So finster die Nacht (DVD; Horror; FSK 16)
Rezension von Cronn
Es existiert ein Subgenre der phantastischen Literatur genauso wie des phantastischen Films, welches schon seit ewigen Zeiten sich dem Ausbluten verweigert, obgleich eine ungeahnte Anzahl an Veröffentlichungen vorliegen.
Gemeint ist damit natürlich das Subgenre des Vampirromans. Bram Stoker hat mit seinem Welterfolg Dracula eine Welle losgestoßen, die zu einer wahren Flut an Publikationen von Vampirromanen und anderen Medienumsetzungen geführt hat. Schon Polidori, der Leibarzt von Lord Byron, verfasste eine moderne Vampirerzählung, welche Aufsehen erregte. Aber es blieb dem Iren Bram Stoker vorbehalten, hier für einen Boom zu sorgen.
In der Folge erschienen zahlreiche Vampirromane, sogar als Fortsetzungsromane für wenige Pennys zu haben, und auch der phantastische Film interessierte sich sofort für den bleichen Vampir als Blutsauger am Hals schöner Leinwand-Heroinen.
Nosferatu, „Dracula“ oder der unbekanntere Vampyr sind nur einige Erzeugnisse, von denen der Phantastikfreund Kenntnis hat.
Später machte vor allem „Dracula“ in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts als Filmbösewicht Karriere, dargestellt von keinem Geringeren als dem Schauspiel-Giganten Christopher Lee. Dieser war zuletzt in Star-Wars-Filmen und Herr-der-Ringe-Verfilmungen zu sehen. Doch damals lehrte Lee als Dracula in den Hammer-Studio-Produktionen einer ganzen Generation das Fürchten.
Doch danach war eine Zeit lang Ebbe angesagt, bis Anne Rice mit ihrer Chronik der Vampire dem Subgenre erfolgreich neues Leben einhauchte. In der Moderne angekommen sind Vampire auch 2009 noch en vogue, wie man am Erfolg solcher Romane wie Biss zum Morgengrauen, im englischen Original mit "Twilight“ wesentlich passender betitelt, sehen kann.
Doch das Filmgenre bleibt nicht außen vor und legt nach. „Twilight“ wurde verfilmt und ebenso ein Roman eines schwedischen Schriftstellers. Die Rede ist von So finster die Nacht, verfasst von John Ajvide Lindqvist.
Die Umsetzung des Films wurde von Tomas Alfredson gestaltet und hierzulande wird der Streifen von Ascot Elite vertrieben.
Inhalt:
Oskar, ein zwölfjähriger Junge, wohnt in einer grauen Betonsiedlung vor Stockholm allein mit seiner getrennt lebenden Mutter. Der schüchterne Junge wird von Mitschülern ständig drangsaliert und gepiesackt. Wehren kommt für ihn nicht in Frage, obwohl sich der Frust aufstaut. Da trifft er nach Sonnenuntergang auf dem Spielplatz die gleichaltrige Eli, die mitsamt einem Erwachsenen, der möglicherweise ihr Vater ist, neu ins Viertel gezogen ist. Langsam freundet sich Oskar mit dem merkwürdigen Mädchen an. Schließlich entdeckt der Junge, dass sie ein Vampir ist. Sie lehrt ihn, sich zu verteidigen und zurückzuschlagen. Bald herrschen im Viertel Angst und Schrecken, denn Eli muss Blut trinken, um zu überleben. Und das holt sie sich mit aller Dringlichkeit und Konsequenz, wozu ein Vampir in der Lage ist.
Kritik:
Tomas Alfredson hat mit der Verfilmung des Romans von John Ajvide Lindqvist sich einer großen Aufgabe gestellt. Wie sollte das Werk, das vor allem von feinen Andeutungen lebt, für das große Kino umgesetzt werden? Es musste demnach ein Film entstehen, der gleichzeitig so weit wie nur möglich werkgetreu bleibt, aber auch für das Publikum unterhaltsam wirkt.
Um es vorweg zu nehmen: Dem Regisseur Tomas Alfredson ist die Aufgabe gelungen.
Das Drehbuch hat seine große Stärke in der Charakterzeichnung. Die beiden Kinder Eli und Oskar verbindet eine Freundschaft, die schon bald in eine zarte Liebe umschlägt. Dabei ist dies an keiner Stelle obszön gestaltet. Sehr behutsam geht Tomas Alfredson mit dem Thema um und er schafft es eine Filmliebe von Vampir zu Mensch zu beschreiben, die anders ist als die von anderen Streifen bekannte.
Die jungen Darsteller agieren auf hohem schauspielerischen Niveau, spielen offensichtlich gerne ihre Rollen und leben sie aus. Vor allem die Darstellerin der Eli hatte es eigentlich schwer, einen möglicherweise jahrhundertealten Vampir gefangen im Körper eines Kindes zu verkörpern – doch dieser schauspielerische Spagat gelingt ihr bravourös.
Die Ausleuchtung und Ausstattung des schwedischen Films ist an jeder Stelle über Zweifel erhaben. Er bewahrt sich immer seine Andersartigkeit und bleibt doch gleichzeitig verständlich und inszenatorisch spannend.
Extras:
Die DVD von Ascot Elite enthält vier geschnittene Szenen als Bonusmaterial. Weiterhin wird dem interessierten Zuschauer noch der deutsche Trailer von „So finster die Nacht“ angeboten. Auch eine Trailershow fehlt nicht. Die Bonussektion ist damit nicht übermäßig, aber dennoch ordentlich bestückt.
Fazit:
„So finster die Nacht“ ist ein Film geworden, wie man sich einen nordischen phantastischen Film wünscht: künstlerisch eigenständig und mit kühlen Bildern erzählt der Streifen eine anrührende Geschichte zweier Außenseiter, die eine merkwürdige Beziehung zueinander eingehen, welche sie als Zuneigung oder sogar Liebe empfinden.
Der Vampir Eli ist dabei in der stärkeren Position, lebt sie aber gegenüber Oskar nur bedingt aus. Oskar hingegen erweist sich im Laufe des Films als wandlungsfähiger als gedacht.
Somit ist „So finster die Nacht“ eine klare Empfehlung für Freunde des etwas anderen Vampir-Films und seinem Hollywood-Konkurrenten „Twilight“ künstlerisch um Längen überlegen.