Samurai Champloo Gesamtausgabe

Rezension von Christel Scheja

 

Auch „Samurai Champloo“ ist eine in Deutschland nicht ganz unbekannte Animeserie. Alle 26 Folgen liefen bereits 2006 auf VOX und wurden kurze Zeit später von Panini auf DVD veröffentlicht. Nun hat Nipponart die Serie übernommen und bietet eine Gesamtausgabe an, denen als Extras noch ein Booklet mit Interviews der Macher und einige Postkarten beigefügt wurden.

 

Japan während der Edo-Zeit. Das Shogunat hat gut hundert Jahre nach der Machtübernahme seine Herrschaft gesichert und es herrscht Frieden im Land. Ausländer dürfen nur bestimmte Häfen anlaufen und sich nicht im Landesinneren sehen lassen. Eine strikte Hierarchie bestimmt das Leben der Menschen. Die Macht über das Leben des Einzelnen liegt in der Hand der Samurai und jeder, der aus seiner Rolle auszubrechen versucht, wird zu einem Außenseiter.

Die Geschichte beginnt in einem Teehaus. Als die junge Bedienung Fuu belästigt wird, kommt ihr ein junger Raufbold zur Hilfe. Später legt er sich auch noch mit einem ebenso kampfstarken Ronin an. Das Schicksal will es, dass sich ausgerechnet diese beiden dann auch noch dem jungen Mädchen verpflichten. Sie sollen ihr bei der Suche nach dem „Samurai, der nach Blumen duftet“ helfen, nachdem sie ihnen das Leben gerettet hat.

Die Reise durch das Land schmiedet die drei mit der Zeit immer fester zusammen, auch wenn sie so unterschiedlich wie Tag und Nacht sind.

Obwohl Fuu schon früh ihre Mutter verloren hat und der Vater vor langer Zeit fortgegangen ist, hat sie die Hoffnung nicht aufgegeben, einen Platz für sich zu finden. Die Suche nach dem Samurai ist ihr so wichtig, dass sie dafür alles andere riskiert.

Mugen ist ein junger Raufbold von den Ryuku-Inseln. Als Nachfahre von ehemaligen Gefangenen und Verbannten, hat er gelernt in den Tag zu leben und sich selbst der Nächste zu sein. Aber hinter der rauen Schale und dem ruppigen Gebaren steckt auch ein weicher Kern.

Der dritte im Bunde ist Jin, ein Samurai, der zum Ronin wurde, nachdem er seinen Meister getötet hat, etwas, was man ihm immer noch übel nimmt. Der gebildete und eher ruhige Mann scheint erst einmal abzuwarten, ehe er eingreift, ist es ihm offensichtlich wichtig, genau erkennen zu wollen, welche Seite die richtige ist.

Gemeinsam versuchen sie den „Samurai, der nach Sonnenblumen duftet“ zu finden und erleben dabei viele Abenteuer, begegnen Menschen, die sie durch ihr Beispiel prägen, müssen sich aber auch mehrfach mit ihrer Vergangenheit herumschlagen und so erkennen, welchen Sinn sie ihrem Leben geben wollen.

 

Obwohl „Samurai Champloo“ im 18. Jahrhundert angesiedelt ist – also mitten in der Edo-Zeit, handelt es sich nicht um eine historische Serie. Kleidung und Hintergründe, auch viele der gesellschaftlichen Eckdaten mögen stimmen, aber die Serie will definitiv kein korrektes Bild dieser Zeit wieder geben, sondern einfach nur Spaß machen. Das merkt man nicht nur am modernen Soundtrack und netten kleinen Ausreißern wie einem rappenden Samurai, der sich und seine Leute auf den nächsten Tag einstimmt und sich selbst dabei bejubelt – den ein oder anderen anachronistischen Gegenstand, der in den Folgen auftaucht oder historischen Ungenauigkeiten was die Ausländer betrifft, sondern auch schon an Mugens außergewöhnlichen Kampfstil der sehr viele Breakdance- und Capoeira-Elemente enthält. Gelegentlich gibt es auch einige übersinnliche Elemente, so dass man die Serie durchaus in den Bereich der Fantasy einordnen kann.

Im Gegensatz zu vielen anderen Geschichten um Samurai und Ronin stehen hier nicht nur die Auseinandersetzungen im Vordergrund. Auch wenn Kämpfe nicht ausbleiben, so gibt es auch ruhige Folgen, in denen die Helden ihre Geheimnisse offenbaren und sich sogar von einer verletzlichen Seite zeigen. Das ist etwa bei Jin der Fall, als er sich in eine lebhafte junge Frau verliebt, die von ihrem Mann aufgrund von dessen Schulden an ein Bordell verkauft wird. Und auch Mugen muss sich seinen Schwächen stellen, als ihn die Schatten der Vergangenheit einholen. Warum er dann ausgerechnet einem Piraten hilft … verrät sehr viel von dem, was er eigentlich hinter seinem ruppigen Verhalten versteckt.

Die Geschichte handelt nicht nur von einer Reise, sie ermöglicht es den Figuren auch, zu wachsen und zu reifen, Entscheidungen zu treffen, die sie früher nicht für möglich gehalten hätten, und sich ihren größten Ängsten zu stellen.

Immer wieder hinterlassen auch Nebenfiguren Eindruck. Zum Ende hin werden dann die wichtigen Gegenspieler aufgebaut, mit denen sie den Showdown bestreiten müssen.

Alles in allem hat die Serie viel von dem Flair der Italo-Western. Drei Außenseiter bewegen sich durch ein scheinbar friedliches Land, in dem aber auch Willkür und Korruption regieren. Oft genug sind gerade sie die Outlaws, die das Unrecht wieder gerade rücken oder diejenigen zum Nachdenken bringen, die Mist gebaut haben. Zu tun haben sie meistens nur mit den „kleinen Leuten“, die unter der Machtgier ihrer Herren zu leiden haben.

Dazwischen gibt es aber auch Folgen in denen man nichts wirklich ernst nehmen sollte – so wie in der, in der die drei Helden einen Grenzposten durchqueren müssen, aber keine gültigen Pässe besitzen und am Ende nur Chaos hinterlassen. Oder nicht zuletzt die, in der über Wohl und Wehe eines Handelsvertrags mit den Amerikanern durch ein Baseball-Spiel entschieden werden soll.

Laut und schräg, hip und stylisch kommen die einzelnen Episoden daher und beinhalten doch mehr als man erwartet. Der Erzählstil kommt dem westlichen Geschmack sehr entgegen, da er auf Abwechslung achtet und dem Geschehen Sinn und Ziel gibt. Auch das Ende der Serie passt und lässt den Zuschauer zufrieden zurück.

Auf den DVD selbst gibt es leider keine Extras, dafür wird man aber mit Geschichten belohnt, die zwar leichte Unterhaltung sind, aber doch Eindruck hinterlassen. Bild und Ton sind auf der Höhe der Zeit, so dass es auch dort keine Klage gibt.

 

 

Fazit:

 

Wer hippe Samurai-Animes mit moderner Erzählweise und Flair mag, der sollte ruhig einen Blick in „Samurai Champloo“ wagen. Die unterhaltsame Serie weiß nicht nur durch witzige oder actionreiche Episoden zu überzeugen, sondern auch durch Substanz. Hintergrund und Charakterentwicklung werden auch nicht vergessen, dazu kommt ein guter Schuss Humor, der niemals unter die Gürtellinie geht. Vielleicht ist das historische Setting nicht immer korrekt wiedergegeben, dennoch stimmt die Atmosphäre der Serie in sich, was auch nicht jeder Anime von sich sagen kann.

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