THESSALY: DIE HEXE LÄSST DAS MORDEN NICHT
Reihe: Sandman präsentiert Bd. 1
Rezension von Richard Stadler
Wenn es um zeitgenössische Fantasy in Comicform geht, hat sich in den letzten Jahren wohl kein zweiter Autor so verdient gemacht wie FABLES-Schöpfer Bill Willingham.
Auch im Universum von Neil Gaimans SANDMAN, das er nun abermals betritt, ist Willingham kein Unbekannter: Schon 2000 schrieb er den Oneshot MERV PUMPKINHEAD – AGENT OF D.R.E.A.M und nur ein Jahr später die abwechslungsreiche Comic-Kurzgeschichtensammlung WAS SIE SCHON IMMER ÜBER TRÄUME WISSEN WOLLTEN.
Nun kehrt der Dank seiner FABLES-Geschichten mit mächtig vielen Eisner-Awards behangene Willingham in das Comic-Universum zurück, das Neil Gaimans Namen wertvoller als Gold machte. Dabei konzentriert sich Willingham mit Hilfe von Zeichner Shawn McManus (der eine wahnsinnige Entwicklung durchgemacht hat!) auf Thessaly. Die junge Dame der ersten Miniserie mit vier Kapiteln im ersten deutschen SANDMAN PRÄSENTIERT-Band von Panini sieht zwar wie eine harmlose Studentin aus – aber sie ist verdammt mächtig, verdammt skrupellos und verdammt ausgekocht. So schockt es die thessalische Hexe dann auch nicht großartig, als sie herausbekommt, dass ein paar Götter den Plan gefasst haben, ihre Seele zu rauben, die sie für lange Zeit sättigen würde. Dabei haben sie die Rechnung freilich ohne Thessaly gemacht...
Willingham beweist wieder einmal, was für ein toller Erzähler er ist und dass er unglaublich witzig sein kann – dass und ihm dafür auch eine etwas dünne Story reicht, wenn er nur eine gute Hauptfigur hat (was mit Thesally und der Ambivalenz zwischen Aussehen und Wesen/Macht absolut gegben ist). Aber wen kümmert's letzten Endres, dass die Geschichte ziemlich glatt dahinplätschert und die Motivationen der Figuren im Grunde nur wenig taugen? Die Dialoge zwischen Thessaly und ihrem ektoplasmatischen Begleiter sind köstlich, McManus Artwork sieht Klasse aus – und man würde dieser Tage wohl auch eine Regal-Aufbau-Anleitung lesen, wenn sie von Willingham geschrieben wäre.
FAZIT:
Unter der nett-belanglosen Oberfläche lauert eine bitterböse, witzige Geschichte mit einem ganz eigenen Sinn für Humor und Roadmovie-Charakter im sANDMAN-Universum.