Superman (Klassiker der Comicliteratur Bd. 2)
 
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Superman

Reihe: Klassiker der Comicliteratur Bd. 1

Rezension von Christian Endres

 

Das ist sie also, die zweite große Comic-Bibliothek dieses Jahres, die uns wöchentlich mit den großen Klassikern aus der Welt der bunten Bilder versorgen und vor allem erfreuen soll. Einen Monat später als die BILD-Zeitung und Weltbild starten nun auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Panini (deutscher Verlag für die Helden renommierter amerikanischer Comicverlage wie Marvel oder DC) mit ihrer Reihe – Klassiker der Comic-Literatur – durch. Auch hier wird wöchentlich jeweils ein Band erscheinen, doch wird sich diese Bibliothek ob ihres größeren Umfangs (vorerst insgesamt 20 Bände) bis Anfang 2006 erstrecken.

 

Schon Wochen vor dem Erscheinen der ersten Bände wurde in den einschlägigen Internet-Foren bereits heftig und manchmal auch hitzig darüber diskutiert, welche der beiden Reihen denn die bessere oder wenigstens doch empfehlenswertere wäre – egal ob nun in Sachen Aufmachung oder Inhalt. Für mich stand ebenso wie für viele andere Sammler und Leser schnell fest: Auch wenn die Bildzeitung ihrer Reihe ein Hardcover spendiert hat, dürfte die FAZ-Reihe das Rennen machen, zumal ja mit Panini ein Verlag dahinter steht, der auf Comics und deren stilvolle Präsentation versiert ist und sich in den letzten Jahren wirklich positiv auf diesem Sektor hervor getan hat.

 

Die Enttäuschung war daher verhältnismäßig groß, als ich den ersten Band aus dem Versandkarton und seiner Schutzfolie befreit habe: Nicht nur, dass sich das erwartete Tradepaperback (knapp A4-Format) als ein handliches Pocketformat – ein Taschenbuch (ungefähr A5-Format) – entpuppte, nein, zu allem Überfluss wellte sich das Papier auch direkt nach dem Abreißen der Folie schon so, als hätte es bereits eine halbe Stunde in der Badewanne zugebracht (ohne Folie, versteht sich –Darstellung im übrigen dramatisiert), und das Cover hatte einen Beschnitt bekommen, der es an der rechten Kante ausfransen und die erste Seite ein paar ärgerliche Millimeter aus dem Rest des Buchblocks hervorstehen ließ. Doch damit rissen die technischen Pannen bei der Premiere nicht ab: Bereits nach dem ersten vorsichtigen Lesen verabschiedete sich die Leimung mehr oder weniger, so dass sich ein zweites Lesen der Abenteuer des Mannes aus Stahl nicht unbedingt zu empfehlen scheint, falls man die Bibliothek am Ende nicht nur als lose Blattsammlung im Regal stehen haben möchte, und die finale Story aus Action Comics #600, mit der eigentlich Supermans 50. Geburtstag zelebriert werden soll, vermisst zudem schmerzlich ihre vorletzte Seite, wodurch ihr Sinn einigermaßen entstellt und Supermans Handeln grotesk und völlig out-of-character verzerrt wird.

 

Die schmucken Hardcover der Bild-Zeitung stehlen dem ersten Band der FAZ-Reihe damit also ganz klar die Show, wenn es um die Verarbeitung geht; zwar hatte man auch das ein oder andere Problem mit dem Verkleinern der frankobelgischen Alben um beispielsweise „Asterix“, „Lucky Luke“ oder „Spirou und Phantastio“, doch sind diese Fehlerchen und Ungereimtheiten nicht so offenkundig, grob oder fahrlässig (eine fehlende Seite? also bitte!) wie bei der FAZ-Premiere. Außerdem hat auch das kleine FAZ-Taschenbuch so seine Schwierigkeiten damit, die Panels und Bilder der größeren Original-Hefte von Supermans Abenteuern richtig einzufangen und zur Geltung zu bringen, was sich vor allem in den viel zu kleinen Sprechblasen äußert. Beide Reihen tun sich hier ab und dann ganz schön schwer – kein Wunder, sind Comics nun mal ein Medium, das auf Optik ebensolchen Wert legt wie auf die durch die Bilder erzählten Geschichten selbst. Beim Rest der Gestaltung und Aufmachung ist es ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen. Ich persönlich würde hier der FAZ-Bibliothek und deren deutlich edlerem Design den Vorzug geben, was sowohl für die Umschlaggestaltung als auch den Innenteil gilt.

