Schwarzer Tanz (Autorin: Tanith Lee)
 
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Schwarzer Tanz von Tanith Lee

Rezension von Christel Scheja

 

In den 1980er Jahren war Tanith Lee die Autorin, die Grenzen aufbrach und mit ihren Romanen bewies, dass auch Fantasy eine sinnliche Erotik bergen kann, die Männer und Frauen gleichermaßen zufrieden stellte. Sie wagte sich sogar an das Tabu der Homosexualität und stellte sie erstmals auch als positiv dar, was ebenfalls bis dato unmöglich zu sein schien. Allerdings wurde es im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts eher still um sie.

„Schwarzer Tanz“ ist einer der Romane die in dieser Phase entstanden. Das Buch ist mittlerweile zwanzig Jahre alt und erschien offensichtlich schon einmal in Deutschland, da der Verlag von einer „überarbeiteten Neuauflage“ spricht.

 

Rachaela Day ist eine ganz normale Frau. Sie führt ein langweiliges Leben ohne Aufregungen und Abenteuer, da ihr auch nicht danach ist, irgendetwas oder jemanden an sich heran zu lassen. Das ist noch schlimmer geworden, nachdem ihre Mutter und die Katze – die sie als einzigstes Lebewesen bei sich geduldet hat, gestorben sind.

Zwar tritt die Familie ihres unbekannten Vaters an sie heran und lädt Rachaela ein, bei ihnen zu leben, aber die junge Frau lehnt erst einmal ab. Doch das ist nicht von Dauer, denn fast über Nacht zerbricht ihr bisher so perfekt ruhiges Leben: Die Wohnung in dem alten Mietshaus wird ihr aus Baugründen gekündigt, dann verliert sie auch noch ihren Job in einer heruntergekommenen Buchhandlung.

So bleibt ihr nichts anderes übrig, als das Angebot der unbekannten Verwandten anzunehmen, auch wenn sie kein gutes Gefühl dabei hat. Und sie soll recht behalten, denn das Herrenhaus, in dem die angeblichen Onkel und Tanten leben liegt einsam am Meer, fernab der Zivilisation. Alle sind verschroben und scheinen aus einer anderen Zeit zu stammen. Und auch ihr Vater Adamus soll noch leben, schottet sich allerdings vor den anderen und ihr ab. Nur des Nachts taucht er aus seinem selbstgewählten Gefängnis auf und streift durch das Haus.

Rachaela versucht eines Tages zu fliehen, aber sie kommt nicht weit. Denn ausgerechnet Adamus holt sie zurück und erweckt Gefühle, die die junge Frau vergessen geglaubt hatte, nur um sie dann ebenfalls wieder zu betrügen.

 

„Schwarzer Tanz“ ist ein Roman aus einer anderen Zeit, eine düstere Geschichte, die statt angenehmer Schauerromantik eher realistische und kalte Nüchternheit verbreitet. Zwar taucht die Protagonistin in eine Welt ein, die aus der Zeit entrückt zu sein scheint, aber sie bleibt ihr fremd, genau so wie dem Leser. Tanith Lee arbeitet hier mit Andeutungen, wie es ihre Fans gewohnt sind, aber diesmal wollen keine sinnlich-erotischen Gefühle aufkommen, ebenso wenig entführt sie in eine märchenhaft versponnene Welt.

Die Umgebung in die sie die Leser entführt ist eher hässlich. Das trifft bereits auf das ursprüngliche Leben Rachaelas zu, die nicht ohne Grund kaum Gefühle zeigt und eher nur zu existieren scheint als wirklich zu leben. Interessanterweise verändert sich das auch das Buch über nicht, auch wenn es einen Moment gibt, in dem sie auftaut.

Das Haus der Scarabae, der verschrobenen Verwandten erinnert an Spukschlösser aus dem 19. Jahrhundert, aber auch hier liegt zentimeterdick der Staub, blättert der Putz von den Fassaden – zumindest im übertragenen Sinne. Was sie wirklich sind, das verrät die Autorin nicht und überlässt es lieber der Phantasie der Leser. Dafür durchbricht sie das Inzest-Tabu, auch wenn sie am Ende bei dem Ergebnis dann doch wieder Zugeständnisse an den Mainstream macht. Allerdings passt auch das zu der verstörend kalten und zynischen Atmosphäre des Romans, der auch die dunklen Seiten des Missbrauchs nicht auslässt, sondern sogar entsprechend ausbreitet.

„Schwarzer Tanz“ ist damit durchaus Dark Fantasy die an der Grenze zum Horror schrammt, auch wenn die phantastischen Elemente nur schwer zu erkennen sind und eher zwischen den Zeilen durchschimmern als offen zu sehen sind.

 

Alles in allem ist „Schwarzer Tanz“ ein sehr erwachsenes Werk von Tanith Lee, das es allerdings sehr schwer auf dem Markt haben dürfte, da die meisten Leser vermutlich Schwierigkeiten mit den kurzen, nüchternen Sätzen, dem bitterbösen Inhalt und dem kalten Umgang mit der Sexualität bekommen könnten, da diese nicht dem entsprechen, was sie normalerweise von schwarzer Romantik erwarten.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042602431607c8dcb8
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Schwarzer Tanz

Autorin: Tanith Lee

broschiert, 480 Seiten

Heyne, erschienen August 2011

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Adelheid Hartmann

Titelbildgestaltung von Nele Schütz Design

ISBN-10: 3453534018

ISBN-13: 978-3453534018

Erhältlich bei: Amazon

Kindle-Edition

ASIN: B005G2C0EG

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 01.12.2011, zuletzt aktualisiert: 27.02.2024 15:55, 12242