Über die See zum Himmel (Autor: Neil Gaiman; Sandman 5)
 
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Über die See zum Himmel

Reihe: Sandman Bd. 5

Rezension von Christian Endres

 

Nichts ist schlimmer und frustrierender, als die ersten zehn Seiten eines neuen Sandman-Bandes. Kompliziert, scheinbar zusammenhangslos, verwirrend, sperrig - das sind die Attribute, die auf jeden neuen Einstiegspunkte eines Storyarcs von Neil Gaimans Vertigo-Saga über die Ewigen zutreffen. Dagegen ist zugleich nichts schöner, als diese Seiten zu meistern und im Anschluss zuzusehen, wie sich Gaimans Geschichte jedes Mal von Neuem entfaltet und ausbreitet - wie alles einen Sinn ergibt, jedes Puzzleteil und jeder kryptische Satz langsam aber sicher eine Bedeutung und einen Platz im großen Ganzen zugewiesen bekommt.

 

Hier zeigt sich bereits die große Magie von Neil Gaiman und seinem Sandman, der mit Abstand wohl wichtigsten und prestigeträchtigsten Fantasy-Comic-Saga der letzten 20 Jahre - und das ist auch im fünften Tradepaperback nicht anders. Was wieder einmal anders ist, das sind die Elemente der Story, die Gaiman seinem Leser in den hier gesammelten US-Heften 32 bis 37 kredenzt. Sandman ist Zyklus für Zyklus, Sammelband für Sammelband eine Wundertüte, etwas Neues. Nie weiß man, was Gaiman und Co. als nächstes servieren, wohin sich die clevere Comic-Erzählung verlagert und welche Richtung sie mit dem nächsten Kapitel einschlagen wird.

 

Auch in »Über die See zum Himmel« vermengt Gaiman wieder klassische Fantasy (z. B. das Motiv der Queste in einem Wunderland mit obskuren Charakteren als Gefährten der Heldin) und fantastische Innovationen (etwa der Mond als Sklave der Weiblichkeit), reichert sie mit einem Wechselspiel zwischen den Welten an und formt dazu im Subkontext des Werkes noch das Sinnbild einer sexuellen Gralssuche. Dass das nicht immer Unterhaltung pur und manchmal ein echtes Stück Arbeit ist, versteht sich dabei hoffentlich von selbst.

 

Das Artwork von Shawn McManus und Colleen Doran (vervollständigt durch Schützenhilfe und Tusche von Bryan Talbot, George Pratt, Stan Woch und Dick Giordano) ist dabei der rote Faden durch die vielseitige Geschichte über einen Ort in Morpheus’ Traumreich mit dem schlichten Namen »Das Land«. Bevor die Zeit dieses Landes ganz abgelaufen ist, stehen noch einige Besucher und Turbulenzen an, die sich auch auf den Mond, New York und dessen Bewohner auswirken. Bewohner, die alles andere als gewöhnlich sind...

 

So ungewöhnlich wie seine Figuren, abwechslungsreich und unglaublich hintergründig, dabei manchmal fast schon ein bisschen zu klug und Subtext-lastig - so könnte man diesen fünften Band am ehesten beschreiben. Einen Band, der, wie SF-Titan Samuel R. Delaney im Vorwort richtig schreibt, wohl erst nach Delaneys tiefsinniger Deutung und einer zweiten Lektüre wirklich all seine Trümpfe ausspielt und richtig überzeugt.

 

 

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Comic:

Traumland

Reihe: Sandman Bd. 3

Autor: Neil Gaiman

Zeichner: Shawn McManus, George Pratt u. a.

Tradepaperback mit Klapprenbroschur,

184 Seiten,

Panini, Juni 2008

ISBN: 3866076002

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 02.07.2008, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 11:01, 6825