Trucker von Terry Pratchett
Hörbuch
Reihe: Nomen-Trilogie Bd.1
Rezension von Tanja Elskamp
Bereits 1989 schrieb Terry Pratchett die Nomen-Trilogie, die aus den Teilen „Trucker“, „Wühler“ und „Flügel“ besteht. Die drei kurzen Bücher sind mittlerweile nur noch als Sammelband erhältlich, doch der erste Teil der Trilogie erschien dennoch allein als Hörbuch des Patmos-Verlages, und zwar als ungekürzte Lesung mit einer Gesamtlänge von über sechs Stunden.
Die Nomen sind ein Volk von Wichten, gerade einmal zehn Zentimeter groß, die seit langer Zeit auf der Erde leben. Ursprünglich jedoch kommen sie von einem fremden Planeten – ein Umstand, an den sich keiner der noch existenten Nomen heute noch erinnern kann. Vielmehr sind nur noch wenige von ihnen übrig und nur noch zwei von ihnen sind jung und rüstig. Alle anderen Nomen wurden von Tieren gefressen, von Autos überfahren oder gingen fort und kehrten nie zurück. Die Nomen leiden Hunger und niemand weiß einen Rat.
Masklin, einer der jungen Nomen, überredet die anderen schließlich dazu, einen Lastwagen zu besteigen und mit diesem in ein besseres, neues Leben aufzubrechen. Niemand kann sich vorstellen, wohin die Reise führt, dennoch folgen alle Nomen Masklin und in einer waghalsigen Aktion brechen alle mit dem Lastwagen auf. Sie kommen zu einem Kaufhaus und stellen mit großer Verwunderung fest, dass dort ebenfalls Nomen leben – und zwar Tausende von ihnen!
Die Freude hält jedoch nicht lange an, denn die Kaufhausnomen haben wenig übrig für die fremden „Draußenler“. Das Kaufhaus ist ihre Welt, in der sie sogar einen Apparat religiöser und gelehrter Auffassungen und Regeln entwickelt haben, und in diesem existiert ein „Draußen“ nicht einmal.
Noch während Masklin und seine Leute versuchen, sich an das Kaufhausleben zu gewöhnen, erreicht jedoch eine Mitteilung die Nome: Das „Ding“, das die Nomen von draußen seit vielen Generationen behüten (es handelt sich um den Bordcomputer ihres einstigen Raumschiffes), erwacht wieder zum Leben und berichtet, dass das Kaufhaus abgerissen werden soll.
Wo sollen die Nomen diesmal hin und – noch viel schwieriger – wie sollen sie Kaufhausnomen davon überzeugen, dass sie ihre Heimat verlieren und ihre einzige Chance im „Draußen“ liegt?
Für die Lesung dieses ersten Trilogieteils gewann der Verlag Rufus Beck, der als Hörbuchsprecher durch die „Harry Potter“-Bände und durch „Artemis Fowl“ großen Bekanntheitsgrad und eine enorme Beliebtheit erwarb. Als man den Schauspieler vor Jahren einmal fragte, wie er dazu käme, seine Lesungen so lebendig und mit einer solch großen Modulationsvielfalt zu gestalten, antwortete Beck, dass er seine Kinder als Testpublikum habe und daher besser einschätzen könne, welche Vorleseart gut ankomme. Nun, diese Kinder werden Pratchetts Trilogie wohl nicht kennen, vielleicht sind sie auch noch zu jung oder bereits zu alt für diese Geschichte, auf jeden Fall erreicht Rufus Beck bei weitem nicht das sonst von ihm gewohnte Niveau.
Die einzelnen Charaktere wirken zumeist entweder weinerlich oder zänkisch, stets jedoch nah an der Hysterie. Das macht das Zuhören schon bald zu einer ziemlichen Anstrengung, die noch dadurch verstärkt wird, dass Beck nur unzureichend von seiner Fähigkeit, einzelnen Charakteren eine persönliche Note zu verleihen, Gebrauch macht. Auch die Unterschiede zwischen der Geschichte selbst und den Zitaten aus den verschiedenen „Büchern der Nomen“ jeweils zum Kapitelanfang werden so nicht wirklich deutlich.
Lobenswert ist allerdings, dass es sich beim Hörbuch um eine dezent inszenierte Lesung handelt. Zu jedem Kapitelanfang ist ein Aufzug zu hören, der schließlich mit einem „Pling!“ anhält, bevor Beck mit der Lesung fortfährt. Hier und da sind zudem Hintergrundgeräusche zu hören, etwa eine raunende Menge. Diese Mittel wurden sehr sparsam eingesetzt und wirken darum an ihren Einsatzorten umso mehr.
Die Geschichte selbst ist mit gemischten Gefühlen zu sehen – selbst Pratchett-Fans sind sich oft uneinig. Wie „Die Teppichvölker“ auch gehört die Nomen-Trilogie zu den Werken des Autors, die keinerlei Bezug zu seiner so gefeierten Scheibenwelt haben. Die Nomen existieren in der realen Welt und weisen Bezüge zu den Heinzeln und Wichteln der Märchenwelt auf. Entsprechend kindlich-naiv wirken sehr viele Szenen, die sich jedoch nicht wirklich an Kinder als Lese- beziehungsweise Zuhörerschaft richten. Durchaus sind viele satirische Elemente zu verzeichnen, die sich eindeutig an Erwachsene richten und von Kindern wohl kaum oder gar nicht verstanden werden könnten. Doch diesem Publikum ist das kindlich-naive des Buches wiederum stellenweise zu albern, und so sieht sich die Trilogie – und ebenfalls das vorliegende Hörbuch – vor allem einem Zielgruppenproblem gegenüber.
Wer Pratchett mag, wird ihn in dieser Geschichte wieder erkennen, jedoch sind zwischen seinen Scheibenweltromanen und der hier erzählten Geschichte deutliche Unterschiede zu machen, um Enttäuschungen zu vermeiden. Wem Märchenhaftes nicht zu albern ist und wer Interesse an der darin enthaltenen Satire hat, ist mit diesem Titel gut beraten, allerdings sollte man von der Hörbuchfassung nicht zuviel erwarten. Sie ist zwar vollständig und stellenweise sogar inszeniert, der Sprecher Rufus Beck enttäuscht jedoch bei diesem Hörbuch enorm.
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