Filmkritik von Cronn
Der Mann ist eine Legende. Schon in den 80er Jahren formte Silvester Stallone den Charakter des John Rambo als einen vom Vietnamkrieg gezeichneten Kriegsveteranen. Im ersten Film, basierend auf dem Roman von David Morell, stellt er sich in der Heimat gegen einen sadistischen Sherif, der ihn aus der Stadt jagen will. Die Story prangert damit die Ablehnung an, welchen vielen Vietnamkriegsveteranen in den USA entgegenschlug.
Schon im zweiten Teil der Filmreihe war davon wenig zu spüren. Hier wurde der traumatisierte Kriegsteilnehmer zu einem testosterongepushten Actionhelden, der es mit einer gesamten Armee aufnahm, dabei Pfeile mit Sprengkapseln verschoss und ein schweres MG aus der Hüfte heraus abfeuerte. Eine Actionfigur größer als das Leben.
Im dritten Teil wurde diese Figur noch ausgebaut. John Rambo durfte im Afghanistankrieg gegen die bösen Sowjets antreten. Die Schwarz-Weiß-Zeichnung war überdeutlich: Hier die gerechten Mudschaheddin-Gotteskrieger, dort die bösen Eindringlinge, die Russen.
Spätestens im vierten Teil zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen der Figur John Rambo. Silvester Stallone schrieb sowohl das Drehbuch und führte auch Regie dabei. Hier führt es den Kriegshelden nach Burma, wo er gegen die dortigen Soldaten kämpft. Mehr Gewaltorgie als Popcorn-Kino, war John Rambo kein Erfolg bei den Kritikern.
Nun soll der Abschluss der Filmserie es besser machen. Mit Rambo: Last Blood steht der vermutlich letzte Teil an, der von Universum Film betreut wird. Wie gelungen ist der finale Teil?
Verlagsinfo:
John Rambo (Sylvester Stallone) hat viele große Schlachten in seinem Leben geschlagen – nun soll endlich Schluss sein. Zurückgezogen lebt der Kriegsveteran inzwischen auf einer abgelegenen Farm in Arizona. Doch der einstige Elitekämpfer kommt nicht zur Ruhe. Als die Enkelin seiner Haushälterin Maria (Adriana Barraza) verschleppt wird, begibt sich Rambo auf eine Rettungsmission jenseits der amerikanischen Grenze nach Mexiko. Schon bald sieht er sich dort einem der mächtigsten und skrupellosesten Drogenkartelle gegenüber. Die vielen Jahre im Kampf mögen Rambo gezeichnet haben, aber sie haben ihn nicht weniger gefährlich gemacht.
Kritik:
»Rambo: Last Blood« ist ein Streifen, der in der ersten Hälfte sich bemüht, ein Beziehungsgeflecht aufzubauen. Das ist ihm positiv anzurechnen. Aber diese Beziehungen bleiben doch recht flach und die Charaktere austauschbare Abziehbilder. Auch als später der Film nach Mexiko wechselt, wird dies mit Hilfe von Stereotypen geschildert: Überall lungern Gangmitglieder herum, die tätowiert sind und zwielichtig dreinblicken. Normale Menschen existieren kaum, wenn dann als Passanten am Wegrand. Alle anderen sind verwickelt in böse Machenschaften. Dabei bleibt in dieser Hälfte des Streifens John Rambo erstaunlich zahm, geradezu ungefährlich. Erst als er misshandelt wird, schlägt er zurück. Inszenatorisch fehlt dem Film die Wucht, er dümpelt vor sich hin.
Im letzten Teil des Streifens aber dreht Rambo: Last Blood« zu einer Art Gewaltporno auf. Wo anfangs noch die Anklänge an Vietnam durch den improvisierten Fallenbau erkennbar sind, gerät dieses zugunsten der Brutalitätsdarstellung in den Hintergrund. Beispielsweise ist es nicht mehr nötig, dass in »Rambo: Last Blood« der Titelheld lediglich einmal aus dem Hinterhalt mit dem Messer zusticht, nun tut er dies fünf Mal in schneller Folge und setzt noch einen Kopfschuss aus nächster Nähe mit der abgesägten Schrotflinte hinzu, so dass der Schädel weggesprengt wird. Toter als tot ist die Devise und somit trägt »Rambo: Last Blood« das FSK-18er-Siegel zu Recht. Auch der finale Showdown ist ultrabrutal und könnte so auch in einem Horrorfilm auftauchen.
Die Mimik von Silvester Stallone hat zudem stark gelitten. Noch nie war er ein Mime, dessen Gesichtszüge differenzierte Gefühle auszudrücken imstande waren. Doch nun erscheint er vollends gelähmt. Der Versuch die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen auszudrücken, gerät zu einem Fiasko.
Fazit:
John Rambo wird in »Rambo: Last Blood« zu einem in Waffen vernarrten Prepper, der sich ein Tunnelsystem wie der Vietcong gegraben hat, was so gar nicht zu der Figur passt. Mit seiner Vietnamkriegsvergangenheit wäre es logischer, John Rambo würde solche Tunnelsysteme eher meiden. Nun ist Rambo also vollends ein reaktionärer Charakter, möglicherweise ein Verschwörungstheoretiker, der auf den Dritten Weltkrieg wartet. Das ist zwar für die Belange des Actionfilms als Schauplatz für Hinterhaltattacken erklärbar, aber nicht dramaturgisch sinnvoll.
Silvester Stallone hat die Figur John Rambo geformt. Nun sollte die Figur die Bühne der Öffentlichkeit verlassen, sofern sie durch ihn verkörpert wird. John Rambo hat genug gelitten und seine Story ist auserzählt. Man möge ihn in Frieden ruhen lassen. Dieser Film jedenfalls regt nicht dazu an, sich einen weiteren Teil zu wünschen.
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