicht nur positiv gemeint ist, denn hie und da meint Priest es auch zu gut, baut eine Wendung zu viel ein oder führt die Handlung in einer Zeitlinie nicht konsequent genug aus. Außerdem verzichtet Priest im späteren Verlauf des Buches über weite Strecken auf Dialoge – womit er Stoker oder Doyle und deren manchmal recht trockenen Geschichten abermals recht nahe kommt, seiner Story aber oftmals auch einen etwas nüchternen, staubigen Beigeschmack verleiht.

 

Spätestens ab der Mitte des Romans lässt der Spannungsbogen zudem ein wenig nach, ehe er sich hundert Seiten vor dem Ende noch einmal halbwegs fängt – und da kann dann nicht einmal mehr die exorbitante Erzählweise des Autors helfen, ebenso wenig das Flair des viktorianischen Londons, die knisternd-elektrische Spannung im Duell der beiden Magier um den besten Trick oder eben das schaurige Ende der Geschichte. Zwischendurch ist der Roman einfach zu flach oder eben zu sehr in sich selbst verstrickt – und nimmt sich damit selbst das Tempo und dem Leser beinahe die Lust an der so gut startenden Lektüre.

 

Das Heyne-Taschenbuch kommt nicht nur mit einem roten Werbe-Aufkleber als Buch zum Film des Weges daher, sondern darüber hinaus auch mit einem wunderschönen Titelbild, das die Ambivalenz des Grundgedankens von Priests Geschichte schön einfängt: Ein Titelbild zwischen Alchemie und Magie – angereichert durch den gewohnt guten und sauberen Heyne-Standard in Sachen Verarbeitung und Gestaltung.

 

Fazit: »Prestige – die Meister der Magie« ist kein einfacher Mystery-Thriller oder phantastischer Roman. Es ist Historischer Roman, fiktive Biographie und die Verschmelzung von realen Begebenheiten und Personen mit der Kreativität und der Fiktion des Autors. Darüber hinaus hat es klassische Züge eines Familien-Dramas, aber auch des Grotesken, während Priest ebenfalls Anleihen beim traditionellen Schauerroman oder ganz pauschal der Fantasyliteratur genommen hat. Nicht zuletzt ist »Prestige« aber auch die unwiderruflich miteinander verwobene Geschichte zweier Familien, deren Vorfahren einst einen unnötigen Streit vom Zaun brachen – und die Konsequenzen die Jahrhunderte auf phantastische Weise überdauerten.

 

Ein vom Konzept her überragender, von der Ausarbeitung unterm Strich aber leider nicht ganz überzeugender, sprachlich dafür aber auf höchstem Niveau agierender Roman, der so recht in keine Schublade passen will und gute, wenn auch manchmal etwas anstrengende und verworrene Unterhaltung mit einem ordentlichen Schuss Mystery und Phantastik bietet – Freunde von Süßkinds »Parfum« werden dennoch ihren Spaß haben und sich von Priests außergewöhnlichen Geschichte »verzaubern«, täuschen und den opulenten Worten berauschen lassen ...

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404200722436d6ee566
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Buch:

Prestige

Autor: Christopher Priest

Taschenbuch, 459 Seiten

Verlag: Heyne, Januar 2007

ISBN: 3453522117

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 16.03.2007, zuletzt aktualisiert: 07.04.2024 10:43, 3639