Tränen der Götter
 
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Tränen der Götter

Rezension von Karl-Georg Müller

 

Den „Tränen der Götter“ hängt der Ruf nach, eine wunderkräftige Flüssigkeit zu sein. Pech bloß, dass diese Tränen einzig in der unguten Wüste Nakramar mitten in Myranor einzusammeln sind. Und das auch nur, wenn die Stämme der Schabkrah und der Sholai dies zulassen – was ohne sehr triftige Gründe nicht geschehen wird. Zu allem Übel ist die Quelle des begehrten Getränkes seit kurzer Zeit versiegt. Trotzdem, Surgon, seines Zeichens Dritter Alchimist des Hohen Rates und von der Abstammung her Nequaner, giert es aus wenig altruistischen Motiven nach ein oder zwei Phiolen des edlen Saftes.

 

Doch bevor die Heldengruppe sich auf den langen Weg durch die Weiten und Öden Myranors begibt, breitet sich vor dem Spielleiter die Vorgeschichte aus. Die Forscherin Diphledene wurde von Surgon beauftragt, entdeckte auch die sagenhaften Tränen – und ward nicht mehr gesehen. Einzig die Pfadfinderin Undahpuri überlebte das Debakel, und genau mit ihr werden sich die Helden auseinandersetzen – oder besser: zusammenfinden – müssen.

 

Der Mythos um die Tränen wird von Gregor Rot recht rasch erzählt, eine ansprechende Hintergrundgeschichte, die im Abenteuerband noch im Detail ausgebreitet wird. Danach geht es gleich ins Abenteuerliche: „Der Suche erster Teil: Ein Auftrag auf Umwegen“ beschreibt, wie die Helden eher zufällig an eine Piratenbande geraten und auf erste Tuchfühlung mit der besagten Pfadfinderin gehen. Es wird ein wenig hin- und hergehen an Bord, bevor Undahpuri sich in die guten Hände der Helden begibt. Gemeinsam werden sie die Stadt Melakkam erreichen, alleine wird die Heldengruppe die Stadt verlassen.

 

Dennoch haben sie nun mehr oder weniger den Auftrag. Zumindest haben sie Surgon kontaktiert – wenn sie sich nicht allzu verbohrt anstellen, aber vor einem Scheitern steht ja immer noch der hilfreiche Spielleiter -, der ihnen die nächsten Schritte diktieren wird. Und die führen „Durch Steppe und Wüste“, dem viel sagenden Titel von „Der Suche zweiter Teil.“ Erst einmal geht es über die See, dann übers Gebirge, später hinab in die Stadt Bath Hammin. Die ist gewissermaßen das Tor zur Wüste und damit dem eigentlichen Ziel unsrer Helden. Doch die Wüste Nakramar sollte man tunlichst nur karawanenmäßig bereisen, und eine solche gilt es auszuheben.

 

Unter der Leitung erfahrener Wüstenwanderer wird „Der Suche dritter Teil: Asche zu Feuer“ in Angriff genommen. Tagelang taumeln die Reisenden auf den Rücken ihrer Reittiere durch die Wüste, bevor sie endlich der Heiligen Höhlen ansichtig werden. Hier lichtet sich der Schleier, warum die Tränen der Götter nicht mehr tröpfeln. Und warum die Helden tunlichst den Auftrag von Surgon hinten anstellen sollten …

 

Abgerundet wird der Abenteuerband durch eine je nach Wichtigkeit detaillierte Auflistung der „Dramatis Personae“ und einiger neuer Wesenheiten, die in der Wüste ihr Schattendasein fristen.

 

Zu Recht wird eingangs des Bandes betont, dass „Tränen der Götter“ zwar nur mit der „Myranor“-Box gespielt werden kann, aber die Kenntnis von „Handelsfürsten und Wüstenkrieger“ und „Myranische Mysterien“ empfehlenswert ist. Das kann ich nur bestätigen, denn an verschiedenen Stellen des Abenteuers wird auf die Ergänzungen verwiesen; ein Spielleiter sollte also gut ausgerüstet den Weg in die Wüste wagen.

 

Mir gefällt sehr gut, wie nach und nach vor den Augen der Spieler das Geheimnis um die Tränen enträtselt wird. Viele Informationen fügen sich zu einem Puzzle, das sich erst in den letzten Abschnitten zu einem Ganzen zusammenwächst. Zum Ende hin wird sich auch erweisen, dass die Helden zwar einen Auftrag übernommen haben, dies aber in Unkenntnis über das Geheimnis um die Tränen geschah. Mit ihrem neu erworbenen Wissen werden sie wohl den Auftraggeber leer ausgehen lassen.

 

Zu diesem positiven Eindruck gesellen sich weitere Pluspunkte. Anschaulich beschriebene Charaktere, die glaubhaft agieren, rechne ich ebenso hierzu wie geschickt eingefügte Wesen (beispielsweise die abgerichteten Seeschlangen), die nicht aus reinem Selbstzweck auftauchen. Gregor Rot erzählt seine Geschichte zudem ausdrucksvoll, so dass Myranor trotz seines bizarren Hintergrundes lebendig wirkt. Und Abschnitte wie „Entbehrungen in der Wüste“ runden eine Reise in die Wüstenei treffsicher ab.

 

Leider erscheint mir der Weg zum Ziel etwas zu lange. Es geht über unzählige „Millia“ hinweg, über Wasser, über Land, über Wasser. Das ist mir zuviel des mühsamen Marschierens (oder Seefahrens). Der Autor hat natürlich Vorsorge vor der dräuenden Langeweile getroffen und eine Handvoll Begegnungen eingebaut. Aber manchmal sieht sich der Spielleiter mit wenig gehaltvollen Beschreibungen konfrontiert („tagsüber sind die Dörfer oft vollkommen verwaist …“; Seite 35), die in der Spielrunde die Ödnis der Salzwüste lange vor ihrem Erreichen vorwegnehmen könnte. Es wäre aus meiner Sicht ratsam, die Reisen erzählerisch zu straffen und keinesfalls jeden einzelnen Reisetag auszuspielen. Oder der Spielleiter hat’s richtig gut drauf und ahmt Jules Verne nach: In 80 Tagen durch Myranor. Wenn er das kann, wird es natürlich ein Erlebnis für die Spieler …

 

… deren Charaktere „erfahren“ sein sollten (mit den Anforderungen „Interaktion“, „Talenteinsatz“ und „Kampffertigkeiten“), während die Spieler (3 – 5 an der Zahl) und der Spielleiter eine „mittlere“ Komplexität zu erwarten haben.

 

„Tränen der Götter“ von Gernot Rot ist ein gelungenes Abenteuer in den noch zu erforschenden Ländern Myranors, das ich trotz meiner Mäkeleien jedem Güldenland-Spielleiter ans Herz legen will.

 

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Hinweis:

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH,

www.fanpro.com und www.f-shop.de

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041821485788d69a95
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Tränen der Götter

System: DSA

Verlag: FANPRO

Erschienen: April 2003

Gruppenabenteuer - 94 Seiten

ISBN: 3-89064-376-0

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 15.07.2005, zuletzt aktualisiert: 20.02.2015 02:18, 607