So finster die Nacht (DVD; Horror; FSK 16)
Filmkritik von Christel Scheja
Es ist sattsam bekannt, dass schwedische Kriminalromane immer ein wenig unterkühlt wirken und trotz eines eher ruhigen Handlungsverlaufes spannend wirken. Dass diese distanzierte Art, das Grauen zu zeigen auch auf das Horror-Genre zutreffen kann, beweist der schwedische Film „Lät den Rätte komma In“, der in den Kinos eher durchfiel, jetzt aber auf DVD unter dem Titel „So finster die Nacht“ erschienen ist. Verfilmt wurde der gleichnamige Roman von John Ajvide Lindqvist, der ebenfalls auf Deutsch erhältlich ist.
Winter 1982 in einer Reihenhaussiedlung in Blackeberg (Stockholm). Inmitten der tristen Umgebung lebt Oskar mit seiner psychisch angeschlagenen und deshalb besonders um den Jungen bemühten Mutter, die ihn pädagogisch richtig erziehen möchte. Leider erreicht sie damit genau das Gegenteil. Hin und wieder taucht auch der alkoholkranke Vater bei den beiden auf und macht ihnen Ärger und Scherereien.
Oskar ist und bleibt ein Außenseiter. Da er extrem helle Augen und Haare hat, wird er in der Schule von den Klassenkameraden und vor allem Älteren nur gehänselt und teilweise auch misshandelt. Der Junge weiß allerdings nicht, wie er zurückschlagen soll, da er dies in seinem Leben nicht gelernt hat.
Statt dessen ergeht er sich zuhause im Stillen in Gewaltphantasien mit seinem Taschenmesser und sammelt Zeitungsausschnitte über aktuelle Serienmorde in der Region in der Hoffnung, dass das auch eines Tages die Jungen und Mädchen treffen könnte, die ihm jetzt immer wieder weh tun.
Allein sein spanischstämmiger Sportlehrer versucht an den verschlossenen Einzelgänger heran zu kommen, ihn ein wenig aufzumuntern und seine verborgenen Talente heraus zu kitzeln, aber auch er kommt nicht wirklich an den Jungen heran und muss schließlich aufgeben
Eines Tages zieht endlich wieder jemand in die schon länger leerstehende Nachbarwohnung ein. Es sind ein alter Mann namens Hakan und das Mädchen Eli, die in Oskars Alter, die sich allerdings kaum am Tage sehen lässt.
Der Rentner wird später von Passanten dabei beobachtet, wie er einen Mann an einem Baum an den Füßen aufhängt und ausbluten lässt. Was will er mit dem Lebenssaft anstellen? Und hat er auch die anderen Menschen umgebracht, von denen in der letzten Zeit in den Medien berichtet wurde?
Derweil freunden sich die beiden Kinder miteinander an, nachdem sie sich im verschneiten Hof zwischen den Häusern kennen gelernt haben.
Sehr schnell findet Oskar heraus, was Eli eigentlich ist, doch von ihr lösen kann er sich nicht. In einer Mischung aus Bewunderung, Faszination und Angst sucht er engeren Kontakt mit ihr, denn er ist froh endlich jemanden gefunden zu haben, der ihn versteht. Doch wird er auf Dauer mit der dunklen Seite von Eli auskommen können – dem Vampir, der seinen Hunger nur durch Blut stillen kann?
„So finster die Nacht“ ist ähnlich wie „Pan’s Labyrinth“ ein Film aus der Sicht der Kinder, die in einer kalten und grausamen Welt aufwachsen. Nicht Eli allein ist hier das Monster, viele Menschen aus Oskars Umfeld handeln im Grunde viel grausamer als die Vampirin, über die man nur wenig mehr als ihren Namen erfährt. Nicht einmal ihr Alter verrät sie..
Dafür lernt man um so mehr über den albinotisch wirkenden Jungen, der sich zwar längst mit der Scheidung seiner Eltern und der Krankheit seines Vaters arrangiert hat, aber überhaupt nicht ertragen kann, dass ihn die Gleichaltrigen ihn als „rosa Schweinchen“ bezeichnen und ihm boshafte Streiche spielen.
Durch seine Umgebung abgehärtet, kann er Elis Natur trotz seiner Angst akzeptieren und fühlt sich sogar noch auf gewisse Art und Weise mit ihr verbunden, da sie mit Menschen so umgehen kann wie er es sich manchmal wünscht.. So wird seine Beziehung zu dem Mädchen immer intensiver und natürlicher. Sie vermittelt auch der instinkthaft handelnden Eli ein wenig Menschlichkeit.
Im Film selbst wird nicht viel gesprochen sondern eher gehandelt und getan. Vieles vermitteln die Gesten und Blicke der Figuren, das was sie tun und nicht zuletzt die Geräusche oder symbolhaften Bilder. Auch Musik ist so gut wie gar nicht vorhanden.
Da die meisten Szenen eher ruhig bleiben, wirken die unvermittelten Ausbrüche von Gewalt um so erschreckender. Selbst wenn man schon in eine gewisse Lethargie versunken ist, weil über Minuten nicht viel passiert, ist man danach wieder hellwach.
Allerdings muss man schon ein wenig Geduld und Interesse aufbringen, um „So finster die Nacht“ wirklich mögen zu können. Wer Action, schöne Effekte und einen dramatischen Handlungsverlauf gewohnt ist, wird weniger Spaß an dem Streifen haben, da es davon so gut wie gar nichts gibt
Und man sollte auch keinen Kinderfilm erwarten, in dem romantische Gefühle und die erste Liebe zum Tragen kommen. Wenn so etwas eine Rolle spielt ist es nordisch unterkühlt dargestellt - und nicht zuletzt voller kryptischer Geheimnisse. Gerade das Ende lässt viele Fragen offen.
„So finster die Nacht“ ist damit ein Film für all diejenigen Zuschauer, die das Außergewöhnliche mögen und schon fasziniert von „Pan’s Labyrinth“ waren, auch wenn sie diesmal weniger magische Wesen als die nüchterne Realität zu sehen bekommen, und diejenigen, die auf ihre ganz eigene Weise in dieser überleben wollen.
Nach oben