Warhammer Grundregelwerk
 
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Warhammer Grundregelwerk

Reihe: Warhammer Fantasy Rollenspiel

Rezension von Karl-Georg Müller

 

Mitte der 80er Jahre, als die Rollenspielzunft in voller Blüte stand und ein neues Regelsystem das vorhergehende zu toppen suchte, erblickte auch „Warhammer“ das Licht der Welt. Das war nur folgerichtig, denn das gleichnamige Tabletopspiel war längst zum Selbstläufer mutiert, weshalb die in wenigen Jahren angewachsene Spielerschar die richtige, weil vermutlich auch nach Rollenspiel dürstende Basis sein konnte.

 

Das bestätigte sich in den Folgejahren nicht ganz, sodass das Rollenspiel nie den Popularitätsgrad des Ziehvaters erlangen konnte. Vom Spieleproduzenten „Games Workshop“ wanderten die Rechte an der Produktion deshalb in den nächsten Jahren bis zu „Hogshead Publishing“. 2002 schließlich fielen die Rechte wieder an „Games Workshop“ zurück. Der Verlag nutzte die Gelegenheit, eine 2. Edition mit überarbeiteten Regeln herauszugeben, die natürlich auch die Grundlage für die vorliegende deutsche Version bilden.

 

Nachdem Hogsheads Regelversion 1997 beim deutschen Verlag „Schwarzes Einhorn“ eine zeitweilige Heimat gefunden hatte (dort wurden außer dem Grundregelwerk noch die Erweiterung „Aus den Archiven des Imperators“ und die ersten drei Teile der „Innere Feind“-Kampagne veröffentlicht), verebbte das Engagement leider auch sehr schnell; nach 1999 erschienen dort keine neuen Publikationen), nimmt sich von nun an der Mannheimer Verlag „Feder&Schwert“ das revidierte Warhammer Rollenspiel zur Brust.

 

Mit dem 292 Seiten umfassenden Grundregelwerk offeriert Feder&Schwert gleich ein echtes Schwergewicht. Der Band ist richtig opulent ausgestattet, worunter eine vollfarbige Präsentation mit einer üppigen Anzahl stimmungsvoller Zeichnungen und Bilder verstanden werden kann. Es ist klar, dass sich die grafische Gestaltung sehr stark am heroisierenden Ambiente des Tabletop orientiert; wer also desse Regelbücher kennt, weiß im voraus, was ihn erwartet ... Und das bezieht sich nicht bloß auf die äußere Aufmachung, sondern auch auf das inhaltliche Flair, das aus jeder Zeile des Buches dringt. Gleich vorweg sei also verraten, dass die Hintergrundwelt 1 zu 1 übernommen wurde – ein dickes Plus für diejenigen, denen das Tabletop-Spiel ans Herz gewachsen ist und die zur Abwechslung einmal einen einzelnen Charakter übernommen wollen, um individuelle Abenteuer und keine Schlachten zu erleben.

 

Das macht dann auch die Vorzüge des Regelwerks aus: wer mit dem Tabletop auf Du steht, wird einige Mechanismen wiedererkennen oder Begriffe sofort verstehen können. Das fängt gleich bei der Charaktererschaffung an (bei der wir zuerst einmal zwischen den vier Rassen Elfen, Zwerge, Menschen und Halblinge wählen), denn das Charakterprofil mit seinen Werten wie Kampfgeschick, Ballistischer Fertigkeit, Stärke, Widerstand, Gewandtheit, Intelligenz oder Willenskraft kommt uns nur allzu bekannt vor: das unterscheidet sich nicht sehr vom genannten Epigonen.

 

Differenzierter wird es erst da, wo es um die Persönlichkeit, um den speziellen Charakter geht. Die Möglichkeiten, seiner Spielfigur ein individuelles Profil zu verleihen, sind sehr vielfältig. Begonnen wird mit der Wahl einer Anfangskarriere, die später zwar revidiert werden kann, aber eigentlich erst richtig interessant wird, sobald die Fähigkeiten gewachsen und die weiterführende Karriereleiter erklommen werden kann. Andererseits ist die Palette mit 60 möglichen „Berufe“ (oder eben Karrieren) groß genug, um als fantasievoller Charakter ins Spiel einzusteigen (wobei ich einige für überflüssig halte wie den Bürger, aber vielleicht gibt es doch Spieler, die gerne einmal in die Haut eines Städters schlüpfen und auf Abenteuerreise gehen möchten?)

 

Beide Karrieregruppen sind nach demselben Schema aufgebaut: einer kurzen Beschreibung der Karriere folgt die Tabelle mit Haupt- und Sekundärprofil. Darunter finden wir die Fertigkeiten und Talente, die Ausrüstung sowie Vorläufer- und Folgekarrieren. Bei Charakteren wie dem Dieb kann dazu beispielsweise aus der Fertigkeiten- und Talenteliste ausgewählt werden, indem zwischen Charme und Klettern, Glücksspiel oder Schlösser öffnen, Gassenwissen oder Straßenkatze das Passende herausgesucht wird. Das ist nützlich, wenn man seiner Figur eine bestimmte Gewichtung verleihen will, in dem genannten Falle erhalten wir entweder einen galanten Gentleman-Dieb oder einen flinken Einbruchsspezialisten. Das entspricht auch dem Credo des Rollenspiels, einen Charakter zu entwerfen, der lebensecht erscheint und genau den Vorstellungen des Spielers entspricht.