 

Auch die Lektüre der ersten Seiten relativiert den negativen Eindruck zu Gunsten von Superman und dem kleinformatigen Schützling des FAZ-Feuilleton: Ein Vorwort von fast zehn Seiten, das wirklich sehr gründlich und sehr gut recherchiert ist und, sowie die eindeutige Kennzeichnung der einzelnen Autoren und Zeichner ("Ehre wem Ehre gebührt!" – das ist bei der Konkurrenz von der Bild leider nicht der Fall, wo man vergebens auf solche wissenswerten Angaben hofft) zeigen, dass die redaktionelle Betreuung der FAZ-Reihe einsame Spitze ist und für diesen Preis wohl ihres gleichen sucht.

 

Auch die Auswahl der Geschichten zeugt von großem Verständnis für die Materie und hier die Figur Superman im Besonderen. Sicherlich kann man bei einem Helden, der schon hunderte von Abenteuer erlebt hat und von dem es eine ganze Heerschar herausragender Geschichten von namhaften Autoren und brillanten Zeichnern gibt, immer darüber streiten, ob diese Geschichte nicht doch besser oder ob jene Story nicht vielleicht doch die richtige und ob diese dann am Ende tatsächlich... – die Auswahl ist gut, punkt. Und auch wenn sie nicht jedem zu einhundert Prozent gefällt, so kann man doch guten Gewissens behaupten, für jeden Geschmack etwas dabei zu haben.

 

Sowohl klassische Geschichten – sogar Supermans erster Auftritt in den Action Comics aus dem Jahr 1938 – als auch neuzeitliche Stories und zeitlose Schmuckstücke von Star-Autoren wie John Byrne oder Alan Moore sind in den ersten Band der FAZ-Reihe eingeflossen, und die Mischung und Abwechslung macht die gut 250 Seiten zum Genuss. Aus dem Inhaltsverzeichnis:

 

Superman

Superman – Erster Auftritt von Lex Luthor

Die letzten Tage von Superman!

Superman legt los!

Braucht die Welt einen Superman?

Das Geschenk

Was wurde eigentlich aus dem Mann von morgen?

Verschiedene Welten

Was ist so witzig an Wahrheit, Gerechtigkeit und dem American way of life?

 

In diesen neun Geschichten erleben wir nicht nur den ersten Auftritt von Lex Luthor – Supermans vielleicht größtem und hartnäckigstem Widersacher – sondern auch Erzfeinde des Kryptoniers wie Metallo oder Brainiac, aber wie der Mann aus Stahl sich mit dem Gedanken an seinen nahenden Tod schlägt oder etwa Gastauftritte von Batman und Robin oder der (in nahezu jederlei Hinsicht) göttlichen Wonder Woman. Superman kämpft mit Darkside, dem Schrecken aller Dimensionen, um den Olymp der Götter und wendet in den anderen Geschichten so manchen Schecken von der manchmal ziemlich ahnungslosen Menschheit ab – bis er sich in einer Geschichte schließlich sogar fragen muss, ob er der Entwicklung der Erdbevölkerung mit seiner schützenden und allzeit helfenden Hand nicht sogar im Wege steht. Herausragend ist auch die Geschichte, in der Supermans Geheimidentität verraten und der Welt offenbart wird, wer sich hinter Star-Reporter Clark Kent wirklich verbirgt. Meine persönlichen Highlights in diesem ersten Band der Klassiker-Bibliothek waren ganz klar „Verschiedene Welten“ – das zweite Team Up mit Wonder Woman in diesem Sammelband, umgesetzt vom Dreamteam John Byrne (der während seiner Arbeit bei Superman vielleicht sogar seine besten Stories abgeliefert hat) und George Perez (der schon vor knapp zwanzig Jahren einen unverwechselbaren Strich hatte) –, indem Superman und Wonder Woman sich nicht von Darkside täuschen oder ihr Date verderben lassen, sowie Alan Moores „Das Geschenk“, wo sich Action und Dramatik sinn- und stilvoll die Hand geben und das Erzähltalent des Engländers (berühmt geworden durch From Hell, V for Vendetta, Swamp Thing oder auch die Liga der außergewöhnlichen Gentleman) einmal mehr eindrucksvoll dokumentieren.

