Schwarzer Engel (DVD)
 
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Schwarzer Engel

Filmkritik von Christel Scheja

 

Rezension:

 

In den späten 1940ger Jahren entstanden Kriminalfilme in Hollywood, die später das Label „Film Noir“ verliehen bekommen sollten. Sie begründeten sich auf eine neue Strömung in der Spannungsliteratur, in der nun nicht mehr unbedingt das Gute siegte und die Helden am Ende glücklich waren. Die Schwarz-Weiß-Malerei und strikte Trennung von Gut und Böse wurde durch Grautöne und Schatten ersetzt. Selbst die Helden hatten keine ganz reine Weste mehr. Sie waren genau so wie ihre Gegenspieler bereit zu lügen, stehlen und betrügen, wenn sie damit nur ihr Ziel erreichen konnten.

 

„Schwarzer Engel“, der hier auch unter dem Alternativ-Titel „Vergessene Stunde“ bekannt ist, entstand nach einem Roman von Cornell Woolrich, der später durch Alfred Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ weltberühmt werden sollte. Der Film lief 1946 in den amerikanischen Kinos.

Er erzählt die Geschichte von Catherine Bennett, einer Frau, die auf der Suche nach dem wahren Mörder der Nachtclubsängerin Mavis Marlowe ist, nachdem ihr Mann Kirk der Tat angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Da bereits ein Hinrichtungstermin fest gelegt wurde, läuft ihr die Zeit davon.

Der einzige Anhaltspunkt, den sie hat ist eine Liste mit Namen und Telefonnummern. Nacheinander besucht sie die Männer, um heraus zu finden, ob einer von ihnen der Schuldige sein könnte. Der erste ist der alkoholabhängige Ex-Mann der Sängerin, der sich aber schließlich aus seinem Delirium aufrappelt und mit Catherine zusammen heraus zu finden versucht, wer noch Grund gehabt haben könnte, die Sängerin umzubringen. Wie sieht es mit dem Nachtclubbesitzer aus, bei dem sie zuletzt aufgetreten ist?

Die junge Frau und ihr neuer Begleiter, der ihr bald mehr als ihr Mann bedeutet, weil er alles verkörpert, was dieser nicht ist, bewerben sich bei einem offenen Casting und werden schließlich angenommen. Und ihr Verdacht beginnt sich zu verhärten. Denn eigentlich gilt der Mann in der einschlägigen Szene als Frauenhasser, aber er ist von Catherine mehr als nur fasziniert.

 

Der Film strafft die episodenhafte Geschichte des Buches und fasst die Handlungsstränge enger zusammen, so dass einige Figuren miteinander verschmolzen sind und andere eine mehrfache Bedeutung bekommen. Zunächst fragt man sich schon, was hier den „Film Noir“ ausmacht, denn das Thema, einen Unschuldigen vor der Hinrichtung zu retten ist klassisch und auch schon mehrfach zuvor verfilmt wurde. Neu ist diesmal, dass sich die Heldin immer mehr zu ihrem neuen Begleiter hingezogen fühlt, gegen den ihr Mann eher blass und lieblos wirkt, zumal er sie ja auch mit der Marlowe betrogen hat.

Der Ex-Mann der Ermordeten ist all das, was sie an ihrem Gatten vermisst - treu, humorvoll und aufmerksam. Er beschützt sie vor dem immer aufdringlicher werdenden Nachtclub-Besitzer und doch ahnt man es schon bald - dieser Liebe wird es nicht vergönnt sein, Erfüllung zu finden. Anders als das Buch lässt der Film am Ende offen, was nach dem überraschenden Geständnis geschieht, und das macht seinen besonderen Reiz aus, da man seine eigene Phantasie spielen lassen kann, was letztendlich das Schicksal der einzelnen Figuren betrifft.

„Schwarzer Engel“ spielt mit den Gefühlen der Menschen. Nicht immer wird dabei alles offen gesagt und ausgespielt, vieles lebt auch nur durch die Andeutungen. So verkörpert Peter Lorre einen Mann, der durchaus homosexuell sein könnte. Es sind kleine Gesten, die das erkennbar machen - bestätigt wird das allerdings nie. Lange Zeit hält man ihn für den Schuldigen, bis der Film eine überraschende Wendung erhält und in einer alptraumhaften Vision die ebenso überraschende wie bittere Wahrheit enthüllt.

Mit den künstlerisch verfremdeten Bildern dieser Szene tritt die Natur des „Film Noir“ wieder einmal deutlich zu Tage - nichts ist wie es scheint und hinter den Masken aus Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft verbergen sich manchmal tiefe Abgründe - von denen der Betroffene hin und wieder selbst nichts weiß. Dan Duryea verkörpert diese tragische Gestalt so, wie man es von ihm kennt.

Auch wenn die DVD neben einem Trailer nur noch mit einer Galerie seltenen Werbematerials aufwarten kann, so bietet doch gerade das ausführliche Essay im Booklet interessante Informationen zur Entstehung des Films, über die Schauspieler, den Autor und sein zu Grunde liegendes Buch. Koch Media hat in der Aufbereitung des Films gute Arbeit geleistet, es bleibt allerdings ein Rätsel, warum es nur englische und keine deutschen Untertitel gibt.

Nur eines sollte man nie vergessen - der Film besitzt eine andere Dynamik als moderne Kriminalfilme. Hier steht nicht die Action im Vordergrund, Spannung entsteht viel mehr durch die vielschichtige Zeichnung der Charaktere und die vielen Dialoge, die mehr an Informationen enthalten als man denkt.

 

 

Fazit:

 

Das macht auch „Schwarzer Engel“ zu einem würdigen Vertreter des „Film Noir“. Auch wenn der Film für heutige Begriffe vom Zuschauer viel mehr Aufmerksamkeit verlangt und manchmal etwas langatmig erscheint, so zeigt er doch die volle Tragik dessen, was diese Filmgattung auszeichnet, denn nicht immer ist die Gerechtigkeit auch das, was die Helden am Ende glücklich macht.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240426051619a16aff27
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DVD:

Schwarzer Engel

Film Noir Collection DVD 3

Black Angel, USA, 1946

Alternativtitel: Vergessene Stunde

Film Noir Krimi-Klassiker

Regie: Roy William Neill

Drehbuch: Roy Chanslor nach einem Roman von Cornell Woolrich

Musik: Frank Skinner

Bildformat: 1,37:1 (4:3)

Synchro: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0), Untertitel: Englisch

Spieldauer: 77 min, 1 DVD

Extras: Originaltrailer

FSK: 12

Koch Media, 9. Mai 2008

 

ASIN: B0015TZTTC

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Dan Duryea

June Vincent

Peter Lorre

Broderick Crawfort

Constance Dowling


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Erstellt: 22.05.2008, zuletzt aktualisiert: 01.07.2023 17:33, 6551