Filmkritik von Christel Scheja
Die vierte ist die zweite Staffel von “Ripper Street”, die von der Online-Streaming-Plattform Amazon mitfinanziert wurde und die insgesamt vorletzte. Deshalb nimmt man sich jetzt auch die Freiheit, diese sieben neuen Folgen mit einem Handlungsbogen zu verbinden, der am Ende in einem Cliffhanger endet.
Drei Jahre sind vergangen Inspector Oliver Reed hat sich mit seiner wiedergefundenen Tochter Miranda an die Küste zurückgezogen, lebt von seiner Pension und der Aufzeichnung seiner Erinnerungen. Er will eigentlich gar nichts mehr mit Whitechapel und dem Verbrechen zu tun haben. Er versucht dem Mädchen einen guten Start ins Leben zu geben und gleichzeitig die Avancen der jungen Frauen und Witwen der Gegend abzuwehren, was auch nicht so einfach ist.
In der Hauptstadt bereitet man sich derweil auf das Thronjubiläum von Königin Victoria vor. Auch Inspector Drake hat viel zu tun, steht er doch immer noch der nun modernisierten Polizeiwache in der Leman Street vor. Sein Leichenbeschauer ist Captain Jackson nur noch sporadisch, denn er hat anderes zu tun, versucht er doch das Leben seiner Frau Susan zu retten, die inzwischen ihren gemeinsamen Sohn zur Welt gebracht hat, nun aber hingerichtet werden soll.
Turbulent wird es, als die Umstände die Rückkehr von Reed nach London und in den Dienst erzwingen. Denn nur er ist in der Lage durch die Intrigen zu blicken, die sich derweil durch die Stadt ziehen.
Natürlich führt das auch zu Reibereien zwischen den Freunden, denn nun unter Drake zu dienen ist schwer für den ehemaligen Chef, der immer noch seine eigenen Wege geht und man verliert fast das eigentliche Ziel aus den Augen.
Im Gegensatz zu den vielen zeitgenössischen Krimi-Serien bietet „Ripper Street“ neben dem viktorianischen Ambiente auch noch einen sehr interessanten und spannenden Einblick in die damalige Rechtsauffassung und den gesellschaftlichen Umgang miteinander.
Geschickt werden hier die Probleme der Helden miteinander verflochten, denn nicht nur Reed wird in die neuen Intrigen mit hinein gezogen, auch Drake und Jackson haben ihren Anteil daran zu tragen.
Auch darf man noch lange nicht die forensischen Methoden und das psychologische Feingefühl erwarten, hier kann schon einmal ein Geständnis aus dem Verdächtigen heraus geprügelt werden und mögliche Täter sind schnell gefunden.
Für weiteren Zündstoff sorgt die Tatsache, dass die drei Freunde, das ehemalige Team sich doch nach der Zeit ein wenig auseinander gelebt hat, und gerade Reed immer wieder mit seinem jetzigen Vorgesetzten aneckt. Außerdem schafft auch er es, gelegentlich einen schwerwiegenden Fehler zu machen.
Kaum ein Fall ist so einfach, wie er zunächst aussieht und in nicht wenigen schwingen gesellschaftliche Missstände mit, sei es nun die offene Verachtung einiger Kolonialherren gegenüber den Männern, die sich für das Empire auch ins Zeug gelegt und ihr Leben riskiert haben, obwohl sie „nur“ Inder waren.
In einer anderen Folge meint ein Armenhausleiter Gott spielen zu müssen und über das Leben der ihm anvertrauten Kinder entscheiden zu dürfen. Und wie so oft scheint auch ein höherer Würdenträger in der Stadt ziemlichen Dreck am Stecken zu haben.
Dazu kommen die persönlichen Probleme, gerade Jackson spielt ein doppeltes Spiel gegenüber seinen Freunden, um seine Liebe zu retten.
Ob die Serie mit einem geringeren Budget gedreht wurde, bleibt offen, die sieben Folgen sorgen aber dafür, dass die verbindende Geschichte viel stringenter erzählt wird und es keine Füllsel-Folgen gibt. Alles ist wirklich eng miteinander verbunden, die Figuren machen auch hier eine interessante Entwicklung durch.
Optisch machen die Folgen einiges her, wird doch das Ambiente gewahrt und man fühlt sich auch visuell geradezu in das ausgehende 19. Jahrhundert zurückversetzt, so dass die Serie sehr rund wirkt, wie ein Blick in eine frühere Zeit.
Bild und Ton sind auf der Höhe der Zeit, Extras gibt es allerdings keine mehr. Wie schon die vorhergehenden Staffeln präsentiert Polyband auch diese in einem Amaray-Case im Schuber.
Fazit:
Alles in allem bietet die vierte Staffel von „Ripper Street“ erneut gute Unterhaltung durch dien interessante Mischung aus Zeit-, wie auch Lokalkolorit und den Verbrechen, deren Lösung erst auf der Hand zu liegen scheint, dann aber doch viel komplexer sind als man denkt. In einem faszinierenden Ambiente agieren wieder einmal Menschen mit Ecken und Kanten, Fehlern und Schwächen, die über die stringent erzählten sieben Folgen eine Entwicklung durchmachen, die zusätzliche Spannung bringt und so die Serie sehr sehenswert machen.
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