 

Fazit: Man muss kein kontinuitätsbesessener Superman-Kenner sein, der die Timeline des Mannes aus Stahl aus dem Stegreif bis ins kleinste Detail rezitieren kann, um mit dem ersten Band der FAZ-Reihe seinen Spaß zu haben. Die in ihm enthaltenen Geschichten sind geschickt ausgewählt und umschiffen etwaige Probleme, die sich für den Neu- oder Gelegenheitsleser auftun könnten, wenn man ihn in zu verworrene oder komplexe Handlungsbögen geworfen hätte. Man merkt, dass sich die Redaktion wirklich Gedanken über die Zusammenstellung gemacht hat, um einer legendären Figur wie Superman ein kleines Denkmal zu setzen und gleichzeitig auch ein breites Spektrum an Stories abzudecken; die Redakteure des FAZ-Feuilletons haben mit ihrer Auswahl für den Kryptonier genau den richtigen Nerv getroffen. Sicherlich wird der ein oder andere mit den aus heutiger Sicht naiven, deutlich konstruiert wirkenden Stories aus den 40ern und 50ern nicht viel anfangen können, doch rechne ich es den Herausgebern und Redakteuren hoch an, dass sie wirklich einen Überblick, und nicht nur eine Auswahl zum Besten geben wollen, und mit der ein oder anderen dieser naiven, nichts desto weniger aber charmanten und klassischen Geschichten auch ein Wagnis eingehen, anstelle auf einen lediglich grafisch hochwertigen, schrillbunten Action-Kracher von beispielsweise Lee zu setzen, bei dem außer den klasse Zeichnungen aber rein gar nichts dahinter steht. Dank dieser Entscheidung wird auf den 256 Seiten dieses Sammelbandes an Superman-Geschichten schnell klar, dass der Mann aus Stahl als Figur und Comiccharakter seit seiner Entstehung eine große, vielseitige Entwicklung durch gemacht und sowohl ehrzählerisch als auch zeichnerisch vielerlei Stempel aufgedrückt bekommen hat. Es ist bemerkenswert, dass die Klassiker der Comicliteratur es auf begrenztem Raum und trotz technischer Pannen schaffen, diesen Eindruck deutlich zu vermitteln und damit auch dem Gelegenheitsleser mehr als eine Facette von Superman zeigen.

 

Wären die ärgerlichen und vor allem unnötigen technischen Patzer nicht, könnte sich die FAZ und ihre Klassiker der Comic-Literatur Reihe zurecht eines lupenreinen Blitzstartes rühmen. So jedoch werden die gelungene Zusammenstellung und das ansprechend schlichte Design, das sich durch die gesamte Reihe durchziehen wird, stark von diesen Mängeln getrübt. Wenn die FAZ, Panini und deren italienische Druckerei es für die restlichen Bände (die sicherlich noch nicht alle gedruckt sind) aber schaffen, diese technischen Ungereimtheiten zu beseitigen und Fauxpässe wie die unter den Tisch gefallene Seite zu vermeiden, und man als Leser und Fan gleichzeitig über das ab und dann etwas überfordert wirkende Taschenbuchformat (für den Preis sicherlich zu tolerieren) hinweg sieht, dann stehen uns auch über den inhaltlich überzeugenden Superman-Band hinaus wunderbare Wochen mit echten Perlen und Klassikern des grafischen Erzählens bevor, auf die man sich getrost Woche für Woche freuen darf.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420004532e1195fed
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Comic:

Superman

Reihe: Klassiker der Comicliteratur Bd. 1

Autor: Jerry Siegel, u. a.

Zeichner: Joe Shuster u. a.

Verlag: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Format: Softcover

Sprache: Deutsch

ISBN-Code: 3899810821

Anzahl Seiten: 256

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Erstellt: 14.09.2005, zuletzt aktualisiert: 07.04.2024 09:00, 1277