Priester von Trudi Canavan
Reihe: Das Zeitalter der Fünf, Bd. 1
Rezension von Christel Scheja
Es ist erst etwas mehr als ein Jahr her, da debütierte Trudi Canavan mit ihrer Trilogie um „Die Gilde der Schwarzen Magier“ auf dem deutschen Markt und feierte sogleich Erfolge. Die Romane kamen so gut beim Publikum an, dass man sich dazu entschied nun auch noch eine weitere Saga aus der Feder der jungen Autorin nachzulegen.
„Das Zeitalter der Fünf“ verlässt die Heimat von Sonea und Co. und wendet sich einem ganz anderen Kontinent zu.
Seit langer Zeit behüten fünf Götter die welt und schützen sie vor allem Übel. Allerdings haben sie aus der Mitte der Menschen Stellvertreter erwählt, die in ihrem Namen handeln und alle magisch begabten Menschen unter ihrem Banner versammeln. So sind „Die Weißen“ immer im Sinne ihrer Herren unterwegs und wirken Magie gegen alle Menschen und Wesen, die den Göttern übles wollen.
Normalerweise werden die Avatare aus den Höchsten der Priesterschaft erwählt und mit dem Geschenk der Unsterblichkeit beehrt. Diesmal aber suchen sich die Götter die junge Auraya aus, die ihnen schon mehrfach aufgefallen ist, seit sie zehn Jahre zuvor eher unfreiwillig zur Priesterin gemacht worden ist.
Das Mädchen gilt als selbstbewusst und eigen, und diesen Kurs setzt sie auch als Erwählte fort. So nimmt sie die Beziehung zu Leiren dem Traumweber wieder auf, der in ihrer Heimat einst ihr Lehrmeister war und eigentlich einem Glauben folgt, der in den Augen ihrer Götter Ketzerei ist. Allerdings weiß sie, dass die Aufgabe das nördliche Ithania zu befrieden und den Menschen dort die Segnungen der Götter zu bringen, nur mit Toleranz, Offenheit - und der Hilfe der Traumweber, die in ihren Heilerkünsten selbst die mächtigsten Priester übertreffen - wirklich gelingen kann.
Denn im Norden stellt sich den „Weißen“ und ihren Verbündeten eine Macht entgegen, mit denen sie so noch nicht zu tun gehabt haben. Schwarze Magier tauchen plötzlich aus dem Nichts auf, die behaupten, den einzig wahren Göttern zu dienen - und sie sind bereit ihre Anhänger gegen die der Weißen in grausame und blutige Schlachten zu führen ...
Auraya tut was sie kann, um das Unvermeidliche zu verhindern. Sie ahnt nicht, dass ihr dieser Kampf viele Entscheidungen abverlangen wird, die all das zerstören werden, was ihr einmal lieb und heilig war.
Nicht immer können Autoren das halten, was sie mit den ersten Werken aus ihrer Feder versprechen. Das ist leider auch bei Trudi Canavan so.
Zwar findet man in „Priester“, dem ersten Band der Trilogie um „Das Zeitalter der Fünf“, die Versatzstücke, die ihre Romane so sympathisch machen - lebendige und glaubwürdige Charaktere, ein interessanter Umgang mit der Magie und eine auch durch Alltäglichkeiten spannende Handlung - aber diesmal schießt sie leider etwas über das Ziel hinaus. Vor allem auf den ersten zweihundert Seiten kommt der Roman nicht richtig in die Gänge und auch später zieht er sich stellenweise dahin, so dass man mehrfach geneigt ist, das Buch beiseite zu legen und nicht wieder anzufassen.
Zwar nimmt sie sich Zeit, die Charaktere und ihre Welt entsprechen vorzustellen, aber wirkliche Spannung will nicht aufkommen. Erst zum Ende hin überstürzen sich die Ereignisse und geben die Richtung an, in die sich der Zyklus begeben will. Vor allem die Erklärungen zur Magie und der unterschiedliche Umgang der feindlichen Parteien damit wollen gefallen.
Die Hauptfigur kränkelt dafür ein wenig. Auraya ähnelt in ihrem Wesen zwar Sonea - sie ist selbstbewusst und vertritt ihre Meinung auch gegenüber Mächtigeren - dennoch bleibt sie seltsam distanziert und fremd, da sie zu schnell zu mächtig wird. Allein Leiard scheint ihre Schwäche zu sein, was auch von Gegnern in den eigenen Reihen und aus der Vergangenheit der Welt weidlich ausgenutzt wird.
Da Trudi Canavan jedoch schon in ihren ersten Romanen immer für eine Überraschung gut war, kann es bereits im nächsten Band wieder anders aussehen und sich selbst Auraya um einhundertundachtzig Grad drehen.
Damit kommt „Priester“, der Auftakt der Trilogie „Das Zeitalter der Fünf“ zwar nicht unbedingt an den Debüt-Zyklus heran, bietet aber trotzdem gewohnte Unterhaltung aus der Feder von Trudi Canavan, wenn man bereit ist, ihr die Längen und Schwächen in der Handlung nachzusehen.
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