Rezension von Björn Backes

Irgendwie ist es schon ein wenig bizarr: Pünktlich zur Veröffentlichung der 09er-Variante von Konamis angesehenem Konsolen-Fußball erscheint auch die Platinum-Version des letztjährigen Vertreters in einem schmucken Re-Release. Bizarr gerade deshalb, weil die neue Fassung harsche Kritik einstecken musste, da sie im Vergleich zu PES 2008 kaum mehr Verbesserungen und stattdessen sogar eine deutliche Einschränkung (kein Online-Modus) zu verzeichnen hat. Und bizarr auch aus jenem Grund, dass man für einen angenehmeren Preis nun einen Backlist-Titel erwerben kann, der im Grunde genommen auch spieltechnisch die günstigere Alternative ist.

Inhalt:

Seinerzeit war Pro Evolution Soccer 2008 noch einmal ein gewaltiger Fortschritt im Entwicklungsprozess der Erfolgsserie. Eine maßgeblich verbesserte KI, schnittigere Abläufe, deutliche Verbesserungen im Passspiel und insgesamt einfach ein ungeheuer realistisches Simulationsgefühl machten den größten Konkurrenten der „FIFA“-Serie zu einer anerkannten Hausnummer. Hinzu kommen eine noch besser abgestimmte Ballphysik und eine leichte Zunahme im Lizenzpaket: Immerhin kann man heuer schon den FC Bayern mit seinem hochkarätigen Kader steuern. Und wer dazu noch Wert auf authentische Namensgebungen legt, kann im Editor ja selber Hand anlegen.

In Sachen Spielmodi setzt man hingegen auf Bewährtes: Man bestreitet Ligen, kämpft um Pokale, testet seine Fähigkeiten in einem Freundschaftsspiel oder im Multiplayer-Game oder wählt den etwas anspruchsvolleren Meisterliga-Modus, in dem man ein Team kontinuierlich von einer unteren Klasse an die Spitze führen muss. Die Vielfalt ist zwar nicht ganz so groß wie bei der EA-Konkurrenz; dafür wartet „PES 2008“ jedoch mit einigen völlig ausgereiften Modi auf, an denen sich auch der Seriennachfolger in diesem Jahr die Zähne ausbeißen sollte.

Dies ist vor allem auch den vielen Optionen zum Feituning zu verdanken. Wer auf taktisches Geplänkel steht und auch abseits des Platzes der Wahrheit etwas erleben möchte, komm hier ganz und gar auf seine Kosten. Es ist jedenfalls nicht übertrieben, dass man sich hier schon die ersten Kenntnisse für die Trainer-Lizenz besorgen kann. Aber natürlich zählt am Ende immer noch, was im grünen Rechteck geschieht: Und auch hier zeichnet sich „Pro Evolution Soccer 6“ durch eine wahnsinnige Tiefe aus, die alle bisherigen Vorgänger mit Leichtigkeit aussticht. Ob man nun mit neuen Defensivstrategien wie er modernen Raumdeckung experimentiert, das Spiel über die Flügel verbessern möchte oder doch auf die klassische Libero-Variante baut: Immerzu öffnen sich neue Alternativen, die man im riesigen Testfeld zur Perfektion bringen kann. Denn auch wenn sich hier letztendlich nur alles um das bewährte Spie elf gegen elf dreht, gibt es hier so unheimlich viel zu entdecken und testen, dass die eigentliche Simplizität des Fußballspiels völlig überrollt wird. Gut so? Ja, eigentlich schon!

Technik/Grafik:

Wie bereits kurz angerissen hat „Pro Evolution Soccer im Jahre 2008“ technisch noch einmal mächtig zugelegt. Die Ballphysik wurde noch einmal zielstrebig verbessert, die Stadionatmosphäre langsam aber sicher in die richtige Richtung geschoben und auch die KI richtig fein optimiert. Dies macht die ganze Sache noch eine ganze Spur realistischer als die Version 2007 und verhilft bzw. verhalf deren Nachfolger spielerisch auf die Spitzenposition im technischen Bereich des Konsolenfußballs.

Aber auch die Optik von „PES 2008“ ist eine echte Pracht, begonnen bei den Darstellungen der Akteure über die butterweichen Bewegungsabläufe bis hin zur angenehmen Kulisse. A auch das Klangbild einige Fortschritte machen konnte und nicht mehr ganz so deutlich hinter der EA-Konkurrenz zurückstecken muss, gibt es an dieser Stelle weiteren Applaus.

Spielspaß:

Über den Spielspaß der PES-Serie muss man eigentlich nicht lange diskutieren. Alleine die Multiplayer-Geschichte hat ein nahezu ewig währendes Potenzial, welches eigentlich schon ausreicht, um die Investition zu rechtfertigen. Aber auch die recht gut aufeinander abgestimmten Spielmodi, der anständige Schwierigkeitsgrad im Expertenmodus, die suchtgefährdete Meisterliga und nicht zuletzt die prinzipielle Spieltiefe, die sich auch abseits des Platzes manifestiert, sorgen dafür, dass man sich wochenlang an das Spiel fesseln kann – und dies auch gerne zulässt. Es ist eben „Pro Evolution Soccer“ und damit ein Trademark, das bis zu dieser Version völlig makellos geblieben ist.

Fazit:

Dass „Pro Evolution Soccer 2008“ letztendlich sogar bis zum heutigen Tag der beste Vertreter der Serie ist, war zum eigentlichen Release-Termin noch nicht abzusehen. Was dies jedoch insgesamt bedeutet, wird jeder wissen, der sich schon einmal mit einem Titel dieser Serie beschäftigt hat. Konamis Verkaufsschlager hat sich einmal mehr selber übertroffen und sollten von PS2-Besitzern allerspätestens in der Neuauflage angegriffen werden!