 

Nachdem die richtige Karriere bestimmt wurde und der Spieler aus dem gut sortierten Arsenal an Fertigkeiten und Talenten geschöpft hat, hält das Regelbuch die Erläuterung des dahinter stehenden Systems parat. Dabei wird ersichtlich, dass diese bis zu einem gewissen Grad und abhängig von der gewählten Karriere verbessert werden können (was im Rahmen eines Karrierewechsels möglich ist und deshalb bis zur Meisterschaft reichen kann). Zudem sind die Chancen, eine Fertigkeit/ein Talent mit Erfolg anzuwenden, zusätzlich noch von den Eigenschaften wie Stärke oder Charisma abhängig; das klingt vernünftig, wenn wir lesen, dass die Fertigkeit Ausweichen sich auf die Gewandtheit bezieht.

 

Ein tragendes Element des Warhammer Rollenspiels – und wer hätte das bei dem gewalttätigen Hintergrund anders erwartet – sind die Kampfsituationen. Die Kämpfe werden in Kampfrunden á 10 Sekunden ausgetragen, in denen jedem Kombattanten entweder eine volle Aktion (dazu zählen Sturmangriff oder Rennen) oder zwei halbe Aktionen (wie Zielen oder Standardangriff) zustehen. Außerdem sind noch freie Aktionen möglich, die nur Sekundenbruchteile dauern und deshalb ergänzend ausgeführt werden können (das rechnen beispielsweise Rufe). Beim Kampf führt der Spieler einen Trefferwurf W100 gegen sein Kampfgeschick aus, er muss also kleinergleich diesem Wert würfeln. Je nachdem, welche Aktionen dem Gegner zustehen, kann er eine Parade ausführen oder ausweichen. Sinken die Lebenspunkte unter den Wert 0, wird bestimmt, ob die Verletzung sogleich tödlich war.

 

Das Kampfsystem ist recht einfach und leicht zu spielen, wobei noch die Option bestellt, die Treffer genau zu lokalisieren (dies vermindert das Tempo, in dem Kämpfe ausgetragen werden, verleiht dem Spiel aber mehr Realismusnähe). Aber schon nach kurzer Zeit werden Spieler und Spielleiter feststellen, dass die Sterblichkeitsrate deutlich höher ist als bei anderen Rollenspielsystemen: die Kämpfe sind kurz und heftig und enden oftmals tödlich.

 

Während es also bei Kämpfen recht brachial zur Sache geht, hält sich das Magiesystem etwas zurück: uns begegnen dort keine fetzigen Feuerzauber, die richtige Schneisen in die heranstürumenden Angreifer brennen. Das ist alles sehr moderat ausgelegt und überhaupt abhängig davon, wie erfahren der Magiekundige ist. Auch das passt sehr gut zu Warhammer, denn obwohl Magie ein immanente Faktor im Weltenlauf darstellt, ist sie doch etwas Besonderes und nicht in jedem Schrumpelhäuschen anzutreffen. Es gibt nicht sehr viele magisch Begabte, und deren Potenz ist eingeschränkt.

 

Neben dem Regelgerüst, das ich in groben Zügen darzustellen versucht habe, entdeckt man im Band noch eine ganze Menge mehr an Material, das die vorliegende Ausgabe zu einer richtig runden Sache macht. Dazu gehören zum Beispiel die stimmungsvollen kleinen Erzählungen, Geschichten aus der Alten Welt, mit denen die düstere Atmosphäre sehr eindrucksvoll vermittelt wird. Passend dazu lesen wir von „Religon und Glaube“, die besonders dann ihren schwarzen Atem verströmen, wenn von verbotenen Kulten oder nichtmenschlichen Göttern die Rede ist. Natürlich darf ein erstes Bestiarium nicht fehlen, das zwar nur einen kleinen Eindruck von dem wiedergeben kann, was an Fauna (und Flora) herumkreucht, aber fürs erste genügt. Ebenso überschaubar müssen auch die Informationen zur Alten Welt, zu den Ländern und ihren politischen Verflechtungen bleiben, aber auch das reicht aus, um den Fuß dorthin zu setzen. Und damit das alles nicht im luftleeren Raum erzählt wird, schließt ein kurzes, aber typisches Abenteuer den Regelband ab.

 

Fazit:

Für 2006 hat „Feder & Schwert“ übrigens das „Bestiarium der Alten Welt“ (1. Quartal), das Quellenbuch zum Imperium „Sigmars Erben“ (2. Quartal) und den 1. Teil der Kampagne „Wege der Verdammten: Aus der Asche Middenheims“ (2. Quartal). Schöne Aussichten, denn das Regelwerk übt einen düsteren Reiz aus, dem man sich als Kenner des Tabletops eigentlich nicht verschließen kann. Was aber der Neuausgabe von „Feder & Schwert“ seine spezielle Note verleiht, das ist die vorzügliche und aufwendige Aufmachung, die nur gelobt werden kann. In dieser Form und im Einklang mit den geplanten Veröffentlichungen sollte Warhammer in Deutschland seine zweite Chance nutzen können ...

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042623161580f2b563
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Warhammer Grundregelwerk

System: Warhammer Fantasy Rollenspiel

Autor: Chris Pramas

Hardcover

292 Seiten

Verlag: Feder & Schwert

Erschienen: Oktober 2005

ISBN: 3937255451

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 06.12.2005, zuletzt aktualisiert: 14.02.2015 10:24, 